Rn 2
Die Besorgnis einer Vollstreckungsvereitelung oder wesentlichen Erschwernis kann auf Gefährdungshandlungen des Schuldners beruhen, aber auch durch Handlungen Dritter oder Naturereignisse verursacht sein. Es kommt nicht darauf an, ob der Schuldner unlautere Absichten verfolgt und eine Vereitelung oder Erschwerung der Zwangsvollstreckung erstrebt, oder auch nur darauf, dass er rechtswidrig oder schuldhaft handelt (BFH BB 78, 1203; Karlsr NJW 97, 1018; LAG Köln AA 11, 144). Maßgeblich ist allein, ob die Handlungen oder Vorkommnisse objektiv die Besorgnis der Gefährdung der späteren Zwangsvollstreckung rechtfertigen; Maßstab ist hierbei der objektive Standpunkt eines verständigen, gewissenhaft prüfenden Menschen (RGZ 67, 369; LAG Köln AA 11, 144 [LAG Köln 14.01.2010 - 7 SaGa 24/09]; Rostock NJW-RR 12, 222 [OLG Rostock 12.12.2011 - 3 W 193/11]; Dresd MDR 18, 699 [BGH 24.01.2018 - VII ZB 27/17]; Brandbg NJW-RR 20, 1139 [OLG Brandenburg 17.07.2020 - 13 WF 124/20]).
I. Gefährdungshandlungen des Schuldners.
Rn 3
Der drohende Einzug einer Forderung kann ebenso wie die Veräußerung eines Vermögensstücks (Schwerdtner NJW 70, 222, 224) als bloße Vermögensumschichtung für sich allein nicht als Arrestgrund gelten. Ein solcher ist erst zu bejahen, wenn zu besorgen ist, dass der Vermögensgegenstand dem Zugriff der Gesamtheit der Gläubiger entzogen wird (BGHZ 131, 95, 105 = NJW 96, 321). Dies ist der Fall bei einem Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen (Ddorf NJW-RR 94, 454; KG ZInsO 05, 1323), einer verdächtigen Veräußerung oder Belastung von Vermögensgegenständen ohne ausreichenden Gegenwert (Musielak/Voit/Huber Rz 3). Gleiches gilt für verschwenderische Lebensweise, Spielleidenschaft, Verschleuderung von Waren (Zö/Vollkommer Rz 5) sowie die Verschiebung von Gegenständen ins Ausland (Köln ZIP 88, 969).
Ein Arrestgrund folgt nicht bereits daraus, dass der Schuldner den Gläubiger durch eine gegen dessen Vermögen gerichtete Straftat geschädigt hat (Hamm ZEV 16, 280). Zur Annahme eines Arrestgrundes muss vielmehr hinzukommen, dass der Schuldner durch zusätzliche weitere Maßnahmen den Anspruch des Gläubigers gefährdet hat und deshalb konkret zu befürchten ist, dass die spätere Vollstreckung vereitelt oder erschwert wird (Ddorf NJW-RR 99, 1592; Frankf OLGR 01, 71, 72; Frankf StRR 11, 309; Bambg WM 13, 649, 652; Schlesw MDR 14, 1289, 1290). Dahingehende Anzeichen können sich bereits aus der Art und dem Umfang oder der Intensität der kriminellen Schädigungshandlungen sowie aus der Art und Weise ergeben, in der die Schuldnerseite die Verwertung der strafbar erlangten Vermögensgegenstände betrieben hat (Bambg WM 13, 649, 652; Hamm ZEV 16, 280 [Vollmachtmissbrauch eines Betreuers]; München NJW-RR 22, 140, 142 [Anlagebetrug]). Zu den weiteren Indizien für ein nach wie vor bestehendes Sicherungsbedürfnis des Gläubigers rechnen etwa Verdunklungshandlungen des Schuldners im Ermittlungs- oder Strafverfahren und gegebenenfalls auch eine von rechtsfeindlicher Gesinnung getragene Verteidigungsstrategie (Bambg WM 13, 649, 652; vgl auch München MDR 19, 1089, 1091: Strafverfolgungsmaßnahmen gegen den Schuldner). Erst recht ist das Sicherungsbedürfnis berührt, wenn der personelle Hintergrund der ans Licht gekommenen Straftaten nur zu einem Teil aufgehellt werden konnte und schon aus diesem Grund zu besorgen ist, dass der Schuldner nach wie vor mit der Unterstützung noch nicht gefasster oder unbekannt gebliebener Tatgenossen auch bei seinen Bemühungen rechnen kann, sein noch vorhandenes Vermögen dem Gläubigerzugriff zu entziehen (Bambg WM 13, 649, 652). Zusätzliche Gefährdung kann auch bei aufwendigem Lebenstil unter Verschwendung von Gütern bei Kapitalanlagebetrug angenommen werden (Köln Beschl v 23.7.14 – 18 W 45/11).
II. Anderweitige Gefährdungstatbestände.
Rn 4
Naturereignisse wie Feuer, Sturm und Überschwemmung können ausreichen, wenn hierdurch ein Vermögensverfall droht (LAG Köln AA 11, 144; Musielak/Voit/Huber Rz 3; MüKoZPO/Drescher Rz 7; Zö/Vollkommer Rz 7). Entsprechendes gilt für Boykott- oder Streikmaßnahmen ggü dem Gewerbebetrieb des Schuldners (Musielak/Voit/Huber Rz 3) oder eine drohende Inhaftierung des Schuldners (Köln MDR 86, 595).
III. Keine Arrestgründe.
Rn 5
Die schlechte Vermögenslage des Schuldners allein stellt keinen Arrestgrund dar (BGHZ 171, 261 Rz 23 = NJW 07, 2485). Das Arrestverfahren dient nicht dazu, dem Gläubiger das grds bei ihm liegende allgemeine Insolvenzrisiko hinsichtlich seines Schuldners abzunehmen (Schlesw MDR 14, 1289, 1290). Auch eine drohende Konkurrenz anderer Gläubiger begründet keinen Arrestgrund (RGZ 67, 22, 26; BGHZ 131, 95, 105 = NJW 96, 321; Schlesw MDR 14, 1289, 1290; aA Schuschke/Walker/Walker Rz 8). Diese einengende Auslegung des Abs 1 entspricht dem Willen des historischen Gesetzgebers und verhindert eine ungesunde Verschärfung des Gläubigerwettlaufs sowie uU eine dadurch künstlich herbeigeführte vorzeitige Illiquidität des Schuldners (BGHZ 131, 95, 106 = NJW 96, 321). Tritt an die Stelle eines vermögenden Schuldners ein überschuldeter Erbe, so stellt auch dies keinen hinreichenden Arrestgrund ...