I. Ein-Konto-Regel.
Rn 134
Jede Person darf nur ein Pfändungsschutzkonto unterhalten, Abs 8 S 1. Für ein zweites Pfändungsschutzkonto des Schuldners besteht kein Bedürfnis, zumal dem Schuldner kein doppelter Pfändungsfreibetrag zustehen darf. Nach der Gesetzesbegründung und der ganz überwiegenden Ansicht soll ein Pfändungsschutzkonto nicht gemeinschaftlich unterhalten werden dürfen (BTDrs 16/7615, 20). Aus der gesetzlichen Regelung folgt dies nicht zwangsläufig. Bei einem gemeinschaftlichen Konto hat jeder Kontoinhaber Anspruch auf ein eigenes Pfändungsschutzkonto. Deswegen besteht kein Bedürfnis für ein als ›Und-‹ bzw ›Oder-Konto‹ unterhaltenes Pfändungsschutzkonto. Andere Girokonten des Schuldners sind von dieser Beschränkung nicht betroffen. Zudem kann einer anderen Person die Verfügungsbefugnis über das Konto eingeräumt werden (BTDrs 16/7615, 20 f).
II. Schutz vor Mehrfachkonten.
1. Grundlagen.
Rn 135
Der Schutz vor Mehrfachkonten erfolgt mit unterschiedlichen Instrumentarien. Bei Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos muss der Schuldner in einer formalisierten Erklärung versichern, keine weiteren Pfändungsschutzkonten zu unterhalten, Abs 8 S 2. Bei dieser Regelung handelt es sich um kein Schutzgesetz iSv § 823 II BGB. Die Einrichtung mehrerer Pfändungsschutzkonten ist wirksam (Ahrens NJW 10, 2001, 2003; Wieczorek/Schütze/Lüke § 850k Rz 37). Deswegen wird zusätzlich ein privatwirtschaftliches Überwachungssystem ermöglicht und ein gerichtliches Klärungsverfahren installiert. Eine vollstreckungsrechtliche Sanktion, etwa durch Verlust des Pfändungsschutzes auf dem verbleibenden Schutzkonto, ist aus guten Gründen nicht vorgesehen. Einerseits müssten dann systemwidrige Überwachungsaufgaben installiert werden, andererseits könnte das Existenzminimum des Schuldners gefährdet sein. Möglich sind aber Schadensersatzansprüche des Gläubigers bei einer unzutreffenden Versicherung des Schuldners (Rn 39). Eine (außer)ordentliche Kündigung des Zahlungsdiensterahmenvertrags durch die Bank, nachdem Mehrfachkonten aufgedeckt worden sind und eine gerichtliche Entscheidung beantragt wurde, ist regelmäßig unzulässig. Mit der gerichtlichen Entscheidung nach Abs 9 ist ein besonderer Lösungsweg installiert worden, der nicht unterlaufen werden darf. Nach der gerichtlichen Entscheidung besteht kein begründeter Bedarf. Zudem treffen die wirtschaftlichen Folgen den Gläubiger und nicht den Drittschuldner (aA Weiß S 88).
2. Anfrage bei Auskunfteien (Abs 8 S 3 bis 5).
Rn 136
Abs 8 ist durch Art 8 des Gesetzes zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie in der Justiz und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 22.12.10 (BGBl I, 2248) novelliert worden (zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.11.19, BGBl I, 1724). Dabei beschränkt sich die Neufassung von 2010 zu Abs 8 S 1 und 2 auf geringfügige redaktionelle Korrekturen. Die Änderungen von Abs 8 S 3 bis 5 beseitigen im Wesentlichen die frühere Privilegierung der SCHUFA Holding AG, die im alten Gesetzestext als einzige zulässige zentrale Informationsstelle genannt war. An der Verfassungs- und Europarechtskonformität dieser Regelung sind mit guten Gründen Zweifel geäußert worden (Schröder ZVI 09, 400). Nunmehr besteht die Berechtigung allgemein für Auskunfteien. Die Novellierung ermöglicht den Kreditinstituten, andere Auskunfteien über das Bestehen eines Pfändungsschutzkontos zu unterrichten, Abs 8 S 3. Die Mitteilung ist freiwillig (›darf‹) (MüKoZPO/Smid § 850k Rz 22), wird aber im Eigeninteresse der Kreditinstitute regelmäßig erfolgen. Nach der Gesetzesfassung darf das Kreditinstitut auch mehrere Auskunfteien informieren. Weitergegeben werden dürfen die äußeren Kontodaten, dh Name und Anschrift des Kunden sowie des Kreditinstituts und die Kontonummer, außerdem die Führung als Pfändungsschutzkonto. Eine Rechtsgrundlage zur Erhebung weiterer Daten besteht danach nicht.
Rn 137
Abs 8 S 4 stellt eine strenge Zweckbindung auf. Die Mitteilung dient der Information der Banken und soll Mehrfachpfändungsschutzkonten verhindern. Sie dient nicht der Information etwaiger Gläubiger und darf daher nicht zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit des Schuldners oder für die Berechnung von Score-Werten verwendet werden (BTDrs 17/3356 S 18 f). Diese Zweckbindung beschränkt die Verwendung der Daten, lässt aber die Auskunftsrechte der Betroffenen gem § 34 BDSG sowie die Kontrollbefugnisse der Aufsichtsbehörde gem § 38 BDSG unberührt. Nach Abs 8 S 5 darf die Angabe selbst mit Einwilligung des Kontoinhabers nicht für einen anderen als den vorgesehenen Zweck verarbeitet werden.
3. Gerichtliche Entscheidung (Abs 9).
a) Antrag.
Rn 138
Unterhält der Schuldner mehrere Pfändungsschutzkonten, können die Wirkungen der weiteren Pfändungsschutzkonten durch gerichtliche Entscheidung beseitigt werden, Abs 9 S 1. Nach Ansicht des Gesetzgebers soll allerdings der Vertrag über ein etwaiges zweites Pfändungsschutzkonto gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen und damit gem § 134 BGB nichtig sein (BTDrs 17/3356 S 18). Dazu passt allerdings weder das Bestimmungsrecht des Gläubigers noch die gerichtliche Entscheidung nach Abs 9, weswegen keine Nichtigkeit nach § 134 BGB eintritt (ebenso St/J/Würdinger...