Rn 10
Der Nachweis über die Unpfändbarkeit der Erhöhungsbeträge ist durch eine Bescheinigung der gesetzlich benannten Stellen zu führen. Dieser Terminus stimmt mit der Begrifflichkeit in der bisherigen Regelung des § 850k V 2 sowie in § 305 I Nr 1 InsO überein. Gesetzlich vorgeschrieben ist, was in der Bescheinigung unbedingt aufgenommen werden muss bzw was ggf aufgenommen werden muss, nicht aber, wie die Bescheinigung auszusehen hat. Eine besondere Form ist nicht bestimmt. Ein Formzwang mag den Interessen des Kreditinstituts entsprechen. Dennoch ist das Absehen von einem Formzwang sachgerecht. Gerade kleinere Arbeitgeber könnten durch einen Formzwang schnell überfordert werden. In der Konsequenz wäre der Schuldner einem erheblichen Risiko ausgesetzt. Deswegen bestehen weder ein Schriftformzwang noch ein Unterschriftserfordernis. Auch ein Formularzwang existiert nicht. Es genügt daher eine in Textform bzw ohne eigenhändige Unterschrift erstellte Bescheinigung. Allerdings muss die Bescheinigung den Aussteller zweifelsfrei erkennen lassen. Der Nachweis muss nicht als Bescheinigung bezeichnet sein. Es bedarf deswegen keiner gesonderten Unterlage. Als Bescheinigung geeignet sind daher ebenso eine Lohn- oder Gehaltsabrechnung des ArbG wie ein Leistungsbescheid einer Behörde.
Rn 11
§ 903 I 2 benennt als Aussteller drei Gruppen von Personen bzw Institutionen. Andere Aussteller werden nicht aufgeführt. Aus dem Gesetzestext kann auch nicht abgeleitet werden, dass es sich lediglich um Regelbeispiele handelt, weil dafür die Formulierungen ›insbesondere‹ oder ›regelmäßig‹ erforderlich wären. In den Materialien heißt es, S 2 führe auf, welche Stellen für das Ausstellen einer Bescheinigung in Betracht kommen. Auch dies spricht dafür, über die aufgeführten Stellen und Personen hinaus, keine weiteren Aussteller zuzulassen. Bescheinigungen anderer Personen oder Stellen muss das Kreditinstitut nicht beachten. Um der gewünschten Rechtssicherheit Rechnung zu tragen, wird es derartige Bescheinigungen anderer auch nicht beachten dürfen. Allerdings kann den Bescheinigungen anderer Stellen im gerichtlichen Verfahren ein Beweiswert nicht abgesprochen werden.
Rn 12
Als erste Gruppe nennt § 903 I 2 Nr 1 als Aussteller die Familienkasse, den Sozialleistungsträger oder eine mit der Gewährung von Geldleistungen nach § 902 S 1 befasste Einrichtung. Diese Regelung geht auf die bisherige Vorschrift des § 850k V 2 zurück. Allerdings ist der Pfändungsschutz der zweiten Stufe auf zusätzliche Erhöhungsbeträge ausgeweitet worden. Um einen Gleichlauf zwischen den pfändungsgeschützten Leistungen und den bescheinigenden Stellen zu erreichen, sind deswegen weitere Personen und Institutionen als Aussteller im Rahmen dieser Gruppe anerkannt. Es handelt sich dabei um dieselben Personen und Einrichtungen, die Geldleistungen nach § 902 S 1 erbringen. Dies schließt insb die für Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuständigen Behörden und die Bundesstiftung ›Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens‹ ein. Für diese in § 903 I 2 Nr 1 lit b und c sowie Nr 2–6 genannten Einrichtungen, also die Familienkasse, die Sozialleistungsträger oder die mit der Gewährung von Geldleistungen nach § 902 S 1 befassten Einrichtungen, besteht nach § 903 III 1 eine Bescheinigungspflicht.
Rn 13
Als zweite Gruppe führt § 903 I 2 Nr 2 die Arbeitgeber auf. Dies entspricht der bisherigen Bestimmung in § 850k V 2. Wer ArbG ist, ist nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Kriterien zu bestimmen. Erfasst werden auch mehrere ArbG, sei es bei einem Hauptarbeitgeber und bei einer zusätzlichen Nebentätigkeit, sei es iRv mehreren Teilzeitbeschäftigungen. Auch bei einer geringfügigen Beschäftigung nach § 8 SGB IV, bis zum 31.12.23 im Umfang von 520,– EUR, ab dem 1.1.24 in Höhe von 538,– EUR, ist der Dienstberechtigte ArbG. Ein Selbständiger ist nicht sein eigener Arbeitgeber und kann sich deswegen keine Bescheinigung ausstellen. Für Arbeitgeber besteht keine Bescheinigungspflicht.
Rn 14
In der dritten und letzten Gruppe der Aussteller führt § 903 I 2 Nr 3 die geeigneten Personen oder Stellen iSd § 305 I Nr 1 InsO auf. Auch dies war bislang so in § 850k V 2 vorgesehen. Als geeignete Stellen kommen Schuldnerberatungsstellen in Betracht (Sudergat Kontopfändung und P-Konto, Rz 1764). Es handelt sich aber etwa auch um Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer etc (Musielak/Voit/Lackmann § 903 Rz 3). Auch Insolvenzverwalter sind als geeignete Personen anzusehen. Der Bezug auf § 305 I Nr 1 InsO stellt zwar primär auf die bei Vorbereitung des Insolvenzverfahrens tätigen Personen und Stellen ab. Dann muss diese Berechtigung aber erst recht für den Insolvenzverwalter gelten, der einen zumindest ebenso guten Überblick, eigentlich sogar besseren Einblick besitzt (Frind Praxishandbuch Privatinsolvenz Rz 415; Ahrens NJW-Spezial 17, 341, 342; Rein NJW-Spezial 22, 213).