Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
I. Durchführung der Herausgabe (Abs 3).
Rn 6
Der GV setzt den Schuldner bei der vereinfachten Räumung aus dem Besitz der unbeweglichen Sache und weist den Gläubiger in diesen ein, § 885 I 1. Anders als bei der Vollstreckung nach § 885 werden jedoch die in den Räumen befindlichen beweglichen Sachen weder gem § 885 II, III vom GV weggeschafft noch dem Schuldner oder einem in § 885 II genannten Drittem übergeben (Zö/Seibel Rz 3). Wenn der Schuldner die Sachen während der Zwangsvollstreckung herausverlangt, händigt der GV sie ihm aus, es sei denn, der Gläubiger macht sein Vermieterpfandrecht geltend (Zö/Seibel Rz 3). Unpfändbare Sachen sind darüber hinaus jederzeit herauszugeben, Abs 5.
II. Protokoll (Abs 2).
Rn 7
Beim Vollstreckungstermin muss der GV die frei ersichtlichen beweglichen Sachen, die er vorfindet, § 885a II 1, im Protokoll (§ 762 iVm § 128 IX GVGA) dokumentieren. Hierzu kann er nach seinem pflichtgemäßen Ermessen sowohl analoge Bildaufzeichnungen als auch digitale Fotos erstellen, die Anl des Protokolls werden. Ziel ist, die Beweisführung über die vom Schuldner eingebrachten beweglichen Sachen und ihren Zustand zu erleichtern (BTDrs 17/10485, 31). Hierbei muss kein vollständiges Inventar erfolgen, es genügt, wenn das Protokoll einen zuverlässigen Überblick über Bestand und Zustand der beweglichen Sachen gewährt, indem es die frei ersichtlichen Sachen erfasst (BTDrs 17/10485, 31). Der Gerichtsvollzieher kann einen Fotografen heranziehen (AG Wiesbaden DGVZ 17, 114, Rz 10 ff). Andere als die frei ersichtlichen Sachen muss er nicht suchen und untersuchen. Das Protokoll ist eine öffentliche Urkunde im beweisrechtlichen Sinne, §§ 415 ff (BTDrs 17/10485, 32) und vom GV angemessen zu verwahren. Die Parteien haben nach der Vorschrift des § 760 einen Anspruch auf Abschrift (BTDrs 17/10485, 32). Nimmt der Ersteher die Immobilie ohne Mitwirkung des GV eigenmächtig in Besitz, so hat er dennoch aufgrund der bestehenden Sonderverbindung auf die Interessen des Schuldners Rücksicht zu nehmen und hat die Obliegenheit ein Verzeichnis über die vorgefundenen vom Zuschlagsbeschluss nicht erfassten Gegenstände zu erstellen (BGH NJW 17, 3656 [BGH 23.06.2017 - V ZR 175/16], Rz 10).
III. Verwahrung und Verwertung (Abs 3, 4).
Rn 8
Die von der Rspr (BGH NJW 06, 848, 849 [BGH 17.11.2005 - I ZB 45/05]) betonten Pflichten des Vermieters, die mit Pfandrecht belegten Sachen nach §§ 1215, 1257 BGB zu verwahren, erhalten durch die Gesetzesänderung eine verfahrensrechtliche Grundlage (BTDrs 17/10485, 32). Die Verwahrung und Verwertung der beweglichen Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, knüpfen an die Regelung des § 885 III, IV an (BTDrs 17/10485, 32). Sie normieren Besonderheiten für den beschränkten Vollstreckungsauftrag.
1. Verwahrung durch den Gläubiger (Abs 3).
Rn 9
Der Gläubiger muss die durch den Schuldner eingebrachten beweglichen Sachen verwahren, jedoch nicht vor Ort gem Abs 3 S 1 (vgl BGH NJW 06, 848, 849 [BGH 17.11.2005 - I ZB 45/05]). Dies ermöglicht ihm, die Sachen bspw im Keller oder außerhalb des Gebäudes zu lagern, um die Wohnung sofort wieder zu verwenden. Der Gläubiger kann die Sachen jedoch auch in der Wohnung belassen (BTDrs 17/10485, 32). Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, können, anlehnend an § 885 III 2, vernichtet werden, Abs 3 S 2.
Rn 10
Sowohl iRd Wegschaffens als auch bei der Vernichtung der beweglichen Sachen, aber eben nur in diesen Fällen, hat der Gläubiger gem Abs 2 S 3 lediglich Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Für den Selbsthilfeverkauf gilt diese Privilegierung nicht (BTDrs 17/10485, 32). Die Haftungsbeschränkung soll nach dem Willen des Gesetzgebers einen Ausgleich zwischen den schutzwürdigen Interessen eines Gläubigers mit Vermieterpfandrecht und des Schuldners erreichen (BTDrs 17/10485, 32). Sie ist an die Haftungsverteilung beim Annahmeverzug gem § 300 BGB angelehnt, da der Schuldner bei der Zwangsvollstreckung ähnlich wie beim Annahmeverzug bereits im Vorfeld von seiner Verpflichtung zur Räumung Kenntnis hatte (zur Haftung nach § 280 BGB in diesem Fall: Lehmann-Richter NZM 13, 260 ff).
2. Verwertung durch den Gläubiger (Abs 4).
Rn 11
Der Gläubiger muss die Sachen des Schuldners einen Monat verwahren. Danach kann er sie, sofern der Schuldner sie nicht herausfordert, verwerten.
Rn 12
Die Verwertung hat gem Abs 4 S 2 entspr der Vorschriften über die Hinterlegung, Versteigerung und Verkauf gem §§ 372 ff BGB zu erfolgen (BTDrs 17/10485, 33). Dabei sind alle nicht hinterlegungsfähigen Sachen, dh nach §§ 372 ff BGB alles außer Wertpapiere, Geld, sonstige Urkunden und Kostbarkeiten, gem § 383 BGB zu versteigern. Sachen mit Markt- oder Börsenpreis können gem § 385 BGB freihändig verkauft werden (Zö/Seibel Rz 9). Eine Androhung der Versteigerung ist gem Abs 4 S 3 nicht erforderlich, da der Schuldner aufgrund des vorangegangenen Gerichtsverfahrens nicht schutzwürdig ist (BTDrs 17/10485, 33). Nicht verwertbare Sachen können gem Abs 4 S 4 vernichtet werden. Die Formulierung erlaubt aber auch, persönliche Gegenstände des Schuldners von der Vernichtung auszunehmen (BTDrs 17/10485, 33). Ein erfolgloser Verwertungsversuch muss der Vernichtun...