1. Grundlagen.
Rn 135
Der Schutz vor Mehrfachkonten erfolgt mit unterschiedlichen Instrumentarien. Bei Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos muss der Schuldner in einer formalisierten Erklärung versichern, keine weiteren Pfändungsschutzkonten zu unterhalten, Abs 8 S 2. Bei dieser Regelung handelt es sich um kein Schutzgesetz iSv § 823 II BGB. Die Einrichtung mehrerer Pfändungsschutzkonten ist wirksam (Ahrens NJW 10, 2001, 2003; Wieczorek/Schütze/Lüke § 850k Rz 37). Deswegen wird zusätzlich ein privatwirtschaftliches Überwachungssystem ermöglicht und ein gerichtliches Klärungsverfahren installiert. Eine vollstreckungsrechtliche Sanktion, etwa durch Verlust des Pfändungsschutzes auf dem verbleibenden Schutzkonto, ist aus guten Gründen nicht vorgesehen. Einerseits müssten dann systemwidrige Überwachungsaufgaben installiert werden, andererseits könnte das Existenzminimum des Schuldners gefährdet sein. Möglich sind aber Schadensersatzansprüche des Gläubigers bei einer unzutreffenden Versicherung des Schuldners (Rn 39). Eine (außer)ordentliche Kündigung des Zahlungsdiensterahmenvertrags durch die Bank, nachdem Mehrfachkonten aufgedeckt worden sind und eine gerichtliche Entscheidung beantragt wurde, ist regelmäßig unzulässig. Mit der gerichtlichen Entscheidung nach Abs 9 ist ein besonderer Lösungsweg installiert worden, der nicht unterlaufen werden darf. Nach der gerichtlichen Entscheidung besteht kein begründeter Bedarf. Zudem treffen die wirtschaftlichen Folgen den Gläubiger und nicht den Drittschuldner (aA Weiß S 88).
2. Anfrage bei Auskunfteien (Abs 8 S 3 bis 5).
Rn 136
Abs 8 ist durch Art 8 des Gesetzes zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie in der Justiz und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 22.12.10 (BGBl I, 2248) novelliert worden (zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.11.19, BGBl I, 1724). Dabei beschränkt sich die Neufassung von 2010 zu Abs 8 S 1 und 2 auf geringfügige redaktionelle Korrekturen. Die Änderungen von Abs 8 S 3 bis 5 beseitigen im Wesentlichen die frühere Privilegierung der SCHUFA Holding AG, die im alten Gesetzestext als einzige zulässige zentrale Informationsstelle genannt war. An der Verfassungs- und Europarechtskonformität dieser Regelung sind mit guten Gründen Zweifel geäußert worden (Schröder ZVI 09, 400). Nunmehr besteht die Berechtigung allgemein für Auskunfteien. Die Novellierung ermöglicht den Kreditinstituten, andere Auskunfteien über das Bestehen eines Pfändungsschutzkontos zu unterrichten, Abs 8 S 3. Die Mitteilung ist freiwillig (›darf‹) (MüKoZPO/Smid § 850k Rz 22), wird aber im Eigeninteresse der Kreditinstitute regelmäßig erfolgen. Nach der Gesetzesfassung darf das Kreditinstitut auch mehrere Auskunfteien informieren. Weitergegeben werden dürfen die äußeren Kontodaten, dh Name und Anschrift des Kunden sowie des Kreditinstituts und die Kontonummer, außerdem die Führung als Pfändungsschutzkonto. Eine Rechtsgrundlage zur Erhebung weiterer Daten besteht danach nicht.
Rn 137
Abs 8 S 4 stellt eine strenge Zweckbindung auf. Die Mitteilung dient der Information der Banken und soll Mehrfachpfändungsschutzkonten verhindern. Sie dient nicht der Information etwaiger Gläubiger und darf daher nicht zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit des Schuldners oder für die Berechnung von Score-Werten verwendet werden (BTDrs 17/3356 S 18 f). Diese Zweckbindung beschränkt die Verwendung der Daten, lässt aber die Auskunftsrechte der Betroffenen gem § 34 BDSG sowie die Kontrollbefugnisse der Aufsichtsbehörde gem § 38 BDSG unberührt. Nach Abs 8 S 5 darf die Angabe selbst mit Einwilligung des Kontoinhabers nicht für einen anderen als den vorgesehenen Zweck verarbeitet werden.
3. Gerichtliche Entscheidung (Abs 9).
a) Antrag.
Rn 138
Unterhält der Schuldner mehrere Pfändungsschutzkonten, können die Wirkungen der weiteren Pfändungsschutzkonten durch gerichtliche Entscheidung beseitigt werden, Abs 9 S 1. Nach Ansicht des Gesetzgebers soll allerdings der Vertrag über ein etwaiges zweites Pfändungsschutzkonto gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen und damit gem § 134 BGB nichtig sein (BTDrs 17/3356 S 18). Dazu passt allerdings weder das Bestimmungsrecht des Gläubigers noch die gerichtliche Entscheidung nach Abs 9, weswegen keine Nichtigkeit nach § 134 BGB eintritt (ebenso St/J/Würdinger § 850k Rz 36). Erforderlich ist der Antrag eines Gläubigers. Den Antrag kann jeder Gläubiger mit einem Pfändungspfandrecht an einem Pfändungsschutzkonto stellen. Antragsberechtigt ist also auch ein nachrangiger Gläubiger. Der Antrag ist bei dem nach § 828 II zuständigen Vollstreckungsgericht zu stellen. Stellen mehrere Gläubiger einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, ist der erste Antrag maßgebend (St/J/Würdinger § 850k Rz 44; aA Musielak/Voit/Flockenhaus § 850k Rz 10, der Antrag des bestrangigen Gläubigers).
Rn 139
In seinem Antrag trägt der Gläubiger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Schuldner mehrere Girokonten als Pfändungsschutzkonten unterhält. Seine Beweislast wird allerdings durch Abs 9 S 2 modifiziert. Als Zulässigkeitsvoraussetzung muss der Gläubiger das Bestehen mehrerer Pfändungsschutzkonten durch Erkl...