I. Gegenstand.
Rn 2
Nach § 2033 I BGB kann jeder Miterbe über seinen Anteil am Nachlass verfügen. Dies gilt aber nicht für seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen, § 2033 II BGB. Dementsprechend kann vor der Nachlassteilung der Anteil des Erben am Nachlass gepfändet werden. Entspr gilt für Vor- und Nacherben (HK-ZV/Koch § 859 Rz 21). Das Pfandrecht erstreckt sich allein auf diesen Erbteil, nicht jedoch auf den einzelnen Nachlassgegenstand, auch nicht auf den Anteil des Miterben am einzelnen Nachlassgegenstand (BGH NJW 67, 200, 201 [BGH 26.10.1966 - VIII ZR 283/64]).
Rn 3
Ein Miterbenanteil entsteht durch den Erbfall und kann erst danach gepfändet werden. Zuvor ist auch eine aufschiebend bedingte Pfändung unzulässig. Unerheblich ist, ob der Schuldner die Erbschaft angenommen hat (Stöber/Rellermeyer Rz E.265). Die Pfändung erfasst nicht das höchstpersönliche Recht, die Erbschaft auszuschlagen. Die Pfändung des Miterbenanteils ist auch bei einer Testamentsvollstreckung oder Nachlassverwaltung zulässig (Zö/Herget § 859 Rz 15), und zwar bis zur Nachlassauseinandersetzung (Roth NJW-Spezial 18, 167). Gepfändet werden nicht einzelne Nachlassgegenstände, sondern der Erbteil, wodurch der Gläubiger ein Pfandrecht am Erbteil erwirbt (Roth NJW-Spezial 18, 167). Mitgepfändet werden unselbständige Nebenrechte des Schuldners innerhalb der Erbengemeinschaft, wie zB der Auskunftsanspruch. Ein selbständig pfändbares Recht auf den Auseinandersetzungsanspruch besteht dagegen nicht (RGZ 60, 126, 132). Das Pfandrecht setzt sich am Auseinandersetzungsguthaben bzw den einzelnen, dem Schuldner zugeteilten Nachlassgegenständen fort (Roth NJW-Spezial 10, 487). Erst wenn einzelne Gegenstände dem Schuldner durch eine Teilungsauseinandersetzung zugewiesen sind, kann der Gläubiger aber den Herausgabeanspruch gem § 847 pfänden (BGH NJW 67, 200, 201 [BGH 26.10.1966 - VIII ZR 283/64]; Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Lorenz § 859 Rz 19). Schlägt der Schuldner den Erbteil aus und erwirbt er einen Pflichtteilsanspruch, so erstreckt sich das Pfandrecht nicht auf diesen Anspruch, der gesondert gepfändet werden muss.
II. Verfahren.
Rn 4
Es erfolgt eine Zwangsvollstreckung in ein anderes Vermögensrecht, für die gem § 857 I die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in Forderungen der §§ 828 ff entsprechend gelten (BGH Rpfleger 19, 405 Rz 7). Die Zwangsvollstreckung in den Miterbenanteil erfolgt als Rechtspfändung gem den §§ 857, 829 und nicht als Forderungspfändung, selbst wenn ein Grundstück zum Nachlass gehört (vgl BGHZ 52, 99, 102). Drittschuldner sind die Miterben oder, wenn bestellt, der Testamentsvollstrecker bzw Nachlassverwalter, nicht aber ein Nachlasspfleger (LG Kassel MDR 1997, 1032, 1033; Roth NJW-Spezial 18, 167). Ihnen muss der Pfändungsbeschluss gem § 829 III zugestellt werden (Frankf NJW-RR 21, 595 [OLG Frankfurt am Main 16.11.2020 - 20 W 53/20] Rz 17).
III. Wirkungen.
Rn 5
Der Gläubiger erwirbt mit der Pfändung ein Pfändungspfandrecht gem § 804 I am Erbteil (BGH NJW-RR 19, 970 Tz 7). Die Pfändung nach § 859 II wirkt wie ein durch Erbteilsverpfändung entstandenes Vertragspfandrecht, soweit die ZPO keine eigene Regelung enthält und die besondere Natur des Pfändungspfandrechts nicht entgegensteht, § 804 II Hs 1, §§ 1273 II, 1258 BGB (RGZ 156, 395, 397). Das Pfandrecht erstreckt sich nur auf diesen Erbteil, nicht jedoch auf den einzelnen Nachlassgegenstand, auch nicht auf den Anteil des Miterben am einzelnen Nachlassgegenstand (BGH NJW 67, 200, 201 [BGH 26.10.1966 - VIII ZR 283/64]; NJW-RR 19, 970 [BGH 07.02.2019 - V ZB 89/18] Tz 7; LG Köln BeckRS 21, 14818). Der Gläubiger erwirbt damit die Rechte zur gemeinschaftlichen Verwaltung und Verfügung der §§ 2038 ff BGB. Er kann deswegen nach Maßgabe von § 2042 BGB jederzeit die Auseinandersetzung verlangen (BGH NJW 68, 2059, 2060). Sind die Nachlassverbindlichkeiten berichtigt, gebührt ihm gem § 2047 I BGB der anteilige Überschuss. Der Anspruch ist nicht isoliert zu pfänden.
Rn 6
Ohne Zustimmung des Gläubigers können der Schuldner und die anderen Erben nicht mehr über die Erbschaft als Ganzes verfügen. Verboten ist jede das Pfändungspfandrecht beeinträchtigende Verfügung (BGH NJW 68, 2059, 2060). Eine Verfügung über einzelne Nachlassgegenstände, etwa über eine Forderung der Erbengemeinschaft, stellt unmittelbar noch keine Verfügung über den Pfändungsgegenstand dar. Sie kann jedoch mittelbar das Pfändungspfandrecht beeinträchtigen, indem die Nachlassmasse und damit auch der gepfändete Erbteil in ihrem Bestand oder Wert geschmälert werden. In diesem Fall steht die Erbteilspfändung auch der Verfügung des Pfändungsschuldners über einen einzelnen Nachlassgegenstand entgegen. Die Einziehung einer Nachlassforderung, um den zu leistenden Geldbetrag für alle Erben zu hinterlegen, beeinträchtigt die Rechtsstellung des den Erbteil pfändenden Gläubigers als solchen nicht (BGH NJW 68, 2059, 2060).
Rn 7
Durch Pfändung und Überweisung des Erbanteils verliert der Miterbe das Recht, die Teilungsversteigerung, § 180 ZVG, des Nachlassgrundstücks zu...