Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
I. Ersatz notwendiger Kosten.
Rn 49
Die durch die Ersatzvornahme entstehenden Kosten (Kosten der Durchführung) stellen Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 dar. Der Gläubiger ist berechtigt, Verträge im eigenen Namen abzuschließen. Die notwendigen Kosten sind nach § 788 I 1 vom Schuldner zu ersetzen, zB Architektenhonorare (Ddorf JurBüro 85, 471), Gutachter- (Frankf DB 83, 495) oder Finanzierungskosten (Ddorf MDR 84, 323, 324). Die objektive Notwendigkeit der Kosten wird im Kostenfestsetzungsverfahren geprüft (Köln Rpfleger 14, 390 [OLG Köln 26.02.2014 - 17 W 185/13]; Zweibr MDR 94, 1044, 1045). Andere befürworten die Vollstreckungsabwehrklage des Schuldners gem § 767, wenn maßgebliche Umstände nicht unstr oder offensichtlich sind (Frankf MDR 83, 587; Stuttg Rpfleger 82, 355). Dies ist jedoch deshalb nicht nötig, da auch im Kostenfestsetzungsverfahren die Umstände klärbar sind, notfalls im Wege der sofortigen Beschwerde nach § 104 III 1. Die Höhe der Kosten bemisst sich danach, was ein verständig abwägender, wirtschaftlich denkender Gläubiger in der konkreten Situation für angebracht halten durfte (KG Rpfleger 94, 31; Berlin 19.4.10 – 52 S 69/09, Rz 5). Insoweit gilt § 287 entspr (München JurBüro 92, 270). Mitverschulden des Gläubigers führt über § 254 BGB analog uU zu einer Kürzung seines Erstattungsanspruchs um die entspr Haftungsquote (BGH NJW 97, 2234 [BGH 18.04.1997 - V ZR 28/96]). Nicht als Zwangsvollstreckungskosten über § 788 I geltend machen kann der Gläubiger Kosten der Ersatzvornahme ohne entspr Ermächtigungsbeschluss (vgl BGH NJW-RR 07, 213, 214 [BGH 10.08.2006 - I ZB 110/05]); er muss gegen den Schuldner auf Leistung klagen (Köln OLGR Köln 04, 198 mwN).
II. Kostenvorschuss (Abs 2).
Rn 50
Die Kostentragung findet allerdings nur in dem Umfang statt, wie die Kosten nicht durch Zahlung auf den vom Gericht festgesetzten Vorschuss gedeckt sind (München JurBüro 92, 270), es sei denn, es wurde noch nicht gezahlt (München MDR 97, 1068). Der Kostenvorschuss muss gesondert beantragt werden (AG Bremen Mietrecht kompakt 17, 20, Rz 10). Der Antrag des Gläubigers auf Vorschuss kann nach dem Ermächtigungsantrag gestellt werden, nicht aber nach Vornahme der Handlung (BGH NJW-RR 07, 213 [BGH 10.08.2006 - I ZB 110/05]). Das Gericht prüft nach Anhörung des Schuldners gem § 891, ob die Vorschussanordnung erforderlich und die Höhe angemessen ist. Durch Nachforderungsantrag kann der Gläubiger einen weiteren Vorschuss verlangen, wenn der zunächst festgesetzte nicht ausreichend war, allerdings nicht mehr nach der Ersatzvornahme (Hamm MDR 72, 615). Dann verbleibt ihm nur noch die Möglichkeit, nach § 788 vorzugehen (Schlesw SchlHA 90, 39; aA LG Kobl MDR 84, 591, 592). Zur analogen Anwendung von § 887 II bei der Zwangsvollstreckung einer Freistellungsverpflichtung s Kobl MDR 15, 980 [OLG Koblenz 23.02.2015 - 5 W 106/15]. Der Vorauszahlungsanspruch nach § 887 II ist als Nebenrecht nicht selbständig pfändbar (BGH WM 17, 2026, Rz 12 ff).
Rn 51
Die Höhe des Vorschusses liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, das ggf einen SV heranzieht (BGH NJW 05, 367, 369 [BGH 05.11.2004 - IXa ZB 32/04]; NJW 93, 1394, 1395 [BGH 08.10.1992 - VII ZR 272/90]). Sie findet ihre Grenze in § 308 I. Das Gericht hat nicht nur den vom Gläubiger nach dem Inhalt des vollstreckten Titels zu beanspruchenden Leistungsinhalt zu berücksichtigen, sondern mit Blick auf §§ 788 I 1, 91 I 1, wonach nur die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung ersatzfähig sind, auch die Interessen des Schuldners an einer sparsamen Verfahrensweise (Dresd IHR 20, 216, Rz 33; Hamm 13.10.22 – I-18 W 20/22, MDR 23, 391 [OLG Hamm 13.10.2022 - 18 W 20/22], Rz 29 f). Maßstab für die Erforderlichkeit ist auch insoweit, was ein verständiger Gläubiger unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit für sachgerecht halten durfte (KG Rpfleger 94, 31, 32). Der Vorschuss kann sich auch auf Kosten für einen Wirtschaftsprüfer beziehen, der den vom Schuldner erteilten Buchauszug ergänzen soll (LG Essen 22.6.22 – 6 O 161/18, Rz 3; Köln 22.12.09 – 19 W 24/09). Zur Ermittlung einer Schätzgrundlage bedarf es einer substanziierten Darlegung des Gläubigers, idR durch Kostenvoranschlag oder Kostenschätzung eines SV (Köln InVo 97, 21).
Rn 52
Eine vom Gläubiger geschuldete Gegenleistung für die Handlungsvornahme wirkt sich uU auf die Höhe des Vorschusses aus: Wird die Gegenforderung erst nach Durchführung der vertretbaren Handlung fällig, dürfen aber nicht lediglich die Mehrkosten der Ersatzvornahme als Vorschuss gewährt werden (Naumbg InVo 03, 83, 84 [OLG Naumburg 06.02.2002 - 11 W 123/01] mwN; Hamm MDR 84, 591; aA LG Würzburg Rpfleger 80, 160, 161). Bei Fälligkeit kann der Schuldner mit einer unstreitigen Forderung gegen den titulierten Anspruch aufrechnen (Rostock NZM 05, 520 [OLG Rostock 19.03.2004 - 1 W 28/03] mwN; aA Celle NJW-RR 05, 1013, allerdings nur für den konkreten Fall). Die Aufrechnung mit einer streitigen Gegenforderung hingegen ist nicht möglich, so dass der Schuldner sich mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 behelfen muss (Dd...