Gesetzestext
Das Verteilungsverfahren tritt ein, wenn bei der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen ein Geldbetrag hinterlegt ist, der zur Befriedigung der beteiligten Gläubiger nicht hinreicht.
A. Zweck.
Rn 1
Das Verfahren soll eine gerichtliche Möglichkeit geben, die Verteilung von Geldbeträgen zu klären, wenn nach einer erfolgten Zwangsvollstreckungsmaßnahme hierüber Streit zwischen beteiligten Gläubigern besteht, oder wenn der hinterlegte Betrag für alle Gläubiger nicht ausreicht. Im Hinblick auf das Prioritätsprinzip in der Zwangsvollstreckung mag der Anwendungsbereich zunächst eng erscheinen, allerdings gibt es verschiedene Teilgebiete, in denen ein Verteilungsverfahren in Frage kommt:
B. Fälle.
Rn 2
Ein Drittschuldner hat Zweifel über die Rangfolge der Gläubiger bei Pfändung einer Forderung. Er hinterlegt und die hinterlegte Summe reicht zur Befriedigung aller Gläubiger nicht aus.
- Der Gerichtsvollzieher hat eine mehrfach gepfändete Sache versteigert, die Gläubiger können sich über ihre Rangfolge nicht einigen und der Gerichtsvollzieher hinterlegt gem § 827.
- Bei Pfändung eines Herausgabeanspruchs durch mehrere Gläubiger.
Nach dem Zwangsversteigerungs- und dem Zwangsverwaltungsverfahren sind jeweils die Verteilungsverfahren im ZVG gesondert geregelt, wobei allerdings § 115 ZVG für das Verfahren nach Widerspruch auf die ZPO verweist. Ansonsten bestehen grundlegende Unterschiede zum Verteilungsverfahren nach § 872 ff. Im Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren sind an der Verteilung des Erlöses nicht nur die Vollstreckungsgläubiger, sondern alle Beteiligten und auch der Schuldner beteiligt, da die Zuteilung sich nach dem Rang des Grundbuches richtet und so auch Gläubiger eine Zuteilung erhalten können, die überhaupt keine Anmeldung im Verfahren getätigt haben, wenn ihr Recht sich aus dem Grundbuch ergibt. Zudem tritt das Verteilungsverfahren dort vAw ein, nicht nur auf Antrag.
Zu beachten ist, dass § 872 nicht gilt für den Fall der Hinterlegung durch den Schuldner wegen Gläubigerungewissheit nach § 372 BGB (Wieczorek/Schütze/Storz vor § 872 Rz 6). Treffen Hinterlegungen nach Pfändung mit einer Hinterlegung für einen Abtretungsgläubiger zusammen, dann kann nur der auf die Pfändungsgläubiger entfallende Betrag verteilt werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Zession zeitlich vor der Pfändung erfolgt ist. Eine Einbeziehung des Abtretungsgläubigers ist auch in diesem Fall nicht möglich. Das gilt unabhängig davon, ob zwischen den Abtretungsgläubigern und den Pfändungsgläubigern auch Streit über die Rangfolge oder die Beteiligung an der hinterlegten Masse besteht. In einem solchen Fall ist daher das Verteilungsverfahren nicht geeignet, da eine endgültige Klärung zwischen allen beteiligten Gläubigern nicht erzielt werden kann. Ist ersichtlich, dass die Abtretung zeitlich nach der Pfändung erfolgt ist, so kann das Verteilungsgericht nach der Prüfung, dass die Pfändung insoweit wirksam erfolgt ist, das Verteilungsverfahren durchführen. Der hinterlegte Geldbetrag darf zur Befriedigung aller beteiligten Gläubiger nicht ausreichen, reicht der Betrag aus, so zahlt das Gericht an alle Gläubiger aus, ohne das Verfahren durchzuführen. Das Verteilungsverfahren wird vAw durchgeführt, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Die Gläubiger haben keine Wahlmöglichkeit, eine anderweitige Klage ist unzulässig (Zö/Seibel Rz 5). Einen Verweis auf die Vorschriften der ZPO enthält die schifffahrtsrechtliche Verteilungsordnung (SeeRVertO), zuletzt geändert durch Gesetz v 23.11.07, BGBl I 2614.
C. Voraussetzungen.
I. Hinterlegung eines Geldbetrages im Rahmen der Zwangsvollstreckung.
Rn 3
Es muss ein Geldbetrag iRd Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen hinterlegt worden sein, entweder durch den Gerichtsvollzieher nach § 827 II oder durch den Drittschuldner nach § 853 und eine Anzeige der Sachlage an das Amtsgericht erfolgt sein. Die Hinterlegung des Schuldbetrags durch den Drittschuldner unter Anzeige der Hinterlegung an das Vollstreckungsgericht und Aushändigung der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse an das Vollstreckungsgericht führt kraft Gesetzes ohne weiteres Zutun der Parteien zum Verteilungsverfahren nach § 872 (BayObLG NJOZ 21, 557).
II. Unzureichende Verteilungsmasse.
Rn 4
Die Verteilungsmasse darf zur Befriedigung aller Gläubiger, die beteiligt sind, nicht ausreichen. Außerdem ist Voraussetzung, dass keine Einigung zwischen den Gläubigern erzielt worden ist. Der Gerichtsvollzieher oder der Drittschuldner sind nicht verpflichtet, auf eine Einigung der Gläubiger vor Eintritt des Verteilungsverfahrens hinzuwirken. Das ist Aufgabe des Gerichts. Es müssen mindestens zwei Gläubiger beteiligt sein, wobei nicht Voraussetzung ist, dass die Gläubiger bereits berechtigt sind, sich aus dem betroffenen Gegenstand oder Recht zu befriedigen. Eine Vorpfändung reicht ebenso aus, wie die Pfändung eines Arrestgläubigers oder eine Sicherungsvollstreckung (MüKoZPO/Eickmann Rz 4).
III. Vorrang des Verteilungsverfahrens.
Rn 5
Liegen die Voraussetzungen des Verteilungsverfahrens vor, dann besteht kein Wahlrecht der Gläubiger, eine andere Verfahrensart oder Klage zu benutzen, um den Streit zu klären. Das Verfahren tr...