1. Klage auf Räumung von Wohnraum.
Rn 29
Voraussetzung ist, dass es sich um einen Rechtsstreit auf Räumung von Wohnraum handelt. Dass ein Mietverhältnis besteht, ist nicht erforderlich. Die Vorschrift gilt also auch dann, wenn sich im Rechtsstreit herausstellt, dass zwischen den Parteien kein Mietverhältnis zustande gekommen ist. Erst recht ist die Vorschrift anwendbar, wenn über den Wohnraum ein anderes Vertragsverhältnis geschlossen worden ist, etwa ein Pachtverhältnis. Auch dann, wenn der bestehende Mietvertrag als gewerbliches Mietverhältnis zu qualifizieren ist, die Räume aber tatsächlich zum Wohnen benutzt werden, ist § 93b III anzuwenden (Köln NJWE-MietR 96, 246 = WuM 97, 336 [OLG Köln 01.07.1996 - 2 W 102/96]). Nicht erforderlich ist, dass der Kl als Vermieter gekündigt hat. Die Vorschrift des § 93b III ist auch dann anwendbar, wenn der Beklagte als Mieter selbst gekündigt hat, später aber dann erkennt, dass er noch eine Räumungsfrist benötigt (LG Freiburg WuM 96, 716).
2. Anerkenntnisurteil mit Räumungsfristbewilligung.
Rn 30
Dem Räumungsanspruch muss durch Anerkenntnis stattgegeben worden sein. Gleichzeitig muss dem Beklagten eine Räumungsfrist bewilligt worden sein (§ 721). Ergeht lediglich ein Anerkenntnisurteil ohne Bewilligung einer Räumungsfrist kann allerdings § 93 in Betracht kommen.
3. Sofortiges Anerkenntnis.
Rn 31
Das Anerkenntnis, das zu dem Anerkenntnis auf Räumung geführt hat, muss ein sofortiges gewesen sein. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei § 93. Die Erklärung der Verteidigungsbereitschaft gegen die Räumungsklage steht einem sofortigen Anerkenntnis des Räumungsanspruchs in der darauffolgenden Klageerwiderung nicht entgegen (LG Stuttgart WuM 04, 620 [LG Stuttgart 17.08.2004 - 19 T 165/04]; LG Bonn Beschl v 26.1.04 – 6 T 21/04 – juris; LG Köln WuM 96, 567 = ZMR 97, 29).
Wird der Räumungsanspruch erst während des Prozesses begründet oder fällig, genügt es für ein sofortiges Anerkenntnis, wenn dieses nach Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen oder der Fälligkeit erklärt wird. Insoweit kann auch nach einem Einspruch gegen ein Räumungs-Versäumnisurteil (LG Kiel WuM 93, 550) und auch noch im Berufungsverfahren (LG Karlsruhe WuM 93, 461) sofort anerkannt werden.
Beispiel:
Die Vermieter sind Eheleute. Der Ehemann kündigt alleine das Mietverhältnis und erhebt Klage. Während des Rechtsstreits wird die Kündigung von beiden Eheleuten nachgeholt.
Bei Klageerhebung lag eine unzulässige Teilkündigung vor, die nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses führte. Erst mit Ausspruch der erneuten Kündigung durch beide Vermieter lag eine wirksame Kündigung vor, so dass hiernach noch sofort anerkannt werden konnte.
4. Vorgerichtliches vergebliches Verlangen.
Rn 32
Der Beklagte muss vorgerichtlich die Fortsetzung des Mietverhältnisses oder eine den Umständen angemessene Räumungsfrist von dem Kl vergeblich verlangt haben.
Unschädlich ist es, wenn der Mieter vorprozessual ›Kündigungswiderspruch‹ eingelegt, sich aber aus dem Widerspruchsschreiben jedoch – inhaltlich eindeutig – ergibt, dass unter grundsätzlicher Anerkennung der Vermieterkündigung – im Ergebnis berechtigt – nur eine Räumungsfrist begehrt wird (LG Köln NZM 98, 663 [LG Köln 10.06.1998 - 1 T 207/98] = WuM 98, 499 = DWW 98, 345). Erforderlich ist, dass der Beklagte vorgerichtlich zu erkennen gegeben hat, dass er eine Fortsetzung des Mietverhältnisses wünscht oder zumindest eine angemessene Räumungsfrist benötigt. Erforderlich ist insoweit auch, dass die Gründe für das Fortsetzungsverlangen bzw die Räumungsfrist vorgerichtlich dargelegt wurden und dass die vorgerichtlich dargelegten Gründe für sich auch ausreichend waren, die Räumungsfrist zu bewilligen. Wird außergerichtlich ohne weitere Begründung eine Räumungsfrist beantragt und diese dann erst im Rechtsstreit begründet, ist § 93b III nicht anwendbar, da der Kl vorgerichtlich nicht die Begründetheit des Räumungsfristverlangens hat erkennen können.
Der Mieter wird im Zweifel auch angeben müssen, wann er gedenkt, auszuziehen, also wie lange die beantragte Räumungsfrist sein soll. Die Anforderungen an die genaue Benennung eines Auszugstermins richten sich nach den Bedingungen des örtlichen Wohnungsmarkts, auf den der Mieter zur Anmietung einer Ersatzwohnung nach seinen Verhältnissen angewiesen ist (AG Freiburg WuM 94, 551).
Die Ermessensvorschrift des § 93b III ist nicht zum Nachteil des Vermieters anzuwenden, wenn der Mieter einen konkreten Auszugstermin nicht glaubhaft darlegt, so dass der Vermieter nicht davon ausgehen kann, dass der Mieter spätestens am Ende der begehrten Räumungsfrist auszieht. Es ist ihm dann nicht zuzumuten, mit der Räumungsklage abzuwarten (LG Frankenthal WuM 93, 547).
Ist der Mieter aufgrund Mietaufhebungsvertrages zur Räumung verpflichtet, so genügt es nicht den Anforderungen an das Begehren einer über den vertraglich vereinbarten Termin hinaus zu gewährenden angemessenen Räumungsfrist, dass der Mieter ohne Benennung eines konkreten Zeitpunkts der Räumung eine Räumungsfrist verlangt (AG Langenfeld WuM 93, 459).
§ 93b III dagegen bleibt anwendbar, wenn der Mieter im Rechtsstreit berechtigterweise eine weitere Räumungsfrist ve...