Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
a) Ordnungsgemäßer Vollstreckungsantrag/Zuständigkeit.
Rn 8
Der erforderliche Antrag des Gläubigers gem § 753 ist an das Prozessgericht 1. Instanz als zuständiges Organ der Zwangsvollstreckung zu richten. In Fällen der Zuständigkeit des LG besteht Anwaltszwang nach § 78 I – nicht nur in der mündlichen Verhandlung. Dies gilt auch nach der Neufassung der Vorschrift, da das G für das Zwangsvollstreckungsverfahren keine Befreiung vom Anwaltszwang vorgesehen hat (hM; Brandbg 19.8.20 – 9 WF 143/20, Rz 7 [§§ 114, 120 FamFG, § 888]; Bambg MDR 17, 902 [OLG Bamberg 22.02.2017 - 2 WF 18/17]; Dresd 8.10.20 – 4 W 744/20, Rz 2 [zu §§ 887–890]; Köln NJW-RR 95, 644, 645 [OLG Köln 08.08.1994 - 25 WF 147/94] [zu § 888] mwN; Hamm MDR 85, 242 [zu § 890]; München NJW 77, 909 [OLG München 29.10.1976 - 21 W 2281/76]; einschr Neustadt NJW 61, 1266: Anwaltszwang nur bei Anordnung der mündlichen Verhandlung). Anwaltszwang besteht in derartigen Fällen auch, wenn aus einer eV vollstreckt wird (hM, s nur Dresd 8.10.20 – 4 W 744/20, Rz 2; aA Jena InVo 96, 18, 19). Nur vor dem AG kann der Antrag zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden, § 496.
Rn 9
Der Antrag muss hinreichend bestimmt sein. In ihm ist nach Möglichkeit, doch keineswegs stets zwingend (Frankf 11.3.22 – 26 W 19/21, Rz 29), die konkrete Handlung zu bezeichnen, auch wenn der Vollstreckungstitel nur den geschuldeten Handlungserfolg nennt. Die konkrete Benennung von Handlungen erleichtert die Entscheidung, ob die Zwangsvollstreckung nach § 887 oder § 888 zu erfolgen hat. Zudem kann der Schuldner nur dann prüfen, ob er die Handlung selbst vornehmen oder aber von einem Dritten vornehmen lassen will und ob ihm uU sogar eine geeignete und kostengünstigere Maßnahme bekannt ist (Frankf 11.3.22 – 26 W 19/21, Rz 26). Die Maßnahme muss sich jedenfalls aus dem Schriftsatz ergeben, der den Vollstreckungsantrag enthält (Bambg NJW-RR 00, 358, 359 [OLG Bamberg 07.01.1999 - 6 W 42/98]). Unterlagen, auf welche im Vollstreckungstitel Bezug genommen wird, sind dem Titel beizuheften (Saarbr NJW-RR 10, 95, 96 [OLG Saarbrücken 29.06.2009 - 5 W 103/09]). Der Erfolg muss hinreichend konkret beschrieben sein; so ist es unzureichend, den Schuldner iRv Rückbaumaßnahmen zu verpflichten, den ›früheren Zustand wiederherzustellen‹, wenn nicht klar ist, worin dieser frühere Zustand besteht (LG Frankfurt 4.11.20 – 2-13 T 73/20 = NJW-RR 21, 128). Die Festlegung einer bestimmten technischen Maßnahme ist nicht erforderlich (München NJW-RR 88, 22 [OLG München 02.07.1987 - 28 W 1163/87]; Hamm MDR 84, 591). So kann zB jeder Baufachmann verantwortlich entscheiden, was nötig ist, um eine Außenwand vor Feuchtigkeit zu schützen (Dresd MDR 09, 1411). Der Antrag, ›geeignete Maßnahmen‹ zu treffen, um zu gewährleisten, dass durch Rauch und andere Gerüche keine Beeinträchtigungen mehr von einer Wohnung zu Lasten anderer Wohnungen ausgehen, ist hinreichend (AG Hamburg-St. Georg 26.2.21 – 980b C 41/19, Rz 18). Der Gläubiger muss weder jeden einzelnen Arbeitsschritt angeben (Karlsr Justiz 89, 156; Zweibr MDR 83, 500) noch einen Dritten, der die Ersatzvornahme ausführt, namentlich benennen. Hinreichend ist es jedenfalls, wenn die Nachlieferung eines Ersatzfahrzeugs mit der Maßgabe beantragt wird, dass dessen technische Ausstattung des Fahrzeugs den im Einzelnen aufgeführten Maßgaben entsprechen soll (Brandbg 24.8.21 – 3 U 202/19, Rz 66). Erforderlich kann auch die Darlegung der Ausführungsfähigkeit des Gläubigers oder eines Dritten sein (Hamm NJW 59, 891).
Rn 9a
Mit der Ermächtigung des Gläubigers geht die Duldungspflicht des Schuldners einher, die nach § 892 mithilfe des GV vollstreckt werden kann, sofern eine konkrete Bezeichnung der Duldungshandlung erfolgt. Gem § 264 I BGB darf im Falle der Wahlschuld der Gläubiger entscheiden, auf welche Art und Weise die Handlung ausgeführt werden soll. Die Umdeutung eines Antrages nach § 888 in einen nach § 887 ist freilich nicht bei entgegenstehender Willensäußerung des Gläubigers (Brandbg 4.10.22 – 2 U 11/22 = MDR 22, 511, Rz 9) und auch ansonsten nur bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte dafür möglich, dass dies dem Willen des Gläubigers entspricht (Hamm NJW 85, 274, 275; Brandbg 23.2.22 – 7 W 21/22 = ZIP 22, 640, Rz 8). Eine Rücknahme des Vollstreckungsantrages kann bis zur Rechtskraft des Beschl nach § 322 erfolgen.
b) Rechtsschutzbedürfnis.
Rn 10
Am erforderlichen Rechtsschutzinteresse mangelt es, wenn der Gläubiger die Ersatzvornahme bereits durchgeführt (LG Essen MDR 59, 399) oder der Schuldner offenkundig schon erfüllt hat, wofür er allerdings beweispflichtig ist.