Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
Rn 18
Die Vollstreckung scheidet aus, wenn die Handlung – im Zeitpunkt des Beschl – nicht ausschl vom Schuldnerwillen abhängt. Der Grund liegt darin, dass Zwangsmittel den Schuldnerwillen brechen sollen.
1. Allgemeines.
Rn 19
Die ausschl Abhängigkeit vom Schuldnerwillen ist gegeben, wenn die Handlung von ihm aus eigener Kraft und aus eigenem Willen (vgl Mot zu § 888 bei Hahn/Mugdan S 466) erbracht werden kann. Daran fehlt es uU trotz vorhandener Fähigkeiten bei schöpferischen oder wissenschaftlichen Leistungen, die nicht beliebig produzierbar sind (vgl auch Baur/Stürner/Bruns Rz 40.19 mwN in Fn 73 [Herstellung eines druckfertigen Komm]). Diese Erfordernisse liegen darin begründet, dass idR nicht festgestellt werden kann, ob solche Fähigkeiten beim Schuldner gerade im entscheidenden Moment abrufbar sind. Zum Unmöglichkeitseinwand s bereits oben.
Rn 20
An der ausschl Abhängigkeit der Handlung vom Willen des Schuldners mangelt es, wenn die Erfüllung seiner Verpflichtung Geldmittel erfordert, die dem Schuldner fehlen und die er nicht beschaffen kann. Es besteht keine erzwingbare Kreditaufnahmepflicht (Schlesw NJW 92, 579, 580 [OLG Schleswig 18.06.1991 - 16 W 7/91]; aA Grunsky ZZP 95, 264 ff mwN). Der BGH bejaht aber die Zulässigkeit der Pfändung künftiger Ansprüche aus einer offenen Kreditlinie (BGH MDR 01, 1014, 1015 [BGH 29.03.2001 - IX ZR 34/00]; dazu Baur/Stürner/Bruns Rz 30.7 mwN; ausf bereits Olzen ZZP 97, 1 ff).
3. Mitwirkung eines Dritten.
Rn 21
Eng verknüpft mit dem Unmöglichkeitseinwand ist die Frage, wie es sich auswirkt, dass der Vollstreckungsschuldner auf die Mitwirkung eines Dritten angewiesen ist. Das Erfordernis der Mitwirkung eines Dritten ist unproblematisch, sofern der Schuldner dessen Verhalten beeinflussen kann (BayObLG NJW-RR 89, 462, 463 [BayObLG 12.12.1988 - BReg. 2 Z 49/88]; Rostock MDR 17, 239 [BGH 07.07.2016 - I ZB 90/15], Rz 15 f). Andernfalls fehlt es an der Abhängigkeit der Handlung von seinem Willen (vgl bspw BayVGH 22.7.16 – 8 C 14.2114, Rz 11).
Rn 22
Nur wenn die mangelnde Mitwirkungsbereitschaft des Dritten von vornherein feststeht, scheidet eine Vollstreckung nach § 888 aus (hM; Köln MDR 03, 114; Köln OLGR Köln 94, 26, 27). Demgegenüber nahm man früher vereinzelt an, die Vollstreckung scheide bereits aus, wenn die Mitwirkungsbereitschaft nicht eindeutig gegeben war (vgl Hamm OLGZ 66, 443, 445). Ist hingegen die Bereitschaft des Dritten eindeutig gesichert, können die Zwangsmittel angewendet werden (BGH NJW 82, 2552 [BGH 24.06.1982 - III ZR 178/80]), und zwar selbst dann, wenn keine Rechtspflicht des Dritten besteht (aA Hamm NJW 73, 1135 [OLG Hamm 10.10.1972 - 14 W 72/72]). Bei zw Mitwirkung kommt es auf die Behauptungs- und Beweislast an.
Rn 23
Die Entscheidung, wann das Mitwirkungserfordernis einer Vollstreckung gem § 888 entgegensteht, kann im Einzelfall schwierig sein (Betrieb eines Geschäfts: unschädlich, dass Dritte eingesetzt werden müssen, vgl Celle NJW-RR 96, 585; aA Naumbg NJW-RR 98, 873, 874; Sicherung der Mitwirkung eines Architekten beim Bau: unschädlich, so auch Baur/Stürner/Bruns Rz 40.20; aA Hamm OLGZ 66, 443, 445).
Rn 24
[nicht besetzt]
Rn 25
Schließlich ist § 888 anwendbar, wenn eine an sich vertretbare Handlung von der Mitwirkung eines dazu nicht bereiten Dritten abhängt (vgl die Kommentierung des § 887).
4. Behauptungs- und Beweislast.
Rn 26
Die Verteilung der Beweislast ist äußerst umstr. Teilweise wird argumentiert, wegen des Wortlautes der Vorschrift und um das Risiko des Schuldners nicht zu übersteigern, treffe sie den Gläubiger, wenn er sich auf die Möglichkeit der Handlungsvornahme und ihre ausschl Abhängigkeit vom Schuldnerwillen berufe (hM; Köln MDR 03, 114; Hamm FamRZ 97, 1094, 1095; Hamm NJW-RR 88, 1087, 1088; KG NJW 72, 2093, 2094 f; aA Stuttg MDR 05, 777; Köln InVo 96, 107; LAG Kiel NZA-RR 04, 408, 409). Damit der Gläubiger ein Vorbringen des Schuldners, er sei zur Erfüllung außerstande, überprüfen könne, müsse dieser jedoch die Unmöglichkeit bzw den Umstand, alle möglichen Anstrengungen unternommen zu haben, um die Mitwirkung oder Zustimmung des Dritten zu erlangen, substanziiert darlegen, nicht nur pauschal behaupten (BGH NZM 09, 202, 203; Brandbg MDR 07, 429; Hamm FamRZ 97, 1094, 1095; Hamm NJW-RR 88, 1087, 1088).
Rn 27
Richtigerweise trägt der Gläubiger die Beweislast jedoch allein im Hinblick auf die Höchstpersönlichkeit der Leistung. Was eine etwaige Erfüllung oder die Unmöglichkeit anbelangt, bleibt es dagegen bei den allg Grundsätzen, nach denen der Schuldner beweispflichtig ist (s.o. Rn 14). Da die ausschl Abhängigkeit der Handlung vom Schuldnerwillen letztlich einen Anwendungsfall der (subjektiven) Unmöglichkeit darstellt, liegt auch hier die Beweislast beim Schuldner (MüKoZPO/Gruber Rz 16).