I. Erledigung zwischen den Instanzen.
Rn 65
Tritt die Erledigung nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung, aber vor Einlegung eines Rechtsmittels bzw Rechtskraft eines bereits ergangenen Urteils ein, ist zw übereinstimmenden und einseitigen Erledigungserklärungen zu unterscheiden (Hausherr MDR 10, 973). § 91a ist Ausfluss der Dispositionsmaxime (Rn 25). Daraus folgt, dass die Parteien den Rechtsstreit auch nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor der Verkündung einer Entscheidung (LAG Berlin MDR 06, 57) und sogar nach Erlass eines Urteils bis zum Ablauf der Rechtsmittelfristen (BGH NJW 95, 1095 [BGH 01.02.1995 - VIII ZB 53/94]; Bergerfurth NJW 92, 1655, 1656) jederzeit übereinstimmend ggü dem Instanzgericht für erledigt erklären können. Das ergangene Urt wird analog § 269 III 1 HS 2 wirkungslos (vgl Rn 25). Die Kostenentscheidung ist auf der Grundlage des § 91a zu treffen. Nach Einlegung eines Rechtsmittels müssen die Erledigungserklärungen ggü dem Rechtsmittelgericht abgegeben werden. Die einseitige Erledigungserklärung ist in der jeweiligen Instanz hingegen – wie aus §§ 261 II, 297 folgt – grds bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung abzugeben (Köln VersR 17, 478). Hält eine Partei den Rechtsstreit nach Urteilserlass für erledigt, muss sie das gegen die getroffene Entscheidung statthafte Rechtsmittel mit dem Ziel einlegen, die Feststellung der Erledigung der Hauptsache zu bewirken. Für die Beschwer genügt insoweit die Existenz des klageabweisenden Urteils (BGH NJW-RR 92, 1032; Nürnbg FamRZ 00, 1025; einschr BGH NJW 04, 1173 für Zulassungssachen im anwaltsgerichtlichen Verfahren). Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung scheidet von vornherein aus. Ist das erledigende Ereignis dagegen zwar nach Schluss der mündlichen Verhandlung, aber vor Urteilserlass eingetreten, ist eine einseitige Erledigungserklärung ggü dem Gericht der 1. Instanz möglich. Dieses wird idR die mündliche Verhandlung nach § 156 wiederzueröffnen haben (Dresd MDR 20, 1405). Unterlässt der Kl eine entspr Erledigungserklärung, fehlt es für ein stattdessen nach Urteilserlass eingelegtes Rechtsmittel mit dem Ziel der Erledigungserklärung jedoch nicht am Rechtsschutzbedürfnis (Hausherr MDR 10, 973; MüKoZPO/Schulz Rz 99; aA LG Hamburg MDR 95, 204 [LG Hamburg 20.10.1994 - 316 S 164/94]; Musielak/Flockenhaus Rz 33).
II. Erledigung in der Rechtsmittelinstanz.
Rn 66
Inwieweit die Parteien den Rechtsstreit auch in der Rechtsmittelinstanz einseitig oder übereinstimmend für erledigt erklären können, ist umstr. Zumindest für die Berufungs- und Beschwerdeinstanz ist allgemein anerkannt, dass einseitige und übereinstimmende Erledigungserklärungen nach allgemeinen Grundsätzen möglich sind (LG Tübingen JurBüro 01, 157; MüKoZPO/Schulz Rz 40). Dass die Erledigungserklärung schon in der ersten Instanz hätte abgegeben werden können, ist unschädlich, kann aber ggf im Rahmen der Kostenentscheidung Berücksichtigung finden (BGH MDR 16, 482 [BGH 11.12.2015 - V ZR 26/15]; Frankf Beschl v 19.12.16 – 6 U 185/16 – juris). Die Erledigung der Hauptsache kann auch noch während des Verfahrens über eine Nichtzulassungsbeschwerde, erklärt werden (BGH NJW-RR 07, 694 [BGH 01.03.2007 - I ZR 249/02], WRP 10, 759 [BGH 11.02.2010 - I ZR 154/08]; MDR 18, 423; NJW 21, 1887). Besonderheiten ergeben sich lediglich insoweit, als die Zulässigkeit des jeweiligen Rechtsmittels – also insb auch die Beschwer – als zusätzliche Voraussetzung einer wirksamen Erledigungserklärung geprüft werden muss (BGHZ 50, 197). Ein unzulässiges Rechtsmittel ist trotz übereinstimmender Erledigungserklärungen zu verwerfen (BAG MDR 15, 1306 [BAG 23.09.2015 - 5 AZR 290/15 (F)]). Der Zulässigkeit des Rechtsmittels steht der vorherige Eintritt der Erledigung nicht unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Beschwer entgegen (BGH NJW 75, 539; Habscheid JZ 63, 579, 580). Etwas anderes gilt, wenn der Bekl die Leistung, zu der er verurteilt wurde, nach Urteilserlass vorbehaltlos erbringt (BGH NJW 00, 1120; Köln OLGR 04, 181; Hamm NJW-RR 91, 1343). Sofern der Rechtsstreit in der Rechtsmittelinstanz für erledigt erklärt wird, verlieren die vorinstanzlichen Urteile ihre Wirkung und sind aufzuheben (Zö/Althammer Rz 50). Wird die Erledigung erst in der Berufungsinstanz erklärt, ist das Verfahren gem § 522 II anwendbar (Rostock MDR 06, 947). Erklären die Parteien den Streitgegenstand der Hauptberufung in der Hauptsache für erledigt und beantragen sie insoweit eine Kostenentscheidung nach § 91a, verliert eine Anschlussberufung dadurch nicht ihre Wirkung (BGH NJW 86, 852). § 91a findet bei Rücknahme des Hauptrechtsmittels keine entspr Anwendung auf die Kosten der unselbstständigen Anschlussberufung. Diese sind vielmehr nach § 516 III 1 grds dem Berufungskläger aufzuerlegen (BGH NJW-RR 05, 727 [BGH 26.01.2005 - XII ZB 163/04]; 06, 1147 [BGH 07.02.2006 - XI ZB 9/05]; aA Frankf NJW-RR 93, 768 [OLG Frankfurt am Main 14.10.1992 - 2 UF 1/92]; 95, 945 [OLG Düsseldorf 10.02.1994 - 6 U 35/93]). Hat sich der Rechtsstreit im Berufungsverfahren durch Teilversäumnisurteil, Teilvergleich u...