Gesetzestext

 

(1) Für die Zwangsvollstreckung in andere Vermögensrechte, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen sind, gelten die vorstehenden Vorschriften entsprechend.

(2) Ist ein Drittschuldner nicht vorhanden, so ist die Pfändung mit dem Zeitpunkt als bewirkt anzusehen, in welchem dem Schuldner das Gebot, sich jeder Verfügung über das Recht zu enthalten, zugestellt ist.

(3) Ein unveräußerliches Recht ist in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung insoweit unterworfen, als die Ausübung einem anderen überlassen werden kann.

(4) 1Das Gericht kann bei der Zwangsvollstreckung in unveräußerliche Rechte, deren Ausübung einem anderen überlassen werden kann, besondere Anordnungen erlassen. 2Es kann insbesondere bei der Zwangsvollstreckung in Nutzungsrechte eine Verwaltung anordnen; in diesem Fall wird die Pfändung durch Übergabe der zu benutzenden Sache an den Verwalter bewirkt, sofern sie nicht durch Zustellung des Beschlusses bereits vorher bewirkt ist.

(5) Ist die Veräußerung des Rechts selbst zulässig, so kann auch diese Veräußerung von dem Gericht angeordnet werden.

(6) Auf die Zwangsvollstreckung in eine Reallast, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld sind die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in eine Forderung, für die eine Hypothek besteht, entsprechend anzuwenden.

(7) Die Vorschrift des § 845 Abs. 1 Satz 2 ist nicht anzuwenden.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 857 beinhaltet eine Auffangnorm, um das Vermögen des Schuldners umfassend als Haftungsgrundlage zu erschließen. Bewegliche Sachen des Schuldners sind nach den §§ 808 ff, Forderungen gem den §§ 829 ff, Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung von Sachen sind nach den §§ 846 ff und Grundstücke aufgrund der §§ 864 ff sowie des ZVG zu pfänden. Auf andere Vermögensrechte kann der Titelgläubiger nach diesen Vollstreckungsvorschriften grds nicht zugreifen. Kommt den sonstigen Rechten ein selbständiger Vermögenswert zu, ermöglicht grds § 857 die Pfändung und Verwertung.

 

Rn 2

Dennoch ist damit kein schrankenloser Zugriff eröffnet. Erforderlich ist auch eine Beschränkung der Vollstreckungsmöglichkeiten (St/J/Würdinger § 857 Rz 1). Bereits die Anforderungen an ein rechtsstaatliches Vollstreckungsverfahren verkörpern wesentliche Schutzwirkungen. Über diese verfahrensrechtlichen Anforderungen hinaus sind aber auch materielle Grenzen einzuhalten, die durch die Verweisung von Abs 1 auf die entspr Anwendung der §§ 829 ff aktualisiert werden können. Insbesondere ist stets der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Existenzminimums zu beachten.

B. Anwendungsbereich.

I. Vermögensrechte.

 

Rn 3

Dem Regelungsbereich der Vorschrift unterfallen nach Abs 1 andere Vermögensrechte, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen sind. Gemeint sind damit Vermögensrechte, in die sonst nach den Vorschriften des Abschnitts 2 des 8. Buchs der ZPO, also gem den §§ 808 bis 871, nicht vollstreckt werden darf. Auf andere Vermögensrechte eröffnet § 857 ein subsidiäres Zugriffsrecht, das nur besteht, wenn der Anwendungsbereich sonstiger Vollstreckungsmöglichkeiten nicht eröffnet ist. Wegen der positivierten Schutzmaßstäbe aus den §§ 808 ff ist diese sachliche Reihenfolge geboten.

 

Rn 4

Ein Vermögensrecht iSd Vorschrift bilden Rechte aller Art, die einen Vermögenswert derart verkörpern, dass eine Pfandverwertung die Befriedigung eines Geldanspruchs des Gläubigers ermöglichen kann (BGH NJW 05, 3353 [BGH 05.07.2005 - VII ZB 5/05]; NJW-RR 07, 1219 [BGH 20.12.2006 - VII ZB 92/05] Rz 21). Die Pfändung sowie die anschließende Verwertung durch Einziehung, Veräußerung und Verwaltung müssen nicht unmittelbar zur Befriedigung der Geldforderung des Gläubigers führen (St/J/Würdinger § 857 Rz 7). Ist jedoch der Vermögenswert auf eine entfernte Aussicht auf einen pekuniären Vollstreckungserfolg beschränkt, wird regelmäßig der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Schuldnervermögens ggü dem Schutz des Gläubigerrechts überwiegen und eine Vollstreckung unzulässig sein.

 

Rn 5

Ausgenommen vom Vollstreckungszugriff sind alle ›Nichtvermögensrechte‹. Hierzu gehören im Kern die allgemeinen und besonderen Persönlichkeitsrechte, wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und unabhängig vom Streit um die dogmatische Begründung auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Dazu gehören auch das Recht am eigenen Bild, das Namensrecht und das Urheberpersönlichkeitsrecht (Wieczorek/Schütze/Lüke § 857 Rz 10). Werden aber diese Rechte durch eine wirtschaftliche Verwertung kommerzialisiert, sei es auch durch eine beanspruchte Geldentschädigung, kann in das Resultat vollstreckt werden. Die Entscheidung über eine derartige Ausübung von Persönlichkeitsrechten muss als höchstpersönliches Recht dem Rechtsinhaber vorbehalten bleiben und ist nach § 851 unpfändbar.

 

Rn 6

Keine vermögensrechtliche Qualität besitzen auch die personenbezogenen familienrechtlichen Ansprüche, wie die elterliche Sorge, der Anspruch auf eheliche Lebensgemeinschaft oder Mitarbeit im Haushalt (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Lorenz § 857 Rz 2). Die Ansprüche ...

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