I. Grundsätze.
Rn 15
§ 3 bestimmt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen der prinzipiell unzulässigen Änderung der Formulare und den ausnahmsweise gestatteten Abweichungen. Über den Verbindlichkeitsanspruch für die Formulare aus § 5 ZVFV hinaus erklärt § 3 I 1 ZVFV inhaltliche Abweichungen von den Formularen und § 3 II 1 ZVFV abweichende formale Gestaltungen für unzulässig. In § 3 I 2, II 2, III, IV ZVFV wird konkretisiert, wann ausnahmsweise von den vorgegebenen Formularsätzen abgewichen werden darf. Der sachliche Gehalt dieser Regel-Ausnahme-Konzeption darf indessen nicht mit der methodisch unzulänglichen Formel beschrieben werden, wonach Ausnahmen eng auszulegen seien. Wie stets gilt auch hier das umfassende Panorama der Auslegungsgrundsätze.
Rn 16
Obwohl die Verordnungsmaterialien die höchstrichterliche Rspr zur Verbindlichkeit der Formulare nur partiell rezipieren, stellt § 3 ZVFV und hier vor allem Abs 1 S 1 eine Reaktion auf die BGH-Judikatur dar. Ggü den weitergehenden Einschränkungen seitens der Rspr versucht der Verordnungsgeber, die Formulare vor inhaltlichen Veränderungen zu immunisieren. Die Aussagekraft der Regelung erscheint sehr fraglich, sollen doch die verbindlich vorgeschriebenen Formulare inhaltlich nicht verändert werden dürfen.
Rn 17
Andere Formularverordnungen enthalten ebenfalls Regelungen über technische Anpassungen und Berichtigungen aufgrund veränderter Rechtsvorschriften, wie § 3 MaschMahnVordrV, § 3 PKHFV, § 2 VerbrInsFV, § 3 KindUFV, § 3 BerHFV und § 2 ZustVV. Bei keiner dieser Verordnungen sind in vergleichbarer Weise inhaltliche Änderungen für unzulässig erklärt. Vielmehr werden tw Anpassungen, Änderungen oder Ergänzungen für zulässig erklärt, die den Inhalt der Vordrucke nicht verändern. Von diesem Kontext ist die prinzipielle Aussage des § 3 I 1 ZVFV scheinbar gelöst, die inhaltliche Abweichungen von den Formularen kategorisch für unzulässig erklärt.
Rn 18
Mit § 3 ZVFV wird dem Rechtsanwender eine systematische Auslegungsregel an die Hand gegeben, mehr aber auch nicht. Der Verordnungsgeber kann bestimmen, ob ein wirksam vorgeschriebenes Formular verbindlich ist. Er kann aber nicht eine unwirksame Formularregelung für bindend erklären. Insoweit wird die beabsichtigte Bindungswirkung insb durch höherrangiges Recht begrenzt. Die von der höchstrichterlichen Rspr formulierten Maßstäbe für einen fehlenden Formzwang gelten deswegen uneingeschränkt weiter.
Rn 19
Der Antragsteller muss sich auf den geringsten Eingriff beschränken, wenn er zulässig von den Formularen abweicht. Regelmäßig wird er sich darauf beschränken müssen, den Formularsatz zu ergänzen oder zu ändern. Ein vollständiger Verzicht auf die Formulare wird nur ganz ausnahmsweise zulässig sein.
II. Zulässige Abweichungen.
Rn 20
Die Grenzziehung zwischen unzulässigen und zulässigen Modifikationen muss sich in erster Linie daran orientieren, ob im Massengeschäft der Zwangsvollstreckung eine zügige Bearbeitung erschwert wird (vgl BGHZ 200, 145 Rz 41). Vor allem der Wiedererkennungswert muss gesichert sein (Sturm JurBüro 14, 507, 509). Bei den in § 3 II 2, III, IV 1 ZVFV bestimmten Fällen wird die Wiedererkennung nicht beeinträchtigt. Obwohl nach § 3 II 1 ZVFV von der formalen Gestaltung der Formulare im Übrigen nicht abgewichen werden darf, handelt es sich doch auch hier nur um eine Auslegungsbestimmung. Auch nicht ausdrücklich aufgeführte, einer raschen Bearbeitung nicht entgegenstehende, aber den Aufwand der Gläubiger erkennbar verringernde Änderungen sind zulässig. Selbst wenn dies eine zügige Bearbeitung beeinträchtigt, ist zudem eine durch höherrangiges Recht legitimierte Abweichung zulässig.
Rn 21
Zulässig ist nach § 3 I 2 ZVFV eine Anpassung an geänderte Rechtsvorschriften. In diesem Fall können die Formulare geändert oder ergänzt werden.
Rn 22
Drucktechnische Änderungen sind nach § 3 II 2 ZVFV bei gleichbleibendem Papierformat DIN A4 sowie bei unveränderter Reihenfolge und Anordnung der Formularfelder der einzelnen Seiten und Seitenumbrüche unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Erfolgen dürfen gem Nr 1 eine unwesentliche Änderung der Größe der Schrift, nach Nr 2 eine unwesentliche Änderung sonstiger Formularelemente und gem Nr 3 die Verwendung nur der Farben Schwarz und Weiß sowie von Grautönen, soweit die Lesbarkeit nicht beeinträchtigt wird.
Rn 23
Eine von den Vorgaben abweichende Ausfüllung ist nach § 3 III ZVFV zulässig, sofern für den beabsichtigten Antrag keine zweckmäßige Eintragungsmöglichkeit in dem Formular besteht. Dann sind auch Anlagen zulässig (LG Wuppertal JurBüro 17, 377). Der Gläubiger wird vom Formularzwang entbunden, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. Dann ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gläubiger in dem Formular Streichungen, Berichtigungen oder Ergänzungen vornimmt oder das Formular insoweit nicht nutzt (BGH NJW 16, 81 Tz 12). Dies kommt in Betracht, wenn der Gläubiger die Vollstreckung wegen mehrerer Kostenforderungen nebst Zinsen mit gleicher Zinshöhe, aber unterschiedlichen Zinsläuf...