Rn 21

Unpfändbar ist auch der Betrag, den der Schuldner zur Erfüllung seiner Unterhaltspflichten benötigt. Dabei sind drei Aspekte zu unterscheiden, der unterhaltsberechtigte Personenkreis, das zu gewährleistende Pfändungsschutzniveau des notwendigen Unterhalts und die konkrete Differenzberechnung. Der Personenkreis, ggü dem der Schuldner unterhaltspflichtig ist, musste bislang eigenständig bestimmt werden. § 850f I Nr 1 ist inzwischen an die §§ 850c II, 850d I 2, 850f II angeglichen und stellt auf die Personen ab, denen der Schuldner gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist (vgl § 850c Rn 12). Problematisch ist, ob dies auch bei den sog faktischen Unterhaltspflichten ggü Angehörigen einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft gem § 9 II SGB II gilt (Lackmann ZVI 17, 409, 410; insoweit offengelassen von BGH NZI 17, 931 Tz 8). IRd Novellierung hat der Gesetzgeber keine eigenständige Aussage zu den Bedarfsgemeinschaften getroffen, aber den tatbestandlichen Anwendungsbereich auf gesetzliche Unterhaltspflichten konkretisiert. Dies spricht künftig gegen die Möglichkeit, Zahlungen im Rahmen von Bedarfsgemeinschaften zu berücksichtigen, selbst wenn ein hoher Leistungsdruck ausgeübt wird.

 

Rn 22

Für den Schuldner und den Kreis der nach § 850f I Nr 1 unterhaltsberechtigten Personen muss der notwendige Unterhalt gewährleistet sein. Damit wird der Pfändungszugriff positiv wie negativ begrenzt. Im Verhältnis zu allen zu berücksichtigenden Personen besteht ein einheitlich in Höhe des notwendigen Lebensunterhalts iSd durch §§ 19 ff SGB II bestimmtes Schutzniveau. Selbst wenn der Schuldner in einer sozialrechtlichen Bedarfsgemeinschaft lebt, deren Angehörige wegen der Zurechnung des Einkommens des Schuldners nicht hilfebedürftig sind, ist ein weitergehender Pfändungsschutz ausgeschlossen (BGH NZI 17, 931 Tz 8; s.a. LG Münster NZFam 2017, 575; AG Mosbach ZInsO 12, 799; MüKoZPO/Smid § 850f Rz 8; Wiedemann ZVI 10, 291, 293; aA Frankf ZVI 08, 384; LG Essen ZInsO 14, 2278; LG Braunschweig ZInsO 17, 1034, als Vorinstanz zur BGH-Entscheidung; LG Hamburg ZVI 18, 161; AG Dorsten ZVI 18, 162; Gottwald/Mock § 850f Rz 1). Erst wenn der notwendige Lebensunterhalt beeinträchtigt wird, ist ein zusätzlicher Pfändungsschutz zu gewähren (LG Bielefeld ZVI 20, 251). Es ist nicht Aufgabe der Gläubiger, das Existenzminimum der Personen zu sichern, mit denen der Schuldner zusammenlebt, allerdings darf der Staat keine Zwangsmaßnahmen zur Verfügung stellen, die dem Schuldner die zur Sicherung des Existenzminimums erforderlichen Teile des Einkommens entziehen (BGH NZI 17, 931 Tz 17f). Ebenso ist ein Schutz über § 765a oder eine Gesamtanalogie zu den §§ 765a I 1, 850c I 2, 850f I lit b) ausgeschlossen (BGH NZI 17, 931 [BGH 19.10.2017 - IX ZB 100/16] Tz 12).

 

Rn 23

Sodann muss eine Differenzberechnung erfolgen. Dem Schuldner ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem fiktiven AlG II oder der Sozialhilfe und dem nach § 850c unpfändbaren Einkommensteil zusätzlich zu belassen, soweit keine überwiegenden Belange des Gläubigers entgegenstehen (BGH NZI 17, 931 [BGH 19.10.2017 - IX ZB 100/16] Tz 8). Sozialrechtlich ist von den Sätzen nach § 28 SGB XII auszugehen. Diese Regelbedarfsstufen werden jährlich fortgeschrieben. Erwachsene alleinstehende Personen ab einem Alter von 25 Jahren haben einen monatlichen Regelbedarf von EUR 502,–. Volljährige erwerbsfähige Partner einer Bedarfsgemeinschaft haben einen monatlichen Regelbedarf von je EUR 451,–, nicht volljährige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs einen Regelbedarf von EUR 420,–, vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahrs von mtl EUR 348,– und bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs von mtl EUR 318,–. Eigene Einkünfte Unterhaltsberechtigter können nur iRe Antrags nach § 850c VI berücksichtigt werden. Sonst käme es zu einer Kollision, wenn ein nicht privilegierter Gläubiger einen Antrag nach § 850c VI stellt.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge