Rn 17

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung kann als Zusatzversicherung (Berufsunfähigkeitszusatzversicherung – BUZ) zu einer Lebensversicherung oder Rentenversicherung, oder als selbständige Berufsunfähigkeitsversicherung (SBU) abgeschlossen werden. Offen ist, welche Bedeutung die Erwähnung der Berufsunfähigkeitsversicherung in Nr 1 hat (vgl auch § 850b Rn 4), da nicht alle für die Altersvorsorge bestehenden Anforderungen auch für die Berufsunfähigkeitsversicherung gelten können. Insofern kann die Nennung auch als Koppelungserlaubnis gedeutet werden mit der Folge, dass sich der Pfändungsschutz für die Berufsunfähigkeitsrente aus § 850b I Nr 1 ergibt. Der auf den Pfändungsschutz für die Leistungen bezogene Wortlaut von § 851c I Nr 1 sowie die Teleologie einer selbständigen Schutzwirkung sprechen aber für einen eigenständigen Anwendungsfall von § 851c I Nr 1. § 851c I regelt nicht den Pfändungsschutz für Berufsunfähigkeitsrenten, sondern die Voraussetzungen, unter denen iRe geschützten Altersrentenvertrags zusätzlich Vorsorge für den Fall der Berufsunfähigkeit getroffen werden kann (Wollmann Private Altersvorsorge und Gläubigerschutz, S 54; ders ZInsO 09, 2319, 2324; Dietzel VIA 09, 6). Entscheidend ist also, ob eine Leistung, für deren Beginn mit der Berufsunfähigkeit oder der Vollendung des 60. Lebensjahres zwei gesetzliche Alternativen genannt werden, in regelmäßigen Zeitabschnitten lebenslang erbracht wird (BGH ZIP 10, 1656 Rz 32). Der Schutzzweck bezieht sich auf eine bei Berufsunfähigkeit lediglich im Bezugsbeginn vorgezogene Altersrente. Die §§ 850 III lit b), 850b I Nr 1 sind insoweit unanwendbar. Die aus dieser Einordnung vom BGH abgeleiteten Konsequenzen sind allerdings zu eng. Nach Ansicht des BGH müsse es sich um eine im Wesentlichen gleichbleibende und nur an die veränderten Umstände vertragsgemäß anzupassende Leistung handeln, was bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung von monatlich EUR 912,11 und einer Altersrente von EUR 91,30 nicht der Fall sei (BGH ZIP 10, 1656 Rz 32 f; Lange ZVI 12, 403, 409). Wegen der unterschiedlichen Versorgungslücken muss jedenfalls auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung, die das volle finanzielle Risiko abdeckt, und eine Altersrente, die zusammen mit einem weiteren privaten oder sozialversicherungsrechtlichen Schutz die Vorsorge im Alter gewährleistet, unter den Anwendungsbereich von § 851c I fallen. Anders, als in der Entscheidung angedeutet (BGH ZIP 10, 1656 Rz 29), kann es dann nicht darauf ankommen, ob der Schutz in einem Vertrag begründet wird (Ahrens NJW-Spezial 10, 597, 598). Es obliegt den Vertragsparteien, den Begriff der Berufsunfähigkeit zu definieren.

 

Rn 18

Um dem Versorgungszweck zu genügen, sind die Zahlungen regelmäßig zu leisten (Rn 15). Funktional zwingend muss ein Leistungsbeginn vor Vollendung des 60. Lebensjahrs möglich sein. Bereits daran ist zu zeigen, dass die Kriterien für die pfändungsgeschützte Altersvorsorge nicht deckungsgleich für die Berufsunfähigkeit gelten. Deswegen ist keine lebenslange Berufsunfähigkeitsrente erforderlich. Es genügt, wenn die Berufsunfähigkeitsrente bis zum Bezug einer Altersrente gezahlt wird (Wimmer ZInsO 07, 281, 282; Hasse VersR 07, 870, 884). Entscheidend ist der dauerhafte Versorgungszweck. Deswegen ist ein Pfändungsschutz nach § 851c I Nr 1 abzulehnen, wenn zwischen dem Ende der Berufsunfähigkeitsversicherung und dem Beginn der Altersvorsorge fünf Jahre lang keine Leistungen erbracht werden sollen (BGH NZI 10, 777 [BGH 15.07.2010 - IX ZR 132/09] Rz 33). Ob die Altersvorsorge beim gleichen Versicherer oder einem anderen Anbieter vertraglich vereinbart wird oder ob es sich um Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung handelt, ist nach dem Regelungsziel unerheblich. Deswegen muss die Berufsunfähigkeitsversicherung auch nicht zeitgleich mit der Altersvorsorge vereinbart sein.

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