Prof. Dr. Christoph Thole
Rn 4
Urteile lassen sich nach ihrer Art systematisieren.
I. Art des Zustandekommens.
Rn 5
Im Normalfall ergeht das Urt aufgrund einer streitigen, kontradiktorisch geführten mündlichen Verhandlung. Nimmt eine Partei eine Rechtsverteidigung ggü dem gegnerischen Anspruch nicht wahr oder verfolgt sie ihre eigenen Rechte nicht weiter, so beim VU (§§ 330, 331, 334), beim Verzichts- (§ 306) und Anerkenntnisurteil (§ 307), so ergeht ein nichtstreitiges Urt.
II. Sach- und Prozessurteile.
Rn 6
Trifft das Urt eine Entscheidung über die Begründetheit des prozessualen Anspruchs, dh über den Streitgegenstand selbst, so spricht man von einem Sachurteil. Dazu gehören auch Versäumnisurteile (§ 331 Rn 3). Behandelt das Urt nur die Zulässigkeit der Klage, so liegt ein Prozessurteil vor, was hilfsweise Ausführungen des Gerichts zur Unbegründetheit der Klage aber nicht ausschließt. Zur gerichtlichen Prüfungsreihenfolge § 300 Rn 8.
III. Inhalt des Urteils.
Rn 7
Die größte Bedeutung haben Leistungsurteile. Mit ihnen wird der Beklagte zu einem Tun oder Unterlassen verurteilt. Das kann zB die Zahlung eines Geldbetrags oder die Duldung der Zwangsvollstreckung sein. Die Leistungsurteile sind der Vollstreckung zugänglich (§ 704 Rn. 3).
Rn 8
Feststellungsurteile sind im Hauptausspruch der Vollstreckung im eigentlichen Sinne nicht zugänglich. Sie bedeuten keine Rechtsänderung, sondern enthalten einen Ausspruch darüber, ob zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht, oder sie enthalten sonst einen verbindlichen Ausspruch über einen Umstand oder die Rechtslage (näher § 256). Die Entscheidung nach einseitiger Erledigungserklärung ist nach st Rspr des BGH (BGH NJW 86, 588 [BGH 06.12.1984 - VII ZR 64/84]; 94, 2363, 2364 [BGH 26.05.1994 - I ZB 4/94]; 02, 442; 08, 2580 [BGH 19.06.2008 - IX ZR 84/07] Rz 8) ein Feststellungsurteil (›Der Rechtsstreit ist erledigt.‹). Feststellungsaussprüche ergänzen häufig den Leistungsausspruch, wenn zB bei einer Verurteilung des Beklagten zum Schadensersatz festgestellt wird, dass er dem Kl auch wegen der weiteren, noch nicht spezifizierten Schadensfolgen zum Ersatz verpflichtet ist. Klagen im Bereich des Vollstreckungsrechts (§§ 767, 768, 771) sind grds keine Feststellungs-, sondern Gestaltungsklagen (Rn 9), anders bei der Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel iSd § 731 (§ 731 Rn 3) und der Vorzugsklage des § 805. Auch das Urt bei einer Musterfeststellungsklage (§ 41 VDuG) gehört zu den Feststellungsurteilen.
Rn 9
Gestaltungsurteile führen mit formeller Rechtskraft zu einer unmittelbaren Änderung der bestehenden Rechtslage für die Zukunft (zur Einführung: Schlosser Jura 86, 130; zur materiellen Rechtskraft § 322 Rn 3 ff). Sie kommen va in Betracht, wenn nur das Gericht die Rechtsmacht zur Umgestaltung der Rechtslage besitzt, dh eine gerichtliche Entscheidung konstitutive Wirkung haben soll, so zB bei Ehescheidung, Erbunwürdigkeit oder bei handels- und gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten. Zu den Gestaltungsklagen gehören die Klagen der §§ 323, 722, 767, 768, 771.
IV. Verfahrensstadium.
Rn 10
Weiter lässt sich unterscheiden nach der Bedeutung des Urt für den Fortgang des Rechtsstreits zwischen Endurteilen bzw Teilendurteilen (§§ 300, 301), Zwischenurteilen (§ 303 Rn 1) und Vorbehaltsurteilen (§ 302).