I. Anwendungsbereich.
Rn 4
Hat der Gläubiger mit keiner nennenswerten Befriedigung zu rechnen, kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Schuldners das Pfändungsschutzkonto befristet von Pfändungen freistellen, sofern dem nicht überwiegende Belange des Gläubigers entgegenstehen. Zusammen mit der Sperrfrist aus § 835 III 2, IV und dem Pfändungsschutzkonto aus § 850k sichert diese Regelung den Lebensunterhalt des Schuldners. Zugleich erleichtert sie die Kontoführung des beteiligten Kreditinstituts. Droht die Sperrfrist aus § 835 III 2, IV vor der Entscheidung nach § 850lI abzulaufen, ist eine einstweilige Einstellung der Pfändung analog den §§ 766 I 2, 732 II zulässig.
Rn 5
Die Schutzbestimmung aus § 850l knüpft an § 850k an und korrespondiert deswegen grds mit dessen sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich. Ausdrücklich vorausgesetzt wird ein Pfändungsschutzkonto. Für ein nicht in ein Pfändungsschutzkonto umgewandeltes Girokonto kann die Pfändbarkeit nicht vorübergehend aufgehoben werden. Dies folgt auch aus der gesetzgeberischen Zielsetzung, ab dem 1.1.12 Kontopfändungsschutz allein über das Pfändungsschutzkonto zu gewähren. Nach dem Schutzzweck nicht ausgeschlossen ist, parallel zu einer ggü dem Kreditinstitut abgegebenen Umwandlungserklärung, die gerichtliche Freistellung zu beantragen, weil dadurch eine zeitnahe Entscheidung ermöglicht wird. Ein Schutz mehrerer Konten ist ausgeschlossen, weil der Schuldner lediglich ein Pfändungsschutzkonto führen darf.
Rn 6
Wie mit § 850k vorgegeben, muss der Schuldner eine natürliche Person sein (§ 850k Rn 12). Geschützt werden kann jede natürliche Person, unabhängig von ihrer beruflichen Stellung und sozialen Rolle. Sie kann selbständig, nicht selbständig oder nicht erwerbstätig sein. Der Schuldner kann gewerblich tätiger Unternehmer, Freiberufler, Arbeitnehmer, Arbeitsloser, Rentner, aber auch minderjährig oder rechtlich betreut sein.
Rn 7
Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Freistellungsantrag besteht nur, wenn das Guthaben auf dem Pfändungsschutzkonto gepfändet wird (s.a. Hohmann ZVI 13, 6, 8). Es genügt eine Vorpfändung (St/J/Würdinger § 850l Rz 4).
II. Umfang der Zahlungseingänge.
1. Ganz überwiegend unpfändbare Beträge.
Rn 8
Die Freistellung des Kontos von der Pfändung steht unter einer doppelten Voraussetzung. Die Anordnung darf nur erfolgen, wenn dem Konto in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung nachweislich ganz überwiegend allein unpfändbare Beträge gutgeschrieben wurden. Außerdem dürfen in den nächsten zwölf Monaten nur ganz überwiegend nicht pfändbare Beträge zu erwarten sein, was der Schuldner glaubhaft machen muss.
Rn 9
Die vergangenen, wie die künftig zu erwartenden Beträge müssen ganz überwiegend unpfändbar sein. Diese Terminologie ist ungenau, weil sie offenlässt, ob die Höhe der gutgeschriebenen Forderungen nach dem Pfändungsschutz an der Quelle oder auf dem Pfändungsschutzkonto bemessen werden muss. Da die Pfändungsschutzbestimmungen nicht vollständig vereinheitlicht sind, kann es hierbei zu Differenzen kommen. Seit die Freistellung von Pfändungen auf das Pfändungsschutzkonto beschränkt ist, besteht eine systematisch eindeutige Situation. Um unterschiedliche Maßstäbe auszuschließen, ist von dem für das freizustellende Konto geltenden Pfändungsschutz auszugehen (Zö/Herget § 850l Rz 4 f). Sonst könnte die als Sonderfall konzipierte Unpfändbarkeit nach § 850l zu höheren unpfändbaren Beträgen als der allgemeine Kontopfändungsschutz führen. Abzustellen ist auf den für das Konto geltenden Kontopfändungsschutz, also den Grundfreibetrag nach § 850k I 1 und den bereits vom Kreditinstitut berücksichtigten Aufstockungsbetrag. Zusammen mit der Freistellung kann auch eine gerichtliche Entscheidung über den unpfändbaren Betrag nach § 850k IV, V 4 erfolgen. Besteht auf dem Pfändungsschutzkonto nur ein Basispfändungsschutz, bildet dieser den Maßstab nach § 850l. Bei einem Aufstockungsbetrag, ist der zugrunde zu legen. Wird während einer nach § 850l angeordneten Unpfändbarkeit ein Aufstockungsbetrag bewilligt, ist keine Anpassung nach § 850l erforderlich, weil die Unpfändbarkeit das gesamte Guthaben erfasst. Im Rahmen eines Aufhebungsantrags nach S 3 kann aber vom Schuldner eine Anpassung an den Erhöhungsbetrag geltend gemacht werden. Zu berücksichtigen ist auch die Unpfändbarkeit von Geldleistungen nach § 54 SGB I.
Rn 10
Schwierigkeiten bereitet die Bestimmung des unpfändbaren Betrags bei privilegierten Pfändungen nach den §§ 850d, 850f II. Hier wird zu differenzieren sein. Soweit eine bevorrechtigte Pfändung bereits ausgebracht ist, wird das unpfändbare Einkommen nach dem in diesem Fall dem Schuldner zu belassenden Einkommen zu berechnen sein. Ist noch keine bevorrechtigte Pfändung erfolgt, ist vom Grundfreibetrag bzw dem Aufstockungsbetrag auszugehen. Will ein privilegierter Gläubiger das freigestellte Guthaben pfänden, kann er einen Antrag nach § 850l S 3 stellen.
Rn 11
Da das Gesetz auf ganz überwiegend unpfändbare Beträge abstellt, sind geringfügige Überschreitungen der Pfändungsgrenzen unbeachtlich. Eine feste Grenze, ab wann höhere Zahlung...