I. Einzelne Verfügungsgründe.
Rn 4
Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn der Erlass der einstweiligen Verfügung für den Verfügungsgläubiger eilbedürftig ist, weil ohne Sofortmaßnahme der Verfügungsanspruch vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Als besondere Ausformulierung des allgemeinen Rechtsschutzinteresses bezeichnet der Verfügungsgrund das Rechtschutzbedürfnis des Antragstellers für das summarische Verfahren. Eine Eilbedürftigkeit bzw Dringlichkeit idS kommt bspw in Betracht bei drohender Verarbeitung, Verschlechterung, Zerstörung, Veräußerung oder sonstigem Beiseiteschaffen einer herauszugebenden Sache (Köln ZInsO 00, 296; Musielak/Voit/Huber Rz 13), Wegschaffen von dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Sachen (Celle NJW-RR 87, 447; Stuttg NJW-RR 97, 521) oder bei Notwendigkeit einer Auslandsvollstreckung (Musielak/Voit/Huber Rz 13). Das überlange Zuwarten des Antragstellers mit der Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes kann eine ursprünglich bestehende Dringlichkeit beseitigen; maßgeblich sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls (Selbstwiderlegung: Ddorf NJW-RR 00, 825, 826 [Bauwerkvertragsrecht]; KG NJW-RR 01, 1201, 1202 [KG Berlin 09.02.2001 - 5 U 9667/00] [Urheberrecht]; Hambg NJW-RR 02, 550 [OLG Hamburg 26.04.2001 - 3 U 268/00] [Medienrecht]; Bremen MDR 04, 50, 51 [Mietrecht, Zuwarten von vier Monaten]; Hamm NJW-RR 07, 108, 109 [Wettbewerbsrecht, vgl auch nachstehend Rn 10]; Stuttg NZBau 10, 639, 640 [OLG Stuttgart 11.08.2010 - 4 U 106/10] [Urheberrecht, max drei Monate]; Celle MDR 09, 347 [Zulassung zu einer Schützenfestveranstaltung, Zuwarten von dreieinhalb Monaten]). Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung dient nicht als Ersatz des Hauptsacheverfahrens. Deshalb steht das Unterlassen einer rechtzeitigen Klageerhebung der Annahme eines Verfügungsgrundes erst recht entgegen (KG ZMR 14, 466). Die Eilbedürftigkeit geht nicht verloren, wenn sich der Antragsteller zunächst um eine außergerichtliche Erledigung der Streitigkeit bemüht (Frankf ZUM 13, 892 [OLG Frankfurt am Main 30.04.2013 - 16 W 21/13]). Wird das Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes vom Antragsteller zögerlich betrieben, kann gleichfalls die Dringlichkeit entfallen (BGH GRUR 17, 1017 [BGH 11.07.2017 - X ZB 2/17] Rz 85).
II. Gesetzliche Dringlichkeitsvermutung.
Rn 5
Für bestimmte Fallgruppen wird eine Gefährdung von Gesetzes wegen angenommen, weshalb eine Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes nicht erforderlich ist. Hierzu gehören bspw § 650d, § 885 I, 899 II, § 1615o III BGB, § 12 I UWG sowie §§ 2, 5 UKlaG. Die dort enthaltene Vermutung der Dringlichkeit ist aber widerleglich, wie etwa im Falle der Selbstwiderlegung, wenn der Gläubiger mit seiner Antragstellung zu lange zuwartet (KG NJW-RR 01, 1201, 1202 [KG Berlin 09.02.2001 - 5 U 9667/00]) oder das Verfahren zögerlich betreibt (BGH GRUR 17, 1017 [BGH 11.07.2017 - X ZB 2/17] Rz 85; KG GE 22, 468). Die Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks in das Grundbuch kann bei fehlender Bewilligung des Buchberechtigten in entsprechender Anwendung von § 899 II BGB nur im Wege der einstweiligen Verfügung erzwungen werden (BGH NJW 13, 2357 [BGH 07.03.2013 - V ZB 83/12] Rz 8).