Rn 34

Das Gericht ›kann‹ die Kosten des erfolglosen Angriffs- oder Verteidigungsmittels der obsiegenden Partei auferlegen. Es handelt sich im Gegensatz zu den Regelungen der §§ 94, 95 nicht um eine zwingende Kostenfolge. Es steht vielmehr im freien Ermessen des Gerichts, ob es von der Vorschrift des § 96 Gebrauch macht oder nicht.

Bei seiner Ermessensausübung wird das Gericht zu berücksichtigen haben, dass es jeder Partei grds frei steht, sich umfassend zu verteidigen bzw ihren Anspruch umfassend zu begründen und sämtliche Begründungen, Einreden, Einwendungen vorzubringen und die entsprechenden Beweisanträge hierzu zu stellen. Es ist grds das Risiko einer jeder Partei, dass sie im Unterliegensfalle die Prozesskosten tragen muss. Als Ausnahmevorschrift ist § 96 daher zurückhaltend anzuwenden. Hinzu kommt, dass eine Partei im Voraus nicht wissen kann, welche Angriffs- und Verteidigungsmittel letztlich erfolgreich sein werden. Dies kann von einem nicht vorhersehbaren Ergebnis einer Beweisaufnahme abhängen, von der Beweiswürdigung des Gerichts oder auch von der Rechtsauffassung des Gerichts.

Fehlendes Verschulden an der Erfolglosigkeit steht der Normanwendung zwar nicht entgegen, ist aber neben sonstigen Gesichtspunkten bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen (AG Hamburg WuM 07, 621).

Die Anwendung des § 96 ist daher auf solche Fälle zu beschränken, in denen das Ergebnis, also die Kostenübernahme durch die unterlegene Partei unbillig wäre. Dazu gehören sicherlich solche Fälle, in denen eine Partei wider besseres Wissen bestritten hat oder bei gehöriger Sorgfalt hätte erkennen können, dass sie mit ihrem Angriffs- und Verteidigungsmittel keinen Erfolg haben wird. Eine Austrennung ist sicherlich auch dann geboten, wenn Angriffs- und Verteidigungsmittel ersichtlich nur der Prozessverschleppung dienten.

Über die Kostenfolge nach § 96 hat das Gericht von Amts wegen zu entscheiden. Ein Antrag der Gegenpartei ist nicht erforderlich. Wird er gestellt, hat er lediglich den Charakter einer Anregung.

Das Gericht sollte die obsiegende Partei darauf hinweisen, wenn es beabsichtigt, ihr nach § 96 bestimmte Kosten aufzuerlegen. Dies gebietet der Grundsatz rechtlichen Gehörs, da die Partei die Möglichkeit haben muss, zur Frage der Billigkeit Stellung zu nehmen (Anders/Gehle/Göertz ZPO § 96 Rz 10).

Die Entscheidung nach § 96 kann sich nur auf konkret ausscheidbare Kosten beziehen. Eine Quotierung ist nicht möglich. Die Kosten, die der obsiegenden Partei auferlegt werden, müssen hinreichend bestimmt sein. Dies kann dadurch erfolgen, dass sie konkret benannt werden oder so konkret beschrieben werden, dass die Festsetzungsorgane eindeutig feststellen können, welche Kosten hierunter fallen.

 

Rn 35

 

Beispiel:

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kl mit Ausnahme der Kosten des Sachverständigen X. Diese Kosten trägt der Beklagte vorab.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte mit Ausnahme der Kosten der Beweisaufnahme vom … Diese Kosten trägt der Kl.

 

Rn 36

Soweit eine Partei aus mehreren Personen besteht, können die Kosten ihnen gemeinsam auferlegt werden. Soweit die Personen als Gesamtschuldner haften, können die Kosten gesamtschuldnerisch auferlegt werden (§ 100 IV), iÜ nur nach Kopfteilen (§ 100 I). Hat ein Streitgenosse allerdings ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel alleine geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten (§ 100 III).

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