Rn 19
Mit der zweiten Regelungsalternative werden nunmehr auch sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen bilden, dem Pfändungsschutz unterstellt. Dieser auf die sonstigen Einkünfte ausgeweitete Pfändungsschutz bildet eine Auffangregelung, die Lücken im Pfändungsschutz schließen soll. Der Oberbegriff der Einkünfte (Rn 3) umfasst die eigenständig erwirtschafteten Einkünfte, deren Erzielung durch ein Verhalten des Schuldners beeinflusst ist. Mit der Bezeichnung als ›sonstige‹ Einkünfte werden die nicht von der ersten Regelungsalternative der Norm erfassten Einnahmen eingeschlossen, soweit sie überhaupt als Einkünfte angesehen werden können. Der steuerrechtliche Begriff der Einkünfte ermöglicht nur eine gewisse Orientierung (Meller-Hannich WM 11, 529, 531). Infolgedessen ist der Schutzgedanke in § 850i gewandelt. Um einen Pfändungsschutz zu erlangen, muss nicht mehr die Arbeitskraft des Schuldners verwertet sein. Nach der Judikatur des BGH gelten folgende Grundlagen. Im Rahmen des Auffangtatbestands differenziert die höchstrichterliche Rspr drei Arten von Einkünften, die unterschiedliche pfändungsschutzrechtliche Wirkungen zeitigen sollen (BGH NZI 16, 457 [BGH 07.04.2016 - IX ZB 69/15]; Ahrens NJW-Spezial 20, 85). Nur Erwerbseinkommen genießt danach den vollen Pfändungsschutz nach § 850i. Für sonstige selbst erwirtschaftete Einkünfte soll nur ein Basispfändungsschutz gelten und ein vom Schuldner nicht erwirtschafteter Erwerb unterliegt nicht dem Anwendungsbereich von § 850i, wird also nicht geschützt. Dieser Dreiteilung, insbes mit der Kategorie der sonstigen selbst erwirtschafteten Einkünfte, kann nicht zugestimmt werden. Terminologisch weist das Gesetz eine andere Richtung. Ausdrücklich schützt § 850i I 1 wiederkehrend zahlbare Vergütungen für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste sowie nicht aus Arbeitseinkommen bestehende sonstige Einkünfte, wie Einkommen aus laufendem Dienst- oder Arbeitslohn. Ziel ist eine Gleichbehandlung aller Einkommensarten (St/J/Würdinger § 850i Rz 11). Diese eindeutige gesetzliche Formulierung wird vom BGH bei selbst erwirtschafteten, aber nicht auf Erwerbseinkommen beruhenden Einkünften teleologisch beschränkt. Dabei bestehen gravierende Einwände gegenüber den teleologischen Argumenten, auch weil in der Gesetzesbegründung ausdrücklich auf eine Gleichbehandlung aller Einkunftsarten des Schuldners durch die Novellierung abgestellt wird (BTDrs 16/7615 S 18). Das gesetzliche Motiv, sonstige Einkünfte des Schuldners, wie Arbeitseinkommen, zu schützen, gilt auch für einen Mehrverdienst (Ahrens EWiR 16, 471, 472). Für diese Kategorie soll der Pfändungsschutz auf den Grundfreibetrag zu beschränken sein. Auch für die sonstigen Einkünfte ist aber nach § 850i I 1 Alt 2 ein dem laufenden Arbeitseinkommen entspr Pfändungsschutz vorgesehen (St/J/Würdinger § 850i Rz 2). Da dem Schuldner ermöglicht werden soll, Einkünfte zu erzielen und daraus seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, ist iRv § 850i I 1 der Rechtsgedanke aus § 850e Nr 1 zu berücksichtigen. Auch bei Einkünften oberhalb des Grundfreibetrags sind nach der gesetzlichen Regelung die Beträge für diese Ausgaben nicht pfändbar. Die vom BGH entwickelte Beschränkung des Pfändungsschutzes auf den Grundfreibetrag kann diesem Erfordernis gerade nicht Rechnung tragen. Grund für die diff Behandlung der sonstigen selbst erwirtschafteten Einkünfte ist offenbar der weite tatbestandliche Anwendungsbereich, dem durch eine Beschränkung auf der Rechtsfolgenseite begegnet werden soll.
Rn 20
Ausgangspunkt ist das Erwerbseinkommen (Rn 21 ff) mit einem auf breite Basis gestellten Schutz der selbst erwirtschafteten Einkünfte bzw des Lebensunterhalts (BGH NZI 14, 772 [BGH 26.06.2014 - IX ZB 88/13] Rz 10; 15, 661 Rz 9; 16, 457 Rz 23; St/J/Würdinger § 850i Rz 11; Gottwald/Mock § 850i Rz 8; Ahrens ZInsO 10, 257, 260; Pape FS Vallender, 383, 386). Die eigene Arbeitskraft muss nicht verwertet werden (Ahrens ZInsO 10, 257, 260), dh es genügt die Verwertung fremder Arbeitskraft, von Sacheigentum oder einer Rechtsinhaberschaft. Etwas anderes gilt nach der Rspr des BGH, wenn es sich um sonstige selbst erwirtschaftete Einkünfte (Rn 26) handelt (BGH NZI 16, 457 Rz 14; 19, 941 Rz 22; Ahrens NJW-Spezial 20, 85; Mock Forderungsvollstreckung, § 6 Rz 580). Sofern der Schuldner aus anderen Quellen ein pfändungsfreies Einkommen in dieser Höhe besitzt, sollen die sonstigen selbst erwirtschafteten Einkünfte nicht für unpfändbar erklärt werden können (BGH NZI 16, 457 [BGH 07.04.2016 - IX ZB 69/15] Rz 14). Um keine systemwidrigen Ergebnisse zu erreichen, müssen zufällige bzw vom Schuldner nicht gesteuerte Erwerbsvorgänge (Rn 27) unberücksichtigt bleiben (HK-ZV/Meller-Hannich § 850i Rz 7).
Rn 21
Der Begriff des Erwerbseinkommens im Rahmen der sonstigen Einkünfte umfasst insb aus der unternehmerischen Tätigkeit resultierende Einnahmen, die dem Unterhalt des Schuldners und seiner Angehörigen dienen. Aufgegeben ist die bisherige Anbindung an die Arbeitsleistung. Es entfällt damit ...