Rn 6

Sind nach Art 6 EuKoPfVO die deutschen Gerichte international zuständig, weist § 946 I S 1 die örtliche und sachliche Zuständigkeit dem Gericht der Hauptsache zu. Dabei handelt es sich um einen ausschließlichen Gerichtsstand (§ 802). Die Vorschrift ist angelehnt an § 919 Var 1 und § 930 I S 3 (BTDrs 18/7560 S 41). Von einer § 919 Var 2 entsprechenden Regelung der Zuständigkeit auch des AG, in dessen Bezirk sich das zu pfändende Konto befindet, hat der Gesetzgeber ausdrücklich abgesehen, um der Gefahr widersprechender Entscheidungen in grenzüberschreitenden Sachverhalten zu begegnen. Die Bedeutung einer solchen Zuständigkeit sei zudem gering, weil der Gläubiger häufig erst durch das Verfahren nach Art 14 EuKoPfVO erfahre, bei welcher Bank der Schuldner ein Konto führe (BTDrs 18/7560 S 41).

 

Rn 7

Ausdrücklich abgesehen hat der Gesetzgeber auch von einer Zuständigkeit des AG als Vollstreckungsgericht. Das Vollstreckungsgericht soll auch dann nicht nach Maßgabe der EuKoPfVO tätig werden, wenn der Gläubiger schon über einen (rechtskräftigen) Vollstreckungstitel verfügt. Begründet wird dies mit der in jeden Fall vorzunehmenden Risikoprüfung nach Art 7 I EuKoPfVO und besonderen, über die nationale Forderungsvollstreckung hinausgehenden Fragestellungen. Dem Gläubiger bleibt es jedoch unbenommen, nach nationalem Recht beim hierfür zuständigen Vollstreckungsgericht die Sicherungsvollstreckung nach § 720a oder die Regelvollstreckung nach den §§ 828 ff zu beantragen (BTDrs 18/7560 S 41).

 

Rn 8

Welches Gericht in der Hauptsache zur Entscheidung berufen ist, richtet sich im Blick auf die örtliche Zuständigkeit nach den §§ 12 ff. Unter mehreren Gerichtsständen hat der Gläubiger die Wahl (§ 35). Die sachliche Zuständigkeit bestimmt der Streitwert der Hauptsache, wenn nicht ein Gericht streitwertunabhängig zuständig ist. Dem Verweis in § 946 I S 2 auf § 943 I lässt sich entnehmen, dass Gericht der Hauptsache im Grundsatz dasjenige des ersten Rechtszugs ist. Dabei kann es sich auch um das Mahngericht handeln (Köln Beschl v 18.1.22 – 8 AR 54/21; Schlesw Beschl v 15.2.22 – 2 AR 37/21 LG Freiburg, Beschl v 20.8.18 – 5 O 269/18, juris). Das wird auch zu § 919 vertreten (etwa MüKoZPO/Drescher § 919 Rz 7; aA Zö/Vollkommer § 919 Rz 4; s.a. Hamm, Beschl v 10.4.17 – 32 SA 28/17, juris) und entspricht der Auslegung der EuKoPfVO durch den EuGH (Urt v 7.11.19 – C-555/18 = ECLI:EU:C:2019:937). Das Berufungsgericht ist das Gericht der Hauptsache ab der Einlegung der Berufung bis zur Rechtskraft des Berufungsurteils, Revisionseinlegung oder Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde. Das Revisionsgericht ist zu keinem Zeitpunkt Gericht der Hauptsache iSd § 946 I (vgl hierzu § 943 Rn 2). Weil § 943 I nur auf die Anhängigkeit der Hauptsache und nicht auch auf die Zuständigkeit abstellt, muss das Gericht vor Erlass des Beschlusses zur vorläufigen Pfändung im Grundsatz nicht prüfen, ob es in der anhängigen Hauptsache örtlich und sachlich zuständig ist (Musielak/Voit/Huber § 943 Rz 3f). In entsprechender Anwendung des § 944 kann der Vorsitzende anstatt des Gerichts entscheiden.

 

Rn 9

Beantragt ein Gläubiger die vorläufige Kontenpfändung auf Grund einer bereits erwirkten öffentlichen Urkunde, in welcher der Schuldner verpflichtet worden ist, die Forderung zu erfüllen, und die vollstreckbar ist (vgl EuGH Urt v 7.11.19 – C-555/18 = ECLI:EU:C:2019:937), ist nach § 946 II das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Urkunde errichtet worden ist. Die sachliche Zuständigkeit soll sich (allein) nach dem Streitwert richten (BTDrs 18/7560 S 42). Auf die Art der durch öffentliche Urkunde titulierten Forderung und eine daraus möglicherweise folgende streitwertunabhängige gerichtliche Zuständigkeit, käme es demnach nicht an. Obwohl es an einem ausdrücklichen Verweis fehlt, sollte entsprechend § 944 auch hier der Vorsitzende anstatt des Gerichts entscheiden können.

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