1. Grundlagen.
Rn 68
Eine zweite Stufe des Pfändungsschutzes bildet der vom Schuldner zu beantragende Aufstockungsbetrag (Kohte VuR 10, 257 [258]; Perleberg-Kölbel FuR 10, 311 [312]). Häufig benötigt der Schuldner einen erhöhten Freibetrag wegen Unterhaltspflichten oder er erhält Leistungen mit einer besonderen Zweckbindung. In diesen Fällen ist der auf den Grundfreibetrag beschränkte Pfändungsschutz unzureichend. Unter den Erfordernissen von Abs 2 hat der Drittschuldner auf einen entspr Nachweis des Schuldners, Abs 5 S 2, ohne Einschaltung des Vollstreckungsgerichts, einen erhöhten Freibetrag zu gewähren (BGHZ 191, 270 Rz 8).
2. Unterhaltsgewährung (Abs 2 Nr 1 lit a).
Rn 69
Gewährt der Schuldner aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung Unterhalt, ist der Pfändungsfreibetrag gem § 850k II Nr 1a iVm § 850c I 2, IIa erhöht. Der Begriff der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung ist wie in § 850c I 2 zu verstehen (§ 850c Rn 12 f). Der unpfändbare Betrag wird gestaffelt um die Freibeträge nach § 850c I 2 angehoben. Für die erste Person sind zusätzlich monatlich EUR 404,16 pfändungsfrei. Für die zweite bis fünfte Person sind dies jeweils zusätzlich monatlich EUR 225,17. Leistet der Schuldner weiteren Personen Unterhalt, sind keine zusätzlichen Freibeträge vorgesehen. Möglich ist aber ein Antrag nach den §§ 850k IV 2, 850f I. § 850c II ist nach der Systematik des Kontopfändungsschutzes nicht automatisch, sondern nur in den Fällen von § 850k IV, V anwendbar (Wieczorek/Schütze/Lüke § 850k Rz 12, 17). Der Unterhalt muss tatsächlich gewährt werden (Wieczorek/Schütze/Lüke § 850k Rz 12). Es gelten die gleichen Maßstäbe, wie für die Unterhaltsleistung nach § 850c (§ 850c Rn 14). Leistet der Schuldner Unterhalt, ist der zusätzliche Freibetrag selbst dann zu gewähren, wenn die unterhaltsberechtigte Person über eigene Einkünfte verfügt (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz/Els § 850c Rz 4), doch kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag nach den §§ 850k V 2, 850c IV einen anderen Betrag festsetzen. Unerheblich ist, ob die Unterhaltsleistung die Höhe des Freibetrags erreicht (Musielak/Voit/Flockenhaus § 850c Rz 4; Homann ZVI 10, 365, 368). Allein Unterhaltsberechtigte, denen der Schuldner keinen Unterhalt leistet, bleiben prinzipiell unberücksichtigt (vgl LG Braunschweig JurBüro 13, 273). Eine Entscheidung nach § 850c IV darf nicht der Drittschuldner, sondern allein das Vollstreckungsgericht treffen. Aufgrund der gesetzlichen Verweisung in § 850k II Nr 1 lit a) auf § 850c IIa 1 ist die Dynamisierung der Pfändungsfreigrenzen zu beachten. Aus der im Unterschied zu § 850k I 1 Hs 1 fehlenden Bezugnahme auf § 850c IIa 2 ist keine sachliche Differenzierung herzuleiten.
3. Gemeinschaften (Abs 2 Nr 1 lit b).
Rn 70
Nimmt der Schuldner Geldleistungen nach dem SGB II bzw SGB XII für eine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft gem § 7 SGB II oder in einer Gemeinschaft nach den §§ 19, 20, 36 S 1 bzw 39 S 1 (HK-ZV/Meller-Hannich § 850k Rz 30), 43 SGB XII lebenden Person entgegen, der er nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften zum Unterhalt verpflichtet ist, sind diese Zahlungen unpfändbar. Obwohl der Schuldner die Beträge entgegennimmt, stehen ihm die Leistungen nicht zu und dürfen deswegen nicht gepfändet werden.
Rn 71
Als sozialrechtliche Besonderheit existiert das Rechtsinstitut der Bedarfsgemeinschaft. Sie ist tw Voraussetzung dafür, Sozialleistungen erhalten zu können, etwa beim Sozialgeld nach § 28 SGB II. Allerdings werden an die Bedarfsgemeinschaft auch Verpflichtungen und Rechtsnachteile geknüpft. Zur Bedarfsgemeinschaft nach § 7 III Nr 3 lit a) SGB II gehört dazu der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte. Der Begriff des Getrenntlebens ist nach familienrechtlichen Maßstäben zu bestimmen. Ein Lebensmodell der Ehegatten ohne gemeinsamen räumlichen Lebensmittelpunkt begründet noch kein Getrenntleben. Dafür ist zusätzlich ein Wille erforderlich, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil die eheliche Gemeinschaft abgelehnt wird (BAG NJW 11, 172 [BSG 18.02.2010 - B 4 AS 49/09 R] Rz 13). Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind außerdem der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, § 7 III Nr 3 lit b) SGB II, bzw eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, § 7 III Nr 3 lit c) SGB II. Dazu zählt etwa der Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Diese Regelung ist auf Barunterhaltsleistungen analog anzuwenden, die der Schuldner von einer unterhaltsverpflichteten Person für einen Dritten entgegennimmt, etwa von einem barunterhaltspflichtigen früheren Ehepartner für ein gemeinsames Kind.
4. Einmalige Geldleistungen und Zahlungen bei Körper- und Gesundheitsschäden (Abs 2 Nr 2).
Rn 72
Das Guthaben des Schuldners ist außerdem in Höhe der einmaligen Geldleistungen nach § 54 II SGB I unpfändbar. Dies betrifft etwa das Sterbegeld nach § 64 SGB VII, Leistungen für Erstausstattung einer Wohnung (BGH ZInsO 17, 2647 Rz 17), bei Schwangerschaft oder Klassenfahrten etc, §§ 24 III, 28 II SGB II, 31 I SGB XII. Auch da...