Rn 3

Obwohl auch Zahlungen, Herausgabe oder die Abgabe von Willenserklärungen Handlungen darstellen, werden auf ihre Vornahme gerichtete Titel grds nach den folgenden, vorrangigen Vorschriften vollstreckt. Das Gleiche gilt für Duldung und Unterlassung.

1. Geldvollstreckung (§§ 803 ff).

 

Rn 4

Ansprüche auf Geldzahlung werden nach §§ 803 ff vollstreckt. Dies gilt auch für Ansprüche auf Hinterlegung von Geld (KG NJW-RR 00, 1409, 1410 [KG Berlin 15.02.2000 - 1 W 5150/99]; Ddorf FamRZ 84, 704; KG JW 34, 3218f) oder Sicherheitsleistung durch Hinterlegung von Geld (Ddorf FamRZ 84, 704). Lautet aber der Vollstreckungstitel auf eine Sicherheitsleistung gem § 232 BGB, ohne dass das Wahlrecht auf den Gläubiger übergegangen ist, greift § 887 ein (RGZ 19, 204, 207; Karlsr MDR 91, 454; Ddorf FamRZ 84, 704 [OLG Düsseldorf 12.03.1984 - 3 WF 40/84]), da diese vom Schuldner auf unterschiedliche Weise erbracht werden kann. Ansprüche auf Befreiung von Verbindlichkeiten werden ebenfalls nach § 887 vollstreckt, auch wenn die Verbindlichkeit selbst in einer Geldzahlung besteht (hM; BGH NJW 83, 2438, 2439 [BGH 28.06.1983 - VI ZR 285/81]; NJW 58, 497; München InVo 96, 215; zur Durchsetzung eines Befreiungsanspruchs Schlappa DGVZ 11, 21, 23), da dem Schuldner die Option bleiben muss, die Befreiung des Gläubigers auch auf anderem Wege als durch Zahlung zu erreichen. Die Verbindlichkeit muss im Titel nach Grund und Höhe bezeichnet sein (stRspr; Naumbg InVo 04, 201 mwN).

2. Herausgabevollstreckung (§§ 883 ff).

 

Rn 5

Nach Abs 3 findet § 887 keine Anwendung auf die Verurteilung zur Herausgabe oder Leistung von Sachen; stattdessen wird nach §§ 883 ff vollstreckt. Das Gleiche gilt idR auch für die Hinterlegung oder Vorlegung von Urkunden oder Belegen (Köln NJW-RR 88, 1210, 1211 [OLG Köln 07.12.1987 - 2 W 175/87] mwN; AG Charlottenburg 22.11.18 – 73 C 40/18 m Anm Dötsch jurisPR-MietR 3/2019 Anm 5) bzw Gewährung von Einsicht in Unterlagen. Wenn eine solche Handlung allerdings untrennbar mit Auskunft und Rechnungslegung verbunden ist, greift § 888 ein (Karlsr InVo 00, 398 [OLG Karlsruhe 29.11.1999 - 20 WF 102/99]; Köln NJW-RR 96, 382 [zu § 888]; Jena GRUR-RR 15, 463 Rz 31 [Babybilder] zur Vorlage der Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen nach § 101a I 2 UrhG); Frankf FamRZ 19, 627 Rz 5. Abgrenzungsprobleme können entstehen, wenn der Herausgabeanspruch mit Handlungspflichten, etwa im Hinblick auf Beschaffung oder Herstellung der betreffenden Sache, verbunden ist. Hier wird eine getrennte Vollstreckung durchgeführt: Selbständige Handlungspflichten mit eigenständiger Bedeutung werden neben der Herausgabe nach § 887 vollstreckt (vgl BGH NJW-RR 05, 212 [BGH 19.03.2004 - IXa ZB 328/03]). Ist zB bei einem herauszugebenden Grundstück eine große Menge Abfall zu beseitigen, gilt für den Beseitigungsanspruch § 887 (BGH DGVZ 05, 70; vgl in diesem Zusammenhang zur Abgrenzung zwischen § 885 und § 887 Schuschke DGVZ 10, 137 ff). Abzulehnen ist zum einen die Ansicht, die eine Anwendung des § 887 auf die Beschaffungs- oder Herstellungshandlung gänzlich verneint (RGZ 58, 160, 161 f; Köln NJW 58, 1355 [OLG Köln 11.04.1958 - 9 W 67/57] mwN), denn schließlich muss eine Handlung iSd § 887 bewirkt werden. Nicht zu folgen ist zum anderen der Auffassung, die danach unterscheidet, ob vertretbare oder unvertretbare Handlungen zu vollstrecken sind, und nur im letzten Fall § 887 annimmt (zum Meinungsstand vgl Brox/Walker Rz 1068). Denn auch Abs 3 unterscheidet nicht zwischen vertretbaren und unvertretbaren Handlungen. Der BGH hat offengelassen, ob die Vollstreckung eines Anspruchs auf Nachlieferung eines genauer bezeichneten Fahrzeugs im Wege der Wegnahme der Sache gem §§ 883 f (so Köln 2.4.20 – 18 U 60/19 Rz 74) oder als vertretbare Handlung durch Ersatzvornahme gem § 887 (so Karlsr NJW-RR 19, 869, 870 [BGH 19.03.2019 - XI ZR 44/18] Rz 46) durchzuführen wäre (BGH 21.7.21 – VIII ZR 118/20 Rz 26; NJW 22, 1238 [BGH 08.12.2021 - VIII ZR 190/19] Rz 28).

3. Vollstreckung zur Abgabe einer Willenserklärung (§ 894).

 

Rn 6

Bei der Vollstreckung eines rechtskraftfähigen Titels auf Abgabe einer bestimmten Willenserklärung gilt § 894. Eine Vollstreckung nach § 894 scheidet also bei Titeln auf Abgabe einer unbestimmten Willenserklärung aus, ebenso bei Vollstreckungstiteln (insb Prozessvergleich, Schiedsspruch und vollstreckbarer Urkunde), die nicht der Rechtskraft fähig sind (zum Vorrang des § 894 ggü § 888 vgl Frankf FamRZ 89, 1321). Im letztgenannten Fall greifen die Vorschriften der Handlungsvollstreckung ein; im ersten Fall ist dies jedoch va wegen des Charakters des § 894 als lex specialis ausgeschlossen (str). Es ist ferner str, ob § 887 überhaupt auf die Abgabe von Willenserklärungen, zB auf die Erteilung einer Vollmacht, angewendet werden kann. Nach richtiger Ansicht gilt insoweit jedoch § 888 (Kobl DGVZ 86, 138; Hamm NJW 56, 918 [für den Fall der Auflassung]; zumindest für die Erteilung einer Prozessvollmacht: BGH NJW 95, 463, 464). Selbst wenn ein Dritter in der Lage wäre, eine Willenserklärung abzugeben, bliebe der rechtliche Erfolg nicht derselbe, wenn er nicht als Vertreter des Schuldners handelte (Hamm NJW 56,...

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