Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
Gesetzestext
(1) Eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis wird nach Ablauf von drei Jahren seit dem Tag der Eintragungsanordnung von dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 gelöscht.
(2) 1Über Einwendungen gegen die Löschung nach Absatz 1 oder ihre Versagung entscheidet der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle. 2Gegen seine Entscheidung findet die Erinnerung nach § 573 statt.
(3) Abweichend von Absatz 1 wird eine Eintragung auf Anordnung des zentralen Vollstreckungsgerichts nach § 882h Abs. 1 gelöscht, wenn diesem
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die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen worden ist; |
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das Fehlen oder der Wegfall des Eintragungsgrundes bekannt geworden ist oder |
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die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die Eintragungsanordnung aufgehoben oder einstweilen ausgesetzt ist. |
(4) 1Wird dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 bekannt, dass der Inhalt einer Eintragung von Beginn an fehlerhaft war, wird die Eintragung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle geändert. 2Wird der Schuldner oder ein Dritter durch die Änderung der Eintragung beschwert, findet die Erinnerung nach § 573 statt.
A. Normzweck.
Rn 1
Das Interesse, die Allgemeinheit vor der Kreditunwürdigkeit des Schuldners zu warnen, ist erstens zeitlich begrenzt und erübrigt sich zweitens, sobald der Schuldner die Befriedigung des Gläubigers nachweist oder der Eintragungsgrund fehlt bzw entfällt. § 882e regelt Dauer und Löschung von Eintragungen. In der SchuFV ist die Löschung in § 4 behandelt. Eine dem Schuldnerverzeichnis vergleichbare Situation ist bei der Speicherung und Verarbeitung von Daten durch eine Wirtschaftsauskunftei nicht gegeben; hier entfällt die Notwendigkeit einer Speicherung von Daten nicht bereits dann, wenn die Voraussetzungen für eine Lösung nach § 882e vorliegen (Frankf 18.1.23 – 7 U 100/22 ZInsO 23, 677, Rz 42 f).
B. Tatbestandsvoraussetzungen.
I. Löschung wegen Fristablaufs (Abs 1).
Rn 2
Nach Ansicht des Gesetzgebers entfällt das Warnbedürfnis des Rechtsverkehrs grds nach dem Ablauf einer dreijährigen Frist. Dies überzeugt, da es naheliegt, dass sich innerhalb dieses Zeitraums die finanzielle Situation des Schuldners verändert hat (Köln 11.5.21 – 9 U 145/20 = r+s 21, 511, Rz 27). Seit dem 1.7.14 gilt diese Frist auch für Insolvenzsachen gem § 882b I Nr 3. Die dreijährige Frist beginnt mit der Eintragungsanordnung. Bei mehrfacher Eintragung des Schuldners ist die Löschung wegen Fristablaufs für jede Eintragung isoliert zu beurteilen (Schuschke/Walker/Schuschke/Grieß Rz 1; Zö/Seibel Rz 2). Sie erfolgt vAw durch das zuständige zentrale Vollstreckungsgericht nach § 882h und dort durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wegen des engen Sachzusammenhangs mit der Führung des Verzeichnisses, für welches dieser Urkundsbeamte zuständig ist. Zuvor ist sowohl dem Schuldner als auch dem Gläubiger rechtliches Gehör zu gewähren (ThoPu/Seiler Rz 2). Die Dreijahresfrist entfaltet keine Ausstrahlungswirkung in andere Normen, etwa in § 115 I Nr 2 VVG (Köln 11.5.2021 – 9 U 145/20 = r+s 21, 511, Rz 27).
II. Gründe für die vorzeitige Löschung (Abs 3).
Rn 3
Bereits vor Ablauf der Frist des Abs 1 kann das Rechtsschutzbedürfnis des Schuldners eine Löschung der Eintragung im Schuldnerverzeichnis gebieten. Die Löschung erfolgt auch im Fall des Abs 3 vAw. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Eintragungsanordnung ist die Eintragung der Parteidisposition entzogen – es kann selbst bei Zustimmung des Gläubigers die Eintragung nicht gelöscht werden, wenn kein gesetzlich vorgesehener Grund dafür einschlägig ist. Ratio dahinter ist der Zweck des Schuldnerverzeichnisses, den Schutz des Rechtsverkehrs vor illiquiden oder zahlungsunwilligen Schuldnern zu verbessern (BGH DGVZ 17, 87, Rz 16, 17).
Rn 4
Nach Nr 1 hat eine Löschung zu erfolgen, wenn die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen worden ist, zB mittels Zahlungsquittung. Erlass (§ 397 BGB) steht gleich (ThoPu/Seiler Rz 7). Bei Zweifeln an der Forderungserfüllung ist der Gläubiger zu hören (BTDrs 16/10069, 40; aA Schuschke/Walker/Schuschke/Grieß Rz 8, der dem Gläubiger vor der Löschung immer ein Recht auf rechtliches Gehör zuspricht). Eine zwischen Schuldner und Gläubiger vereinbarte Stundung oder die Zustimmung des Gläubigers zur Löschung genügen nicht, da in diesen Fällen das Warninteresse des Rechtsverkehrs fortbesteht (idS LG Dessau-Roßlau DGVZ 15, 21; LG Karlsruhe DGVZ 13, 211; aA wohl LG Detmold DGVZ 15, 22). Es kommt nur auf die Forderung an, welche mit dem Vollstreckungsauftrag beim Gerichtsvollzieher geltend gemacht wurde; weitere offene Forderungen, die nicht Grundlage des Vollstreckungsauftrags waren, sind irrelevant (AG Karlsruhe 3.4.23 – 22 MZ 556/23, DGVZ 23, 151, Rz 5).
Rn 5
Nach Nr 2 hat eine Löschung zu erfolgen, wenn das Fehlen oder der Wegfall des Eintragungsgrundes bekannt geworden ist. Nr 2 erfasst insb Fälle, in denen das Vollstreckungsgericht im Widerspruchsverfahren nach § 882d I 1 festgestellt hat, dass der Eintragungsgrund von Beginn an fehlte oder später entfallen ist. Gleiches gilt für die Aufhebung des zu vollstreckenden Titels ode...