Rn 5
Die Aufzählung in § 938 II ist nicht abschließend (›auch‹), sondern nennt nur eine Reihe praxisrelevanter Maßnahmen.
I. Sequestration.
Rn 6
Hierunter ist die Sicherstellung, Verwahrung und Verwaltung einer Sache (BGHZ 146, 17, 20 = NJW 01, 434; 172, 98 Rz 11 = NJW-RR 08, 487; Kobl MDR 81, 855; München MDR 84, 62), einer Forderung oder Vermögensmasse zu verstehen. Auch ein Handelsgeschäft oder ein gewerbliches Unternehmen kann der Sequestration unterliegen (LG Göttingen MDR 58, 246 [OLG München 01.08.1957 - 7 W 1240/57]; MüKoZPO/Drescher Rz 30; Zö/Vollkommer Rz 3). Sie ist keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung, sondern beruht auf einem privatrechtlichen Sequestrationsvertrag (BGHZ 146, 17, 20 = NJW 01, 434). Das Gericht des einstweiligen Rechtsschutzes bestimmt die Person des Sequesters und seinen Aufgabenbereich. Zweckmäßigerweise erfolgt die Bestellung des Sequesters durch gesonderten Beschluss, der der sofortigen Beschwerde unterliegt (Karlsr Justiz 89, 190; Zö/Vollkommer Rz 9). Die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers als Sequester ist keine ihm kraft seines Gerichtsvollzieheramtes zugewiesene Aufgabe. Er ist deshalb zur Übernahme des Sequesteramtes nicht verpflichtet (§ 195 Nr 2 S 3 GVGA; Noack JR 63, 295, 297). Der Sequester selbst ist kein Vollstreckungsorgan iSd ZPO. Deswegen hat er auch keine staatlichen Zwangsbefugnisse ggü dem Schuldner. Er ist somit nicht schon kraft seines Amtes als Sequester befugt, die zu sequestrierende Sache gegen den Willen des Schuldners wegzunehmen (Gleußner DGVZ 96, 33, 35). Die Wegnahme des Sequestrationsobjektes fällt vielmehr in den hoheitlichen Bereich der Vollziehung der einstweiligen Verfügung und obliegt daher dem Gerichtsvollzieher kraft seines Amtes (BGHZ 146, 17, 20 = NJW 01, 434). Dabei handelt der Gerichtsvollzieher in Ausübung öffentlicher Gewalt. Durch ihn als sein Organ übt der Staat als alleiniger Träger der Vollstreckungsgewalt sein Zwangsmonopol in hoheitlicher Weise aus (BVerfGE 61, 126, 136 = DB 83, 108; BGHZ 146, 17, 20 = NJW 01, 434; 162, 143, 148 = NJW 05, 1121; Zö/Stöber vor § 704 Rz 1). Mit der Übergabe an den Sequester ist die Vollziehung beendet (vgl § 195 Nr 2 S 2 GVGA; Gleußner DGVZ 96, 33, 35); zugleich beginnt die Sequestration (BGHZ 146, 17, 20 = NJW 01, 434). Aus der Sequestration kann sich eine Vertretungsmacht zu Gunsten des Sequesters ergeben, mittels der er für den Rechtsinhaber handeln kann; soweit keine gegenteilige Anordnung des Prozessgerichts vorliegt, folgt dies aus der privatrechtsgestaltenden Wirkung der Sequestrationsanordnung (BGHZ 172, 98 Rz 14 = NJW-RR 08, 487).
II. Veräußerungs- und Verfügungsverbote.
Rn 7
Veräußerungs- und Verfügungsverbote können gleichfalls Gegenstand einer einstweiligen Verfügung sein, zumal der Gläubiger hierdurch kein Recht an der Sache selbst zugewiesen erhält. Die Wirkungen ergeben sich aus §§ 135, 136 BGB, wonach die verbotswidrig vorgenommene Verfügung dem Gläubiger ggü relativ unwirksam ist (BGHZ 172, 360 Rz 12 = NJW 08, 376 zu § 135 BGB). Um einen gutgläubigen Erwerb auszuschließen, muss zugleich die Eintragung des Verfügungsverbots in das Grundbuch, ggf über § 941, veranlasst werden. Treten richterliche Verfügungsverbote zum Schutz unterschiedlicher Gläubiger gegeneinander in Wettbewerb, so ist das später wirksam gewordene Verbot ggü dem durch ein älteres Verbot geschützten Gläubiger relativ unwirksam (BGHZ 172, 360 Rz 13 = NJW 08, 376). Bei beweglichen Sachen lässt sich der gutgläubige Erwerb nicht sicher ausschließen. Deshalb kann es hier empfehlenswert sein, anstelle eines Veräußerungsverbots die Hinterlegung oder Verwahrung der Sache zu beantragen (MüKoZPO/Drescher Rz 40; St/J/Grunsky Rz 25).
III. Erwerbsverbot.
Rn 8
Dem Veräußerungsverbot steht das von der Rspr seit langem anerkannte Erwerbsverbot gleich (RGZ 117, 287, 290 f; 120, 118, 119 f; BayObLG NJW-RR 97, 913, 914; KG MDR 94, 727; Hamm NJW-RR 01, 1086). Ist ein Grundstückskaufvertrag formnichtig und droht die Heilung des Formmangels über § 311b I 2 BGB, kann der Grundstückseigentümer und Verkäufer im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung des Käufers durch ein Erwerbsverbot selbst dann zu verhindern suchen, wenn der Eintragungsantrag bereits beim Grundbuchamt gestellt ist (RGZ 117, 287, 290; 120, 118, 119 f; BayObLG NJW-RR 97, 913, 914; KG MDR 94, 727; Hamm NJW-RR 01, 1086; Naumbg OLGR 03, 483). Das Erwerbsverbot ist nicht im Grundbuch eintragungsfähig (Schuschke/Walker/Schuschke Rz 33; Zö/Vollkommer Rz 13), muss aber vom Grundbuchamt beachtet werden, sobald es ihm bekannt wird (RGZ 117, 287, 291; BayObLG NJW-RR 97, 913, 914 [BayObLG 31.01.1997 - 2 ZBR 7/97]; KG MDR 94, 727 [KG Berlin 16.03.1994 - 24 U 335/94]; Hamm NJW-RR 01, 1086 [OLG Hamm 07.09.2000 - 22 U 18/00]; Naumbg OLGR 03, 483).