I. Anwendungsbereich.
Rn 2
Geschützt sind nur Miete und Pacht von Immobilien. Erfasst werden also Vergütungen für die Gebrauchsüberlassung von Grundstücken, Gebäuden und Eigentumswohnungen. Der Schutz erstreckt sich auf Nießbraucher sowie Inhaber eines dinglichen Wohnrechts, das weiter überlassen werden darf, und eines Erbbaurechts. Nach Veräußerung der Immobilie entfällt auch für rückständige Miet- und Pachtforderungen die schützende Wirkung. Diese Anknüpfung an ein Immobiliarsachenrecht folgt aus dem gesetzlichen Hinweis auf die Unterhaltung eines Grundstücks und der Zwangsvollstreckung in ein Grundstück. Im Rahmen der §§ 1123, 1124 BGB werden Miet- und Pachtforderungen von der Hypothekenhaftung und damit der Beschlagnahme in der Immobiliarvollstreckung erfasst (HK-ZV/Meller-Hannich § 851b Rz 3). Nicht eingeschlossen sind daher Ansprüche aus der Vermietung oder Verpachtung beweglicher Sachen (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz § 851b Rz 1) bzw des Hauptmieters gegen den Untermieter.
Rn 3
Der Pfändungsschutz besteht nach Abs 1 S 1 für Ansprüche auf Miete und Pacht. Abs 1 S 2 erstreckt ihn auf Barmittel und Guthaben aus Miete und Pacht. Ansprüche auf Mietnebenkosten werden nicht erfasst. Sie sind aber zweckgebunden und nur für Anlassgläubiger pfändbar (Celle NJW-RR 00, 460, 461). Nach aA sollen sie (nur) auf Antrag pfändungsgeschützt sein (AG Lörrach JurBüro 19, 270).
II. Geschützte Ausgaben.
Rn 4
Abs 1 S 1 schützt die für drei Arten von Aufwendungen unentbehrlichen Mittel. Erfasst werden zunächst die zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks erforderlichen Kosten. Hierzu gehören die Kosten für Wasser- und Energieversorgung, Müll- und Abwasserentsorgung, Straßenreinigung und Winterdienst, öffentlichen Abgaben, wie Steuern und Anliegerbeiträge, Pflichtversicherungen sowie Gemeinschaftseinrichtungen (Aufzug, Antennenanlage) und Hausmeister (Zö/Herget § 851b Rz 3). Nicht zu berücksichtigen sind Kosten der kaufmännisch tätigen Hausverwaltung (AG Berlin Schöneberg JurBüro 01, 326, 327). Geschützt sind auch die Kosten für notwendige Instandhaltungen. Sie betreffen die erforderlichen Ausgaben, um die Immobilie nutzen bzw ihren Wert erhalten zu können. Unschädlich ist regelmäßig, wenn die Arbeiten bereits ausgeführt wurden (Stöber/Rellermeyer Rz A.359). Auch die Aufwendungen für bevorstehende Ausgaben sind geschützt (Musielak/Voit/Flockenhaus § 851b Rz 3). Unbeachtlich sind wertsteigernde Maßnahmen. Die Aufwendungen für Verbesserungen und Wertsteigerungen sind daher nicht abzugsfähig. Schließlich sind auch Aufwendungen zur Befriedigung von Ansprüchen privilegiert, die in der Zwangsvollstreckung und Zwangsverwaltung nach § 10 ZVG ggü dem Anspruch des Gläubigers vorrangig sind. Deswegen müssen diese Gläubiger nicht die Immobiliarvollstreckung betreiben, um ihren Vorrang ggü dem die Miete pfändenden Gläubiger zu wahren (Meller-Hannich NZM 17, 501, 502). Dies betrifft bspw die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums bei Wohneigentum § 10 I Nr 2 ZVG, öffentliche Lasten des Grundstücks der letzten vier Jahre, § 10 I Nr 3 ZVG, und Ansprüche aus dinglichen Rechten, § 10 I Nr 4 ZVG.
Rn 5
Die Einkünfte müssen für die bezeichneten Ausgaben unentbehrlich sein. Dafür bildet eine bloße Kostenmiete ein Indiz (Anders/Gehle/Nober ZPO § 851b Rz 3). An der Unentbehrlichkeit fehlt es, wenn dem Schuldner noch andere Mittel zur Verfügung stehen (KG NJW 69, 1860 [KG Berlin 21.04.1969 - 1 W 1940/69]), wenn zB entspr Mietnebenkosten geleistet werden. Langwierige Rückstände können ggf als unentbehrliche Mittel unberücksichtigt bleiben.
III. Rechtsfolgen.
Rn 6
Die Forderungen aus Miete und Pacht sind grds uneingeschränkt pfändbar, sa § 850i. Erst auf den Schutzantrag des Schuldners sind die Forderungen sowie die gleichgestellten Barmittel und Guthaben für unpfändbar zu erklären. Das Gericht muss eine gesetzlich gebundene und keine Billigkeitsentscheidung unter Abwägung mit den Gläubigerinteressen treffen. Dennoch kann der Schutzantrag abgelehnt werden, wenn gerade wegen einer Forderung vollstreckt wird, deren Erfüllung § 851b ermöglichen soll, etwa wegen öffentlicher Abgaben oder Werklohnforderungen für die Immobilie. Ggf ist nur ein Teil der Forderungen für unpfändbar zu erklären (›insoweit‹). Ist das Grundstück tw vermietet und tw selbstgenutzt, können nur die anteiligen Unterhaltungskosten berücksichtigt werden. Ein Pfändungsschutzkonto nach § 850k dient der Unterhaltssicherung des Schuldners und damit anderen Zwecken. Der Pfändungsschutz aus § 851b wird dadurch nicht entbehrlich.