Gesetzestext
(1) Ein im Inland erlassener Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung wird nach Artikel 10 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 durch Beschluss widerrufen.
(2) Zuständige Stelle, an die gemäß Artikel 10 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 das Widerrufsformblatt zu übermitteln ist, ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder stattgefunden hat. Ist ein in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erlassener Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Inland zu vollziehen, hat das Amtsgericht nach Satz 1 den Beschluss, durch den das Gericht den Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung widerrufen hat, der Bank im Sinne des Artikels 4 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 zuzustellen.
Rn 1
§ 949 ergänzt Art 10 EuKoPfVO. Nach dieser Vorschrift muss der Gläubiger, der vor der Einleitung eines Verfahrens in der Hauptsache einen Antrag auf Erlass eines Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung gestellt hat, das Hauptsacheverfahren binnen einer bestimmten Frist einleiten und die Einleitung des Verfahrens nachweisen, da es sich insoweit um ein Instrument des einstweiligen Rechtsschutzes handelt (Art 10 I EuKoPfVO: innerhalb von 30 Tagen nach Einreichung des Antrags bzw von 14 Tagen nach dem Erlass des Beschlusses). Geht der Nachweis über die Einleitung des Hauptsacheverfahrens nicht rechtzeitig ein, wird der Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung widerrufen oder er endet und die Parteien werden entsprechend unterrichtet. Dabei sind drei Konstellationen denkbar. Die Bundesrepublik Deutschland kann Ursprungs- oder Vollstreckungsmitgliedstaat sein. In den Fällen, in denen der Gläubiger seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat (vgl Art 3 I lit b EuKoPfVO) kann Deutschland sowohl Ursprungs- als auch Vollstreckungsmitgliedstaat sein.
Rn 2
§ 949 I betrifft die Fälle, in denen die Bundesrepublik Deutschland Ursprungsmitgliedstaat oder Ursprungs- und Vollstreckungsmitgliedstaat ist. In beiden Fällen widerruft das Gericht den von ihm erlassenen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung durch Beschluss, der gemäß § 329 III zuzustellen ist. Mit Zustellung verliert die vorläufige Kontenpfändung ihre Wirkung (BTDrs 18/7560 S 43). Insoweit unterscheidet sich das Verfahren von den Arrestvorschriften, die eine Aufhebung des Arrests durch Endurteil vorsehen (§ 926 II). Ist die Bundesrepublik Deutschland zugleich Vollstreckungsmitgliedstaat, richtet sich auch die Ausführung des Beschlusses nach deutschem Recht. Danach wird der Widerruf sofort mit der Bekanntgabe wirksam, auch wenn die Bank noch keine Kenntnis hat. Es obliegt dem Schuldner, die Bank als Drittschuldnerin über den Widerruf zu informieren (BTDrs 18/7560 S 43). Ist die Bundesrepublik Deutschland nur Ursprungsmitgliedstaat, übermittelt das Gericht den Widerruf zusätzlich gem. Art 29 EuKoPfVO der zuständigen Behörde des Vollstreckungsmitgliedstaats. Dabei ist das Widerrufsformblatt zu verwenden (Art 10 II UnterAbs 3 EuKoPfVO).
Rn 3
§ 949 II regelt den Fall, dass ein im Ausland erlassener Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung widerrufen wird und der Widerruf im Inland durchzuführen ist, die Bundesrepublik Deutschland also nur Vollstreckungsmitgliedstaat ist. Zuständig ist dann das AG, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder stattgefunden hat. An dieses wird die Widerrufsentscheidung gem. Art 29 EuKoPfVO übermittelt. Das AG hat die Entscheidung sodann der betroffenen Bank zuzustellen.