Rn 4
Er ist in bestimmtem Umfang an in Rechtskraft erwachsene Vorentscheidungen des Hauptsache- oder Anordnungsverfahren gebunden:
1. Rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache.
Rn 5
Bei seiner Beurteilung, ob die Anordnung der einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt iSd § 945 Alt 1 war, ist der Schadensersatzrichter an eine Entscheidung in der Hauptsache im Umfang ihrer Rechtskraft gebunden (BGHZ 122, 172, 175 – Verfügungskosten = NJW 93, 2685; NJW 88, 3268, 3269; NJW-RR 92, 998, 1001 – Roter mit Genever; NJW-RR 23, 1125 [BGH 21.04.2023 - V ZR 86/22] Rz 18; Karlsr GRUR 84, 156, 157). Diese Bindungswirkung beruht auf der materiellen Rechtskraft (§ 322 I) der Hauptsacheentscheidung. Sie erstreckt sich auf die Feststellungen zum Anordnungsanspruch, nicht aber auf die zum Anordnungsgrund, auf die es im Hauptsacheverfahren nicht ankommt (Teplitzky/Schwippert Kap 36 Rz 15). Gleiches gilt für andere Prozessvoraussetzungen des Anordnungsverfahrens, weil auch diese nicht Gegenstand des Hauptsacheverfahrens sind. Ist das Hauptsacheverfahren ohne eine der Rechtskraft fähige Entscheidung zum Streitgegenstand abgeschlossen worden, ist der Schadensersatzrichter bei der Prüfung des Schadensersatzbegehrens gem § 945 Alt 1 frei. Dies gilt auch für einen Kostenbeschluss gem § 91a, weil nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien über die Hauptsache gerade nicht mehr zu entscheiden ist (BGH NJW-RR 92, 998, 1001 [BGH 28.11.1991 - I ZR 297/89] – Roter mit Genever).
2. Rechtskräftige Entscheidungen des Anordnungsverfahrens.
Rn 6
Der Schadensersatzrichter ist ferner an rechtskräftige Entscheidungen des Anordnungsverfahrens gebunden, die – bejahend oder verneinend – über den Anordnungsgrund entschieden haben. Gleiches gilt, wenn durch rechtskräftige Entscheidung im Anordnungsverfahren die einstweilige Rechtsschutzmaßnahme wegen Fehlens des Anordnungsanspruchs als von Anfang an unbegründet aufgehoben oder eine solche Aufhebungsentscheidung bestätigt wird (BGHZ 62, 7, 10 = NJW 74, 642, 643; 88, 3268, 3269; 92, 2297, 2298; G. Fischer FS Merz, 1992, 81, 85 f; aA Karlsr GRUR 84, 156; KG NJW-RR 87, 448 [KG Berlin 08.07.1986 - 5 U 1397/85]; Frankf WRP 04, 1196 [OLG Frankfurt am Main 04.03.2004 - 6 U 171/02]; MüKoZPO/Drescher Rz 16 ff; Musielak/Voit/Huber Rz 3; Zö/Vollkommer Rz 9; Ahrens FS Piper, 1996, 31, 36). Der I. ZS hat diese Frage bislang offengelassen (BGH GRUR 98, 1010, 1011 – WINCAD; GRUR 16, 720 [BGH 19.11.2015 - I ZR 109/14] Rz 14 – Hot Sox). Beschlussverfügungen haben keine Bindungswirkung (BGH NJW 88, 3268, 3269 [BGH 07.06.1988 - IX ZR 278/87]). Gleiches gilt für Versäumnis- oder Verzichtsurteile ohne Begründung (BGH GRUR 98, 1010, 1011 [BGH 15.01.1998 - I ZR 282/95] – WINCAD).