Gesetzestext
(1) Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen umfasst auch die Gegenstände, auf die sich bei Grundstücken und Berechtigungen die Hypothek, bei Schiffen oder Schiffsbauwerken die Schiffshypothek erstreckt.
(2) 1Diese Gegenstände können, soweit sie Zubehör sind, nicht gepfändet werden. 2Im Übrigen unterliegen sie der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen, solange nicht ihre Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen erfolgt ist.
A. Zweck.
Rn 1
Die Vorschrift soll das Verhältnis zwischen Mobiliar- und Immobiliarvollstreckung klären. Grundsätzlich soll die Immobiliarvollstreckung vorrangig sein. Damit soll die wirtschaftliche Einheit des Grundstücks erhalten bleiben, um den Zugriff des dinglich vollstreckenden Gläubigers zu verbessern. Denn der Wert eines Grundstücks wird maßgeblich auch durch die Gegenstände bestimmt, auf die sich die Hypothek erstreckt.
B. Von der Zwangsvollstreckung umfasste Gegenstände.
I. Haftungsverband der Hypothek.
Rn 2
Der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen die Gegenstände, auf die sich die Hypothek erstreckt. Dabei handelt es sich lediglich um eine Definition des Haftungsverbandes, es bedeutet nicht, dass die Vorschrift nur bei belasteten Grundstücken gelten soll. Auch bei unbelasteten Grundstücken und der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung aus einer persönlichen Forderung gilt selbiges. Durch den Verweis auf die Vorschriften des BGB (§§ 1120–1122 BGB und §§ 92–98 BGB) fallen unter die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen:
II. Wesentliche und unwesentliche Bestandteile.
Rn 3
Wesentliche Bestandteile sind gem § 93 BGB solche, die voneinander nicht getrennt werden können, ohne dass der eine oder andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird. Für die Beurteilung der Wesentlichkeit ist auf die wirtschaftlichen Folgen einer Trennung der Bestandteile von der Hauptsache auf die einzelnen Bestandteile abzustellen (PWW/Völzmann-Stickelbrock § 93 Rz 3). Wenn die Bestandteile ohne die Hauptsache keinen eigenständigen Zweck erfüllen können, sind sie als wesentliche Bestandteile anzusehen. In seinem Wesen verändert ist ein Teil, wenn durch die Trennung seine Brauchbarkeit und damit sein Wert nicht unerheblich gemindert wird. Auch wenn die Teile austauschbar sind, wie zB bei einem Kfz, handelt es sich nicht mehr um wesentliche Bestandteile, sondern um einfache Bestandteile, die jeweils Gegenstand eigener Rechte sein können.
1. Wesentliche Bestandteile eines Grundstücks.
Rn 4
Die Gegenstände, die als wesentliche Bestandeile eines Grundstücks anzusehen sind und damit vollinhaltlich das rechtliche Schicksal der Hauptsache teilen, sind in § 94 BGB gesondert geregelt. Es gehören dazu – mit dem Grundstück fest verbundene Sachen, insb Gebäude, – Erzeugnisse des Grundstückes, solange sie noch mit dem Boden verbunden sind. Erzeugnisse des Grundstücks unterliegen daher grds der Immobiliarvollstreckung, sie können nur ausnahmsweise und auch nur bis zur Beschlagnahme in der Immobiliarvollstreckung im Wege der Mobiliarvollstreckung gepfändet werden (s.u.).
2. Wesentliche Bestandteile eines Gebäudes.
Rn 5
Obwohl Gebäude grds als wesentliche Bestandteile eines Grundstücks anzusehen sind, unterscheidet das Gesetz gesondert die wesentlichen Bestandteile eines Gebäudes wegen der Möglichkeit des Dritteigentums an Gebäuden auf Grundstücken. Wesentliche Bestandteile eines Gebäudes sind die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen (§ 94 III BGB). Das sind nicht nur mit dem Gebäude fest verbundene Gegenstände, sondern auch locker verbundene, sofern sie nach der Verkehrsanschauung dazu dienen, das Gebäude zu seiner Anwendung geeignet zu machen (BGH NJW 78, 1311). Dazu gehören zB Türen und Fenster, Heizkörper, Klimaanlagen, Öltank, Badewannen.
3. Scheinbestandteile.
Rn 6
Abzugrenzen von den echten Bestandteilen sind die Scheinbestandteile. Es sind solche, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden sind (§ 95 BGB). Als Ausnahme vom grundsätzlichen Vorrang der Immobiliarvollstreckung sind sie als körperliche Sachen zu pfänden. Darunter fallen zB Gartenlauben. Außerdem gehören Gebäude, die in Ausübung eines Rechtes an dem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden sind, nicht zu den wesentlichen Bestandteilen (Erbbaurecht). Ob ein Gebäude auf einem fremden Grundstück als Scheinbestandteil anzusehen ist, entscheidet die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Eigentümer und dem Mieter. Dabei ist im Zweifel davon auszugehen, dass nur eine vorübergehende Verbindung gewollt ist, sodass das Gebäude im Eigentum des Mieters oder Pächters verbleibt (BGH NJW 87, 774 [BGH 31.10.1986 - V ZR 168/85]).
4. Früchte.
Rn 7
Früchte einer Sache sind die Erzeugnisse und die sonstige Ausbeute, welche aus der Sache ihrer Bestimmung nach gewonnen wird, (Früchte, Pflanzen sowie Bodenprodukte wie Sand, Torf, Lehm vgl § 99 BGB), soweit sie nicht durch die Trennung vom Grundstück in das Eigentum eines Dritten gelangt sind (§§ 954–957 BGB).
III. Ausnahmen vom Grundsatz des Vorrangs der Immobiliarvollstreckung.
Rn 8
§ 865 I 2 regelt, dass dem Haftungsverband unterliegende Gegenstände mit Ausnahme des Zubehörs auch im Wege der Mobiliarvollstreckung gepfändet werden können. Das gilt aber nie für Bestandteile (s.o.). Für die Zuordnung ...