Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
Rn 30
Der Schuldner hat einen Anspruch auf Herausgabe der eingelagerten pfänd- und verwertbaren Sachen gegen Erstattung der Transport- und Verwahrungskosten. Hierzu muss er sich nicht an den Gläubiger oder den Lagerhalter, sondern ausschl an den GV wenden. Das Zurückbehaltungsrecht des GV besteht nur im Hinblick auf diejenigen Kosten, die nicht durch den Vorschuss des Gläubigers gedeckt sind und erstreckt sich nicht auf den Kostenerstattungsanspruch des Gläubigers (LG Essen DGVZ 89, 153; LG Berlin MDR 72, 249 [LG Berlin 19.10.1971 - 81T 497/71]; aA KG MDR 75, 235 [KG Berlin 13.08.1974 - 1 W 1017/74]; Zö/Seibel Rz 23). Dieser muss nach den allg Regeln als Teil der Vollstreckungskosten iSd § 788 I beigetrieben werden (LG Kassel ZMR 67, 190; Schuschke/Walker/Walker/Koranyi Rz 35).
Rn 31
Anders verhält es sich bei unverwertbaren und nach § 811 unpfändbaren Sachen des Schuldners. Sie müssen zwar weggeschafft werden (LG Berlin DGVZ 80, 155), sind dem Schuldner auf Verlangen aber jederzeit herauszugeben, Abs 5. Ein Zurückbehaltungsrecht des GV existiert nicht. Sinn und Zweck dieser Vorgabe bestehen darin, dass das Räumungsgut auch tatsächlich abgeholt wird und die Verwahrungskosten gering gehalten werden. Die Abholung der Sachen erfolgt durch den Schuldner und auf eigene Kosten (Celle NdsRPfl 56, 109). Eine Überbringung kann er ebenso wenig verlangen (LG Wuppertal DGVZ 90, 189) wie eine aufwändige Aussonderung der jeweiligen Sachen aus dem verpackten, umfangreichen Räumungsgut (LG Wuppertal DGVZ 05, 108) oder allg das Heraussuchen durch den GV (LG Schwerin 20.9.22 – 5 T 97/22, DGVZ 23, 102, Rz 8). Das Herausgabeverlangen des Schuldners erfordert keine Form und richtet sich an den GV. ›Jederzeit‹ bedeutet, dass der Schuldner die Herausgabe noch bis zum endgültigen Abschluss der Veräußerung oder Vernichtung des Verwahrguts verlangen kann (LG Schwerin 20.9.22 – 5 T 97/22, DGVZ 23, 102, Rz 8).
Rn 32
Auch Dritte können Herausgabe der weggeschafften und verwahrten Sachen des Schuldners verlangen, grds aber nur bei Einverständnis des Schuldners (AG Essen DGVZ 00, 125; manche erachten es demgegenüber als ausreichend, wenn der Dritte seine Eigentümerstellung darlegt und der Schuldner nicht widerspricht). Ausnahmsweise soll es nicht der Zustimmung des Schuldners bedürfen, wenn der Dritte entweder Ehegatte des Schuldners ist (AG Siegburg DGVZ 98, 190) oder aber Sicherungseigentum an dem gelagerten Gegenstand geltend macht (AG Hannover DGVZ 71, 14). Diese Ansicht überzeugt nicht, weil der GV die materielle Rechtslage grds nicht überprüft. Bei Herausgabe an einen Dritten kann der GV die Übergabe der Sache ebenfalls von der Erstattung der Transport- und Lagerkosten abhängig machen (LG Berlin DGVZ 74, 156). Verweigert der Schuldner seine Zustimmung zur Herausgabe, richtet sich der Herausgabeanspruch des Dritten nicht etwa gegen den GV bzw den Staat, sondern gegen den Schuldner selbst (AG Essen DGVZ 00, 125).