I. Grundlagen.
Rn 18
§ 851 II lockert für vertraglich vereinbarte Abtretungsverbote die Verbindung zwischen materiellem und Vollstreckungsrecht. Schuldner und Drittschuldner sollen nicht darüber disponieren können, ob Teile des Schuldnervermögens dem zwangsweisen Gläubigerzugriff entzogen sind (s.a. Foerste DNotZ 17, 583). Selbst wenn eine Unabtretbarkeit vereinbart ist, bleibt die Forderung pfändbar, soweit ihr Gegenstand der Pfändung unterworfen ist. Unerheblich ist, ob die Vereinbarung im Voraus oder nachträglich bzw einzelvertraglich oder kollektivrechtlich begründet ist (Musielak/Voit/Flockenhaus § 851 Rz 8).
Rn 19
Trotz des weitergehenden Wortlauts ist die Regelung auf die vertraglichen Abtretungsverbote nach § 399 Alt 2 BGB beschränkt. Die Rechtsfolge ist für den Richter bindend. Er ist daher nicht berechtigt, im Wege einer Abwägung mit den Interessen des Drittschuldners eine Pfändbarkeit nach § 851 II auszuschließen (BGH MDR 78, 839).
Rn 20
Die Inhaltsänderung der Fallgruppe aus § 399 Alt 2 BGB wird nicht erfasst, denn sie ist bereits in § 851 I geregelt und folgt einer anderen Teleologie (München NJW-RR 91, 1416, 1417 [OLG Frankfurt am Main 29.05.1991 - 17 U 110/90]; Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz § 851 Rz 1; Baur/Stürner/Bruns Rz 25.8; BGH NJW 84, 2263, 2264, für zweckgebundene Ansprüche; modifizierend St/J/Würdinger § 851 Rz 28; aA Wieczorek/Schütze/Lüke § 851 Rz 3; Anders/Gehle/Nober ZPO § 851 Rz 16).
II. Inhaltsänderung (§ 399 Alt 1 BGB).
Rn 21
Ansprüche, die nicht ohne eine Inhaltsänderung übertragen werden können, sind nach § 399 Alt 1 BGB nicht abtretbar und demzufolge gem § 851 I, II unpfändbar. Befreiungsansprüche aus § 257 S 1 BGB sind deswegen grds nicht abtretbar. Dies gilt auch für den Befreiungsanspruch eines Betriebsrats wegen der Kosten einer Fortbildungsmaßnahme. Zugunsten des Trägers der Fortbildungsmaßnahme ist der Anspruch allerdings pfändbar (BGH ZInsO 18, 92 Rz 13 ff).
III. Abtretungsverbot (§ 399 Alt 2 BGB).
Rn 22
Der geschuldete Gegenstand muss grds pfändbar sein, wie Geld bzw übertragbare Sachen oder Rechte einschl der Geldforderungen. Zahlungsansprüche sind zwar grds pfändbar, doch verlieren kontokorrentzugehörige Einzelforderungen aufgrund der Kontokorrentabrede ihre rechtliche Selbständigkeit. Gepfändet werden kann lediglich die Saldoforderung nach § 357 HGB (BGH NJW 81, 1611 f [BGH 13.03.1981 - I ZR 5/79]).
Rn 23
Trotz eines vereinbarten Abtretungsverbots sind nach § 354a I HGB die Abtretung und damit auch die Pfändung insb dann wirksam, wenn das der Forderung zugrunde liegende Geschäft für beide Teile ein Handelsgeschäft bzw der Schuldner eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen ist. Als Rückausnahme bleibt nach § 354a II HGB bei einer Forderung aus einem Darlehensvertrag das Abtretungsverbot wirksam, wenn der Gläubiger ein Kreditinstitut iSd Kreditwesengesetzes ist.
IV. Entsprechende Anwendung.
Rn 24
Der BGH bejaht eine entspr Anwendung von § 851 II auf den vertraglichen Kündigungsausschluss einer sonst nicht pfändungsgeschützten Kapitallebensversicherung (BGH NZI 12, 76 [BGH 01.12.2011 - IX ZR 79/11] Rz 33 ff). Sonst besäßen Abtretungsausschluss und Kündigungsverbot unterschiedliche Konsequenzen, obwohl beide die Verwertung einer Kapitallebensversicherung verhindern sollen.