Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
Gesetzestext
(1) 1Das Auskunftsrecht nach Artikel 15 Absatz 1 und das Recht auf Erhalt einer Kopie nach Artikel 15 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/679 wird in Bezug auf die personenbezogenen Daten, die im Schuldnerverzeichnis und in den an das zentrale Vollstreckungsgericht übermittelten Anordnungen der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis enthalten sind, dadurch gewährt, dass die betroffene Person Einsicht in das Schuldnerverzeichnis über die zentrale und länderübergreifende Abfrage im Internet nach § 882h Absatz 1 Satz 2 nehmen kann. 2Eine Information der betroffenen Person über konkrete Empfänger, gegenüber denen die in Satz 1 genannten personenbezogenen Daten offengelegt werden, erfolgt nur insoweit, als Daten zu diesen Empfängern nach den Vorschriften für Zwecke der Datenschutzkontrolle zu speichern sind.
(2) Hinsichtlich der im Schuldnerverzeichnis enthaltenen personenbezogenen Daten kann das Recht auf Berichtigung nach Artikel 16 der Verordnung (EU) 2016/679 nur unter den Voraussetzungen ausgeübt werden, die in § 882e für Löschungen von Eintragungen oder die Änderung fehlerhafter Eintragungen vorgesehen sind.
(3) Das Widerspruchsrecht gemäß Artikel 21 der Verordnung (EU) 2016/679 gilt nicht in Bezug auf die personenbezogenen Daten, die im Schuldnerverzeichnis und in den an das zentrale Vollstreckungsgericht übermittelten Anordnungen der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis enthalten sind.
A. Normzweck.
Rn 1
§ 882i wurde durch das G v 20.11.19 zur Umsetzung der RL (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die VO (EU) 2016/679 v 20.11.19 (BGBl I 19, 1724) mWz 26.11.19 eingeführt.
Rn 2
Die DSGVO hat in den §§ 882b ff ansonsten zu kleineren sprachlichen Änderungen geführt (s §§ 882f I 2, 882g VII 1, 882h III 3 Nr 4), aber keine größeren inhaltlichen Anpassungen ausgelöst. Die gravierendste Änderung ist § 882i, der diejenigen Fälle nennt und konkretisiert, in denen im Zusammenhang mit dem Schuldnerverzeichnis die Rechte des Schuldners aus der DSGVO eingeschränkt werden.
Rn 2a
Die in Art 12 ff DSGVO vorgesehenen Rechte müssen nicht uneingeschränkt gelten. Diese Art von Einschränkung ist nach Art 23 DSGVO erlaubt, wenn ›eine solche Beschränkung den Wesensgehalt der Grundrechte und Grundfreiheiten achtet und in einer demokratischen Gesellschaft eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme darstellt‹ sowie einem der in Art 23 I DSGVO gelisteten Zwecke dient. Die von § 882i vorgesehenen Beschränkungen stützen sich auf ›den Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses‹ (Art 23 I lit e DSGVO) und auf ›den Schutz der betroffenen Person oder der Rechte und Freiheiten anderer Personen‹ (Art 23 I lit j DSGVO); die Funktionalität des Schuldnerverzeichnisses und die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche sind Zwecke der in lit e und j bezeichneten Art (BTDrs 19/4671, 80). Auch ErwG 73 DSGVO erwähnt explizit die Einschränkung der Rechte der Betroffenen mit dem Zweck des ›Führen[s] öffentlicher Register aus Gründen des allgemeinen öffentlichen Interesses‹. Die Beschränkungen stützten sich auf Funktionalität des Schuldnerverzeichnisses zur Erfüllung seiner Warn- und Schutzfunktion für den Rechtsverkehr (Kindl/Meller-Hannich/Wolf/Sternal Rz 1).
Rn 2b
Die Berührungen von DSGVO und Schuldnerverzeichnis gehen über die in § 882i erwähnten hinaus; auch Art 14, 17, 18, 19 und 20 DSGVO spielen eine Rolle (s näher BTDrs 19/4671, 81), bedürfen aber, da es letztlich nicht zu einer Beschränkung durch das Schuldnerverzeichnis kommt, keiner Regelung. Für das Vermögensverzeichnisregister enthält § 802k V entsprechende Regelungen zur Beschränkung der Rechte aus Art 15 und Art 21 DSGVO.
B. Einsichtnahme im Internet (§ 882h I 2) als Beschränkung des Auskunftsrechts des Art 15 DSGVO.
Rn 3
§ 882i I betrifft das Zusammenspiel mit dem Auskunftsrecht des Art 15 DSGVO. Danach hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf eine Reihe von Informationen (zB Verarbeitungszwecke, Empfänger, Beschwerderecht, Korrekturmöglichkeiten etc). § 882i I stellt klar, dass dieses Auskunftsrecht durch die Einsichtnahme im Internet nach § 882h I 2 gewährleistet wird. Die weitergehende Erfüllung des Auskunftsrechts nach Art 15 DSGVO würde die Kapazitäten der Zentralen Vollstreckungsgerichte übersteigen (BTDrs 19/4671, 81 f). Ein umfassenderes Auskunftsrecht könnten die Vollstreckungsgerichte nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erfüllen (Zö/Seibel Rz 2). Der Gesetzgeber verweist damit konkludent auf §§ 4–6 SchuVAbdrVO (BeckOKZPO/Fleck Rz 2 f).
C. Änderung (§ 882e IV) als Beschränkung des Rechts auf Berichtigung nach Art 16 DSGVO.
Rn 4
Das Recht auf Berichtigung in Art 16 DSGVO sieht vor, dass die betroffene Person von dem Verantwortlichen unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger personenbezogener Daten verlangen kann; dabei kann sie auch die Vervollständigung unvollständiger personenbezogener Daten verlangen. § 882i II sieht hier mit seinem Verweis auf das bereits existe...