I. Anzeige.
Rn 7
Der Gläubiger einer Forderung muss vor der Zwangsvollstreckung seine Absicht, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, der Körperschaft, gegen die er vollstrecken will, anzeigen. Die Anzeige ist an die Behörde, die die Körperschaft vertritt, zu richten. In der Praxis ergibt sich die zuständige Behörde aus dem Rubrum des Urteils. Soll in ein Vermögen vollstreckt werden, welches die Behörde verwaltet, so muss eine weitere Anzeige an den zuständigen Minister der Finanzen gerichtet werden. Die Anzeige ist Vollstreckungsvoraussetzung, vAw zu beachten und daher vom Gläubiger nachzuweisen.
Rn 8
Inhalt der Anzeige ist die Ankündigung, die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung gegen die juristische Person des öffentlichen Rechts betreiben zu wollen. Der Vollstreckungstitel und die Forderung sind zu bezeichnen (Zö/Seibel Rz 3). Der Gläubiger ist nicht verpflichtet, die konkrete Art der Vollstreckung und den Vollstreckungsgegenstand zu bezeichnen.
Bei Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechtes tritt an die Stelle der Behörde als zum Empfang der Anzeige befugter Stelle der jeweilige gesetzliche Vertreter.
II. Wartefrist.
Rn 9
Nach der Anzeige ist eine Wartefrist von vier Wochen gegeben, die ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Anzeige berechnet wird. Deshalb regelt Abs 1 S 2 die gesonderte Verpflichtung der Behörde, den Empfang der Anzeige nachzuweisen. Der Nachweis der Anzeige kann aber auch auf andere Art und Weise erfolgen. Muss auch eine Anzeige an den Minister für Finanzen erfolgen, so beginnt die Frist mit dem Zugang der letzten Anzeige. Die Kosten für die Fertigung und die Zustellung der Anzeige sind Vollstreckungskosten, die nach § 788 unter dessen Voraussetzungen vom Schuldner zu erstatten sind. Das gilt auch dann, wenn keine Zwangsvollstreckung auf die Anzeige folgt, wenn der Schuldner Veranlassung zur Fertigung der Anzeige gegeben hat (Schuschke/Walker/Kessen/Thole Rz 6). Erfolgt in dieser Wartefrist ein anwaltliches Mahnschreiben, ist dies verfrüht und die Kosten dafür sind nicht zu erstatten.
III. Bestimmung des Gerichtsvollziehers.
Rn 10
Beabsichtigt der Gläubiger, die Zwangsvollstreckung durch einen Gerichtsvollzieher zu betreiben, so bestimmt das Vollstreckungsgericht (funktionell zuständig ist der Rechtspfleger, § 20 Nr 17 RPflG) auf Antrag des Gläubigers den zuständigen Gerichtsvollzieher. Der Gläubiger ist nicht verpflichtet, den zuständigen Gerichtsvollzieher gem Gerichtsvollzieherverteilungsplan zu ermitteln. Die Bestimmung des zuständigen Gerichtsvollziehers kann bereits vor Ablauf der 4-Wochenfrist erfolgen (Zö/Seibel Rz 5). Sie ist keine Vollstreckungshandlung, sondern lediglich Vorbereitungshandlung.
IV. Unpfändbare Gegenstände.
Rn 11
Gemäß Abs 3 ist die Zwangsvollstreckung in Sachen unpfändbar, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben unentbehrlich sind oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht. Der Pfändungsschutz ergänzt § 811, die Vorschrift ist daneben anwendbar. Sachen sind körperliche Gegenstände nach § 808. Auch Geld ist eine Sache (Zö/Seibel Rz 6), dagegen gibt es keine Erweiterung des Pfändungsschutzes für Forderungen oder sonstige Vermögensrechte (Schuschke/Walker/Kessen/Thole Rz 8). Der Begriff der Unentbehrlichkeit setzt voraus, dass eine besondere Dringlichkeit des Bedarfs zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben vorausgesetzt wird (St/J/Münzberg Rz 19). Da ansonsten wegen des Gebots der Sparsamkeit der Verwaltung nicht davon auszugehen ist, dass Sachen innegehalten werden, die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben nicht notwendig sind, ist eine Abgrenzung erforderlich. Ein entgegenstehendes öffentliches Interesse ist anzunehmen bei Sachen, die der Allgemeinheit zu dienen bestimmt sind, zB Bibliotheken, Archive, Kunstsammlungen, Kunstschätze. Das gilt auch für die Pfändung von Kunstgegenständen eines ausländischen Staates, die sich während einer Ausstellung im Inland befinden (KG IPRax 11, 594 [KG Berlin 18.05.2006 - 20 SCH 13/04]). Bei den Kirchen fallen unter die unpfändbaren Gegenstände die Sachen, die zu Erfüllung des Auftrags im engeren Sinne erforderlich sind und diejenigen, die für die kirchliche Tätigkeit insgesamt unentbehrlich sind (BVerfGE 66, 1, 23).
V. Rechtsbehelf.
Rn 12
Ob eine Zwangsvollstreckung in einen konkreten Gegenstand unzulässig ist, ist gem § 766 im Wege der Erinnerung des Schuldners oder des Gläubigers gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung zu entscheiden. Zuständig für die Entscheidung ist das örtlich zuständige Vollstreckungsgericht nach §§ 764, 828, funktionell zuständig ist der Richter. Vor einer Entscheidung ist in jedem Fall der jeweils zuständige Minister zu hören, nicht nur in den Fällen, in denen auch eine Anzeige an den Finanzminister erfolgen musste.
VI. Ausnahmen beim Vollzug einer einstweiligen Verfügung (Abs 5).
Rn 13
Beim Vollzug einer einstweiligen Verfügung bedarf es der Ankündigung der Zwangsvollstreckung und der Einhaltung einer Wartefrist nicht, das widerspräche dem Eilcharakter. Die sonstigen Regelungen, insb über den erweiterten Pfändungsschutz gelten auch hier. Abs 5 ist auf den Vollzug eines dinglichen Arrestes nicht entsprechend anwendbar (Schuschk...