Gesetzestext
Erweist sich die Anordnung eines Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, der im Inland vollzogen worden ist, als von Anfang an ungerechtfertigt, so ist der Gläubiger verpflichtet, dem Schuldner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung des Beschlusses oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Freigabe der vorläufig gepfändeten Gelder oder die Beendigung der Vollstreckung zu erwirken. Im Übrigen richtet sich die Haftung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner nach Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014.
Rn 1
Art 13 I EuKoPfVO sieht eine verschuldensabhängige Haftung des Gläubigers vor für Schäden, die dem Schuldner durch den Beschluss zur vorläufigen Pfändung entstanden sind. Art 13 II EuKoPfVO regelt einige Fälle, in denen das Verschulden des Gläubigers widerleglich vermutet wird. Nach Art 13 III EuKoPfVO dürfen die Mitgliedstaaten neben diesem Mindesthaftungstatbestand andere Gründe oder Arten der Haftung oder Vorschriften zur Beweislast beibehalten oder aufnehmen. Von dieser Möglichkeit macht § 958 Gebrauch.
Rn 2
§ 958 begründet eine verschuldensunabhängige Haftung des Gläubigers nach dem Vorbild des § 945 (BTDrs 18/7560 S 46), wenn die tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass des Beschlusses zur vorläufigen Pfändung im Zeitpunkt des Erlasses nicht vorlagen. Die Haftung nach § 958 setzt die Anwendbarkeit deutschen Rechts voraus, die sich nach Art 13 IV EuKoPfVO bestimmt. Liegen die Voraussetzungen des § 958 nicht vor, richtet sich die Haftung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner nach Art 13 I und II EuKoPfVO. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung nach Art 10 EuKoPfVO aufgehoben wird, weil der Gläubiger das Hauptsacheverfahren nicht rechtzeitig eingeleitet hat (BTDrs 18/7560 S 46).
Rn 3
Bei § 958 handelt es sich um einen materiell-rechtlichen Haftungstatbestand, der aus Gründen der Sachnähe im Prozessrecht eingefügt wurde (BeckOK ZPO/Kreutz § 958 Rz 2). Erweist sich der Beschluss als ungerechtfertigt, sind dem Schuldner alle daraus kausal entstehenden Schäden zu ersetzen; insoweit kann auf die zu § 945 entwickelten Kriterien rekurriert werden (vgl dazu § 945 Rn 8). Gleiches gilt, wenn der Schuldner Sicherheit leistet, um die Freigabe der vorläufig gepfändeten Gelder oder die Beendigung der Vollstreckung zu erwirken. Eine Sicherheitsleistung, die bereits im Vorfeld eines Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung geleistet wurde, fällt dagegen nicht unter den Wortlaut der Norm. Aufgrund der nur rudimentären Regelung sind die Bestimmungen des materiellen Rechts ergänzend hinzuzuziehen. Anwendbar sind die §§ 249 ff BGB, insb § 254 BGB (vgl zur Anwendbarkeit iRv § 945: BGHZ 168, 352; 122, 172; NJW 17, 1600 Rz 25). Für die Verjährung gelten – wie auch iRv § 945 – die §§ 195, 199 I, III BGB (BeckOK ZPO/Kreutz § 958 Rz 2.2).