Gesetzestext
(1) Zuständige Auskunftsbehörde gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 für die Einholung von Kontoinformationen ist das Bundesamt für Justiz.
(2) Zum Zweck der Einholung von Kontoinformationen nach Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 darf das Bundesamt für Justiz das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 der Abgabenordnung bezeichneten Daten abzurufen (§ 93 Absatz 8 der Abgabenordnung).
(3) Das Bundesamt für Justiz protokolliert die eingehenden Ersuchen um Einholung von Kontoinformationen gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014. Zu protokollieren sind ebenfalls die Bezeichnung der ersuchenden Stelle eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Abruf der in § 93b Absatz 1 der Abgabenordnung bezeichneten Daten und der Zeitpunkt des Eingangs dieser Daten sowie die Weiterleitung der eingegangenen Daten an die ersuchende Stelle. Das Bundesamt für Justiz löscht den Inhalt der eingeholten Kontoinformationen unverzüglich nach deren Übermittlung an die ersuchende Stelle; die Löschung ist zu protokollieren.
Rn 1
Nicht selten befindet sich der Gläubiger über die Bankverbindung(en) des Schuldners im Unklaren. Es fehlt ihm an Informationen, die eine Identifizierung des oder der vorläufig zu pfändenden Konten ermöglichen. Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gezielt Vermögenswerte in das EU-Ausland verschiebt, um sie dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen. Vor diesem Hintergrund kann der Gläubiger nach Art 14 EuKoPfVO bei dem zur vorläufigen Kontenpfändung zuständigen Gericht beantragen, die Auskunftsbehörde des Vollstreckungsmitgliedsstaats um Einholung der erforderlichen Konteninformationen (Name und Anschrift der Bank, IBAN, BIC oder eine vergleichbare Banknummer) zu ersuchen. Der Antrag ist begründet, wenn der Gläubiger über einen vollstreckbaren Schuldtitel verfügt, Grund zu der Annahme besteht, dass der Schuldner ein oder mehrere Konten bei einer Bank in einem bestimmten Mitgliedstaat unterhält und alle (übrigen) Bedingungen und Anforderungen für den Erlass eines Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung erfüllt sind. Nach Art 14 I UnterAbs 2 EuKoPfVO reicht unter den dort näher bestimmten Voraussetzungen auch ein noch nicht vollstreckbarer Schuldtitel aus. Art 14 V EuKoPfVO eröffnet den Mitgliedstaaten die Wahl aus verschiedenen Methoden für die Einholung der Konteninformationen. § 948 bestimmt die Methode und die zuständige Auskunftsbehörde.
Rn 2
Nach § 948 I ist das Bundesamt für Justiz die zentral zuständige Auskunftsbehörde für die Einholung von Konteninformationen. Von der Einrichtung dezentraler Auskunftsbehörden hat der Gesetzgeber aus Gründen der Sachnähe abgesehen, weil zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens nicht feststeht, in welchem Bundesland oder Amtsgerichtsbezirk das vorläufig zu pfändende Konto geführt wird, und der Schuldner nicht zwangsläufig im Inland seinen Wohnsitz hat (BTDrs 18/7560 S 42). Da eine grenzüberschreitende Rechtssache iSd EuKoPfVO auch dann vorliegt, wenn der Gläubiger seinen Wohnsitz nicht in dem Mitgliedstaat hat, in dem das vorläufig zu pfändende Konto geführt wird (Art 3 I lit b EuKoPfVO), kann das Bundesamt für Justiz auch durch ein deutsches Gericht um Auskunft ersucht werden. § 948 II bestimmt die Methode für die Einholung der Konteninformationen. Das Bundesamt für Justiz wird ermächtigt, das Bundeszentralamt für Steuern um den Abruf der von den Kreditinstituten vorgehaltenen Daten iSv § 93b I AO zu ersuchen (zum Missbrauchspotenzial des Datenabrufs vgl Kreutz Rpfleger 16, 513; Häcker WM 12, 2185).
Rn 3
Das Bundesamt für Justiz ist datenschutzrechtlich zuständig für die Zulässigkeit des Datenabrufs und der Datenübermittlung (vgl BTDrs 18/7560 S 42). Art 47 EuKoPfVO und § 93 IX und X AO sollen zu berücksichtigen sein, wobei § 93 IX S 2 durch Art 14 VIII EuKoPfVO mit Blick auf die Benachrichtigung des Schuldners modifiziert wird. § 948 III enthält weitere datenschutzrechtliche Anforderungen.