I. Die Säumnisfälle.
Rn 2
§ 95 ist zum einen anwendbar, wenn die Partei einen Termin oder eine Frist versäumt. Ein Verschulden ist hier nicht erforderlich.
Unter Termin nach 95 ist jeder Termin iSd §§ 214 ff zu verstehen, also ein Verhandlungstermin, ein Gütetermin (§ 278 IV), ein Erörterungstermin, ein Termin vor dem ersuchten Richter (zB nach § 278 V), ein Beweisaufnahmetermin etc. Auch ein Termin iRd gerichtsnahen Mediation dürfte hierunter fallen. Ebenso zählt hierzu ein von einem gerichtlichen Sachverständigen anberaumter Termin (Schleswig SchlHA 75, 135 = KostRsp § 3 Nr 3).
Voraussetzung ist, dass eine ordnungsgemäße Terminsladung vorliegt, dass also die Formalien in Ordnung sind und insb eine ordnungsgemäße Zustellung vorliegt.
Versäumt ist ein Termin, wenn die Partei bis zum Schluss nicht erscheint oder nicht verhandelt (§ 220 II).
Unter Frist iSd § 95 fallen alle gesetzlichen oder richterlichen Fristen. Voraussetzung ist auch hier selbstverständlich, dass die Frist ordnungsgemäß bestimmt war und dass die Formalien, Zustellung etc. in Ordnung sind.
In den Säumnisfällen, also bei Versäumung eines Termins oder einer Frist ist kein Verschulden erforderlich. Die bloße Säumnis reicht aus, um die entsprechende Kostenfolge auszulösen. Zurückhaltung ist allerdings insoweit geboten, als im Fall eines Anspruchs auf Terminsverlegung oder Fristverlängerung, dem das Gericht hätte stattgeben müssen, die Kostenfolge nicht ausgelöst wird, zB, wenn sich das Gericht geweigert hatte, einen begründeten Terminsverlegungsantrag nach § 227 zu bescheiden oder es einen solchen Antrag übersehen hat.
Selbst wenn kein Verschulden erforderlich ist, muss auch hier die Möglichkeit bestehen, sich zu entlasten, etwa wenn die Partei aufgrund höherer Gewalt gehindert war, den Termin wahrzunehmen, also wenn ihr letztlich wiederum ein Anspruch auf Terminsverlegung zustand.
II. Verschuldensfälle.
Rn 3
Darüber hinaus können die Kosten gesondert einer Partei auferlegt werden, wenn sie
- die Verlegung eines Termins,
- die Vertagung einer Verhandlung,
- die Anberaumung eines Termins zur Fortsetzung der Verhandlung oder
- die Verlängerung einer Frist
durch ihr Verschulden veranlasst hat. Im Gegensatz zu dem Säumnisfällen ist hier ein Verschulden der Partei erforderlich.
Rn 4
Voraussetzung ist, dass ein Termin verlegt werden musste, dass die Verhandlung vertagt werden musste, also mit ihr erneut begonnen werden musste, dass sich die Notwendigkeit ergab, die Verhandlung in einem weiteren Termin fortzusetzen, oder dass die Verlängerung einer Frist notwendig wurde.
Rn 5
In diesen Fällen kommt eine Kostentragungspflicht der Partei nur in Betracht, wenn sie den neuen Termin oder die Fristverlängerung verschuldet hat. Insoweit gilt der Verschuldensbegriff des § 276 BGB, wobei hinsichtlich der Fahrlässigkeit auf die nach prozessrechtlichen Kriterien zu beurteilende, der Partei obliegende Sorgfalt abzustellen ist (HK-ZPO/Gierl § 95 Rz 5). Die Partei hat sich das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen zu lassen (§§ 51 II, 85 II). Kann sie die Fristversäumung entschuldigen, kommt die Anwendung des § 95 nicht in Betracht (Celle AnwBl 71, 316). Insoweit muss auch berücksichtigt werden, dass das Gericht eine Prozessförderungspflicht trifft und es Maßnahmen zu ergreifen hat – etwa durch nachträgliche Ladung von nachbenannten Zeugen, Schriftsatznachlässe etc –, um dem Entstehen von Mehrkosten vorzubeugen. Ein Verschulden ist daher nicht gegeben, wenn einer Partei Schriftsätze des Gegners nicht bekannt gegeben worden sind (Brandbg JurBüro 23, 25).