Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
I. Löschung wegen Fristablaufs (Abs 1).
Rn 2
Nach Ansicht des Gesetzgebers entfällt das Warnbedürfnis des Rechtsverkehrs grds nach dem Ablauf einer dreijährigen Frist. Dies überzeugt, da es naheliegt, dass sich innerhalb dieses Zeitraums die finanzielle Situation des Schuldners verändert hat (Köln 11.5.21 – 9 U 145/20 = r+s 21, 511, Rz 27). Seit dem 1.7.14 gilt diese Frist auch für Insolvenzsachen gem § 882b I Nr 3. Die dreijährige Frist beginnt mit der Eintragungsanordnung. Bei mehrfacher Eintragung des Schuldners ist die Löschung wegen Fristablaufs für jede Eintragung isoliert zu beurteilen (Schuschke/Walker/Schuschke/Grieß Rz 1; Zö/Seibel Rz 2). Sie erfolgt vAw durch das zuständige zentrale Vollstreckungsgericht nach § 882h und dort durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wegen des engen Sachzusammenhangs mit der Führung des Verzeichnisses, für welches dieser Urkundsbeamte zuständig ist. Zuvor ist sowohl dem Schuldner als auch dem Gläubiger rechtliches Gehör zu gewähren (ThoPu/Seiler Rz 2). Die Dreijahresfrist entfaltet keine Ausstrahlungswirkung in andere Normen, etwa in § 115 I Nr 2 VVG (Köln 11.5.2021 – 9 U 145/20 = r+s 21, 511, Rz 27).
II. Gründe für die vorzeitige Löschung (Abs 3).
Rn 3
Bereits vor Ablauf der Frist des Abs 1 kann das Rechtsschutzbedürfnis des Schuldners eine Löschung der Eintragung im Schuldnerverzeichnis gebieten. Die Löschung erfolgt auch im Fall des Abs 3 vAw. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Eintragungsanordnung ist die Eintragung der Parteidisposition entzogen – es kann selbst bei Zustimmung des Gläubigers die Eintragung nicht gelöscht werden, wenn kein gesetzlich vorgesehener Grund dafür einschlägig ist. Ratio dahinter ist der Zweck des Schuldnerverzeichnisses, den Schutz des Rechtsverkehrs vor illiquiden oder zahlungsunwilligen Schuldnern zu verbessern (BGH DGVZ 17, 87, Rz 16, 17).
Rn 4
Nach Nr 1 hat eine Löschung zu erfolgen, wenn die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen worden ist, zB mittels Zahlungsquittung. Erlass (§ 397 BGB) steht gleich (ThoPu/Seiler Rz 7). Bei Zweifeln an der Forderungserfüllung ist der Gläubiger zu hören (BTDrs 16/10069, 40; aA Schuschke/Walker/Schuschke/Grieß Rz 8, der dem Gläubiger vor der Löschung immer ein Recht auf rechtliches Gehör zuspricht). Eine zwischen Schuldner und Gläubiger vereinbarte Stundung oder die Zustimmung des Gläubigers zur Löschung genügen nicht, da in diesen Fällen das Warninteresse des Rechtsverkehrs fortbesteht (idS LG Dessau-Roßlau DGVZ 15, 21; LG Karlsruhe DGVZ 13, 211; aA wohl LG Detmold DGVZ 15, 22). Es kommt nur auf die Forderung an, welche mit dem Vollstreckungsauftrag beim Gerichtsvollzieher geltend gemacht wurde; weitere offene Forderungen, die nicht Grundlage des Vollstreckungsauftrags waren, sind irrelevant (AG Karlsruhe 3.4.23 – 22 MZ 556/23, DGVZ 23, 151, Rz 5).
Rn 5
Nach Nr 2 hat eine Löschung zu erfolgen, wenn das Fehlen oder der Wegfall des Eintragungsgrundes bekannt geworden ist. Nr 2 erfasst insb Fälle, in denen das Vollstreckungsgericht im Widerspruchsverfahren nach § 882d I 1 festgestellt hat, dass der Eintragungsgrund von Beginn an fehlte oder später entfallen ist. Gleiches gilt für die Aufhebung des zu vollstreckenden Titels oder die Aufhebung seiner vorläufigen Vollstreckbarkeit. Das Bekanntwerden setzt sichere Kenntnis des zentralen Vollstreckungsgerichts voraus, idR durch öffentliche Urkunden (BTDrs 16/10069, 40). Eine nach Eintragung im Schuldnerverzeichnis abgeschlossene Ratenzahlungsvereinbarung stellt keinen Löschungsgrund dar, wenn die Eintragungsanordnung unanfechtbar geworden ist (BGH DGVZ 17, 87, Rz 12).
Rn 6
Nach Nr 3 ist die Eintragung schließlich aus dem Schuldnerverzeichnis zu löschen, wenn der Schuldner die Eintragungsanordnung erfolgreich angefochten hat. Das Gleiche gilt, wenn er zumindest die einstw Aussetzung nach § 882d II erwirkt hat und die Eintragung bereits erfolgt ist, bevor das zentrale Vollstreckungsgericht von der Aussetzungsanordnung Kenntnis erlangt. In beiden Fällen ist hierzu die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorzulegen.
Rn 7
Für die vorzeitige Löschung ist funktionell der Rechtspfleger zuständig, da es sich hierbei um eine Aufgabe der Gerichtsbarkeit handelt, die gem § 20 I Nr 17 RPflG vom Rechtspfleger vorgenommen wird (ThoPu/Seiler Rz 3; Vollkommer NJW 12, 3681, 3686). Die Löschung erfolgt vAw, ein Löschungsantrag stellt lediglich eine Anregung dar.
III. Rechtsbehelfe (Abs 2).
Rn 8
Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bzgl der Löschung wegen Fristablaufs ist die Erinnerung nach § 573 statthaft (Abs 2). Über die Erinnerung entscheidet der Rechtspfleger des zentralen Vollstreckungsgerichts (§ 20 I Nr 17 RPflG) – gerade nicht wie bei § 882d der Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts nach § 764 II. Gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers ist die sofortige Beschwerde nach §§ 793, 573 II statthaft (BTDrs 16/13432, 46). Ansonsten ist die Führung und Pflege des Schuldnerverzeichnisses Aufgabe der Justizverwaltung, sodass der Rechtsweg nach §§ 23 ff EGGVG eröffnet ist (ThoPu/Seiler Rz 1).
IV. Berichtigung der Eintragung (Abs 4).
Rn 9
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