Gesetzestext
(1) Über den Rechtsbehelf des Schuldners gegen einen im Inland erlassenen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung nach Artikel 33 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 (Widerspruch) entscheidet das Gericht, das den Beschluss erlassen hat. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für den Widerspruch des Schuldners gemäß Artikel 33 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 gegen die Entscheidung nach Artikel 12 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014.
(2) Über den Rechtsbehelf des Schuldners wegen Einwendungen gegen die Vollziehung eines Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung im Inland nach Artikel 34 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 entscheidet das Vollstreckungsgericht (§ 764 Absatz 2). Für den Antrag nach Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 gelten § 906 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und § 907 entsprechend.
(3) Über Rechtsbehelfe, die nach Artikel 35 Absatz 3 und 4 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 im Vollstreckungsmitgliedstaat eingelegt werden, entscheidet ebenfalls das Vollstreckungsgericht. Sofern nach Artikel 35 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 das Gericht zuständig ist, das den Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung erlassen hat, ergeht die Entscheidung durch Beschluss.
(4) Zuständige Stelle ist in den Fällen des Artikels 36 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder stattgefunden hat. Dieses hat den Beschluss der Bank zuzustellen.
I. Normzweck und Regelungszusammenhang.
Rn 1
Die Art 33–35 EuKoPfVO regeln verschiedene Rechtsbehelfe vornehmlich für den Schuldner. Das Verfahren für die Rechtsbehelfe regelt Art 36 EuKoPfVO. § 954 trifft ergänzende Bestimmungen. Es ist zu berücksichtigen, dass der Schuldner durch die Rechtsbehelfe nach den Art 33–35 EuKoPfVO erstmals Gelegenheit erhält, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Deshalb und weil die Entscheidung über einen Rechtsbehelf des Schuldners eine erstmalige Beschwer für den Gläubiger begründen kann, ist es gerechtfertigt, dass jede Entscheidung, die in Anwendung der Art 33–35 EuKoPfVO ergeht, nach Art 37 EuKoPfVO noch einmal gesondert rechtsbehelfsfähig ist. Dies unterscheidet die Art 33–35 EuKoPfVO von Art 21 EuKoPfVO (vgl dazu § 953 Rn 1) und macht die Rechtsbehelfe der EuKoPfVO insgesamt mit denen im Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Arrests vergleichbar.
Rn 2
Die Rechtsbehelfe nach den Art 33–35 EuKoPfVO lassen sich wie folgt einteilen: Nach Art 33 I EuKoPfVO kann sich der Schuldner ähnlich einem Widerspruch nach § 924 gegen den Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung an sich wenden; dies setzt voraus, dass einer der enumerativ in Art 33 I lit a–g EuKoPfVO genannten Gründe gegeben ist. Gem. Art 33 II EuKoPfVO kann er zudem geltend machen, das zuständige Gericht im Ursprungsmitgliedstaat habe Art 12 EuKoPfVO falsch angewandt und zu Unrecht keine oder eine zu geringe Sicherheit von dem Gläubiger verlangt. Ein eigenständiger Rechtsbehelf des Gläubigers gg die Entscheidung über die Sicherheitsleistung ist dagegen nicht gegeben. Art 34 EuKoPfVO bietet Rechtsbehelfe gegen die Vollstreckung des Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung. Art 35 EuKoPfVO schließlich ermöglicht für Schuldner und Gläubiger die Geltendmachung veränderter Umstände in verschiedenen Varianten, was Parallelen zu § 927 aufweist.
II. Einzelheiten.
Rn 3
§ 954 I betrifft die Rechtsbehelfe des Schuldners nach Art 33 I und II EuKoPfVO; 2022 wurden insoweit vor den AG 4 und vor den LG ein Verfahren durchgeführt (Statistisches Bundesamt, Statistischer Bericht – Zivilgerichte – 2022). Zuständig ist nach dem Wortlaut der Vorschrift das Gericht, das den Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung erlassen hat. Der nationale Gesetzgeber wollte sich insoweit an § 924 orientieren (BTDrs 18/7560 S 45). Er hat dabei möglicherweise übersehen, dass sowohl der Arrestbeschluss als auch der Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung erstmals auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen die ablehnende Entscheidung des Erstgerichts vom Beschwerdegericht erlassen werden können. Dass der Schuldner rechtliches Gehör erstmals vor dem Beschwerdegericht erlangt, wird im Arrestverfahren nach ganz hM dadurch vermieden, dass über den Widerspruch des Schuldners gleichwohl das Erstgericht entscheidet (vgl hierzu § 924 Rn 8). Wollte man diese Lösung auch für das Verfahren auf Erlass eines Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung vertreten, müsste man sich über den Wortlaut des § 954 I hinwegsetzen. Entscheidungen über Rechtsbehelfe nach Art 33 I und II ergehen stets durch gem. § 329 III zuzustellenden Beschluss. Anders als § 924 II stellt Art 36 EuKoPfVO dem Gericht frei, ob es im schriftlichen Verfahren entscheidet oder eine mündliche Verhandlung anberaumt; Art 36 III EuKoPfVO erlaubt auch ein rein schriftliches Verfahren (BTDrs 18/7560 S 45). Die funktionelle Zuständigkeit liegt beim Rechtspfleger (§ 20 I Nr 17 Hs 2 e contr.; MüKoZPO/Lugani § 954 Rz 3).
Rn 4
§ 954 II betrifft die Rechtsbehelfe des Sch...