I. Unwirksamkeit der Vollstreckungsmaßnahme.
Rn 14
Fehlerbehaftet ist die Zwangsvollstreckung, wenn überhaupt nicht hätte vollstreckt werden dürfen oder wenn der Vollstreckungszugriff nicht so hätte erfolgen dürfen, wie er konkret durchgeführt wurde. In der Regel führen Mängel in der Zwangsvollstreckung nicht zur Nichtigkeit der fehlerhaften Vollstreckungsmaßnahme, sondern zu deren Anfechtbarkeit und Aufhebbarkeit mit den Rechtsbehelfen des Vollstreckungsrechts. Nur ausnahmsweise, nämlich bei besonders gravierenden und offenkundigen Fehlern ist die Vollstreckungsmaßnahme gänzlich unwirksam (BGHZ 121, 98, 102 = NJW 93, 735; Hamm Rpfleger 97, 393). Ihre Nichtigkeit ist endgültig. Sie kann nicht geheilt werden. Die Vollstreckungsmaßnahme muss idR noch einmal fehlerfrei vorgenommen werden, da eine Umdeutung des nichtigen in einen fehlerfreien Vollstreckungsakt, auch wenn deren Voraussetzungen vorliegen, wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes problematisch ist. Als besonders schwerwiegende, zur Nichtigkeit der Vollstreckungsmaßname führende Fehler werden eingeordnet: Die Außerachtlassung der Zuständigkeit des vollstreckenden Organs (etwa die Sachpfändung durch das Vollstreckungsgericht), die Vollstreckung trotz Nichtexistenz eines Vollstreckungstitels (BGHZ 112, 356, 361 = NJW 91, 496; BGHZ 70, 313, 317 = NJW 78, 943), der Vollstreckungszugriff aus einem zur konkreten Vollstreckungsmaßnahme nicht tauglichen Titel (BGHZ 121, 98 = NJW 93, 735) sowie die Außerachtlassung wesentlicher Verfahrens- und Formvorschriften (St/J/Münzberg Vor § 704 Rz 130). Beispiele sind die nicht ausreichende Kennzeichnung der Pfändung durch den Gerichtsvollzieher, die gegen § 808 II 2 verstößt oder auch die nur unbestimmte Angabe der zu pfändenden Forderung im Pfändungsbeschluss (Musielak/Voit/Lackmann Vor 704 Rz 32).
II. Anfechtbarkeit der Vollstreckungsmaßnahme.
Rn 15
Die Anfechtbarkeit der fehlerbehafteten Vollstreckungsmaßnahme ist die regelmäßige Folge einer rechtswidrigen Zwangsvollstreckung. Bis zu ihrer Aufhebung bleibt sie damit voll wirksam. Eine Aufhebung scheidet allerdings dann aus, wenn der Gläubiger aufgrund der fehlerhaften Vollstreckungsmaßnahme bereits volle oder tw Befriedigung erlangt hat (stRspr seit BGHZ 30, 173 = NJW 59, 1873). Anfechtbare Pfändungen bewirken die Verstrickung der Pfandsache. Auch das Entstehen eines Pfändungspfandrechts hindert die Anfechtbarkeit des Pfändungsakts nicht. Wirksam bleibt die fehlerhafte Vollstreckungsmaßnahme auch, wenn ihre Fehlerhaftigkeit dadurch geheilt wird, dass ihr Mangel im Nachhinein behoben wird. Die Frage nach der prozessualen ex nunc- oder ex tunc-Wirkung der Heilung zu stellen, macht insofern wenig Sinn, als der Vollstreckungsakt ja von vornherein rechtswirksam war. Bedeutung hat der Zeitpunkt der Fehlerbeseitigung allerdings materiell, nämlich für die Bestimmung des Rangs nach § 804 III, bei einer Mehrheit von Gläubigern im Verteilungsverfahren nach § 878. Hier wirkt die Heilung erst ab der Mangelbehebung (BGHZ 53, 110, 116).