Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
Gesetzestext
(1) 1Gegen die Eintragungsanordnung nach § 882c kann der Schuldner binnen zwei Wochen seit Bekanntgabe Widerspruch beim zuständigen Vollstreckungsgericht einlegen. 2Der Widerspruch hemmt nicht die Vollziehung. 3Nach Ablauf der Frist des Satzes 1 übermittelt der Gerichtsvollzieher die Anordnung unverzüglich elektronisch dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1. 4Dieses veranlasst die Eintragung des Schuldners. 5Wird dem Gerichtsvollzieher vor der Übermittlung der Anordnung nach Satz 3 bekannt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung nicht oder nicht mehr vorliegen, hebt er die Anordnung auf und unterrichtet den Schuldner hierüber.
(2) 1Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht anordnen, dass die Eintragung einstweilen ausgesetzt wird. 2Das zentrale Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 hat von einer Eintragung abzusehen, wenn ihm die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die Eintragungsanordnung einstweilen ausgesetzt ist.
(3) 1Über die Rechtsbehelfe nach den Absätzen 1 und 2 ist der Schuldner mit der Bekanntgabe der Eintragungsanordnung zu belehren. 2Das Gericht, das über die Rechtsbehelfe entschieden hat, übermittelt seine Entscheidung dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 elektronisch.
A. Normzweck.
Rn 1
§ 882d eröffnet dem Schuldner als Sondervorschrift zu den §§ 23 ff EGGVG ein befristetes Widerspruchsrecht gegen die Eintragungsanordnung des GV nach § 882c. Der Widerspruch ist begründet, wenn ein Eintragungshindernis besteht; maßgeblich ist der Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung (LG Stuttgart v 7.12.17 – 19 T 382/17, Rz 13). Der Eintragung ist iÜ die Grundlage entzogen, wenn der Gläubiger den Vollstreckungsauftrag zurücknimmt (BGH 20.10.21 – I ZB 18/21, Rz 14). Im Widerspruchsverfahren sind die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen (Titel, Klausel, Zustellung) zu prüfen sowie, ob ein Eintragungsgrund nach § 882c I gegeben ist, Eintragungshindernisse vorliegen und die Identifikationsmerkmale des Schuldners zutreffend eingetragen sind (LG Stuttgart 6.9.18 – 19 T 264/18 LS 4; 28.5.18 – 19 T 162/18, Rz 16). Ein Verzicht auf das Widerspruchsrecht ggü dem GV iRd Vermögensauskunft ist nicht möglich (ThoPu/Seiler Rz 2). Abs 2 ermöglicht die einstweilige Aussetzung der Eintragungsanordnung.
Rn 1a
Zur Abgrenzung: Materielle Einwendungen gegen den Titel werden nicht geprüft, diese müssen nach § 767 geltend gemacht werden (LG Stuttgart 28.5.18 – 19 T 162/18, Rz 16; 22.7.20 – 2 T 244/20, Rz 8) bzw nach § 167 I VwGO iVm § 767 (LG Stuttgart 9.8.18 – 19 T 227/18, Rz 18, 50 für den Fall eines Rundfunkgebührenbescheids). Eine Überprüfung der Vollstreckungsklausel hat nach §§ 732, 768 zu erfolgen.
Rn 2
Zum Hintergrund: Nach früherem Recht (bis 31.12.12) musste der Schuldner der Verpflichtung zur Abgabe der Offenbarungsversicherung im Termin widersprechen. Da die Offenbarungsversicherung zum 1.1.13 entfallen und die eidesstattliche Versicherung fortan nur noch ein unselbstständiger Teil der Vermögensauskunft als Mittel der Sachaufklärung war, erschien ein Widerspruch gegen die eidesstattliche Versicherung wenig sinnvoll; daher führte der Gesetzgeber die Widerspruchsmöglichkeit gegen die Eintragungsanordnung vor.
Rn 3
Durch Art 1 Nr 17 des EuKoPfVODG v 21.11.16 (BGBl I 16, 2591, iKg am 26.11.16, Art 21 III 1 EuKoPfVODG) wurde § 882d I 5 neu geschaffen.
B. Tatbestandsvoraussetzungen.
I. Zuständigkeit und Verfahren (Abs 1).
Rn 4
Statthaft ist nur der schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegte Widerspruch (BTDrs 16/10069, 39). Der Widerspruch kann vom Schuldner eingelegt werden oder vom unbeteiligten Dritten, der irrtümlich statt des Schuldners eingetragen wurde (AG Mönchengladbach-Rheydt 22.11.19 – 6 M 1887/19, Rz 9). Er muss binnen zwei Wochen seit Bekanntgabe der Eintragungsanordnung an den Schuldner eingelegt werden muss. Die Frist erlaubt es dem Schuldner, die Eintragung noch durch Befriedigung des Gläubigers oder eine Ratenzahlungsvereinbarung (§ 802b II, § 882c I Nr 3) abzuwenden. Sie berechnet sich nach § 222 ZPO, §§ 186 ff BGB. Die Frist beginnt auch bei unterlassener Belehrung des Schuldners nach Abs 3. Dieser kann jedoch im Falle des unterbliebenen Widerspruchs mangels Rechtsbehelfsbelehrung einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 stellen (str, in diesem Sinne wohl LG Schwerin DGVZ 15, 59; aA LG Wuppertal 24.2.22 – 16 T 277/21, NZI 22, 484, Rz 5 und 8 und AG Wuppertal 7.7.22 – 43 M 1425/22, ZInsO 23, 289). Ein verspäteter Widerspruch kann als Antrag auf Wiedereinsetzung gewertet werden (vgl LG Schwerin DGVZ 15, 59) bzw in diesem Fall ist der Antrag gem § 236 II 2 Hs 2 entbehrlich (LG Wuppertal 24.2.22 – 16 T 277/21, NZI 22, 484, Rz 8).
Rn 5
Sachlich zuständig ist das örtliche Vollstreckungsgericht nach § 764 II – nicht das zentrale Vollstreckungsgericht nach § 882h. Die funktionelle Zuständigkeit liegt beim Rechtspfleger und nicht bei der Geschäftsstelle, da es sich im Falle der Entscheidung über den Widerspruch um ein gerichtliches Verfahren der ...