Rn 15

Nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und damit einwilligungsbedürftig sind die Ablehnung eines Angebots; die Annahme einer Erbschaft (Hamm ZErb 16, 76, 79) und die Annahme der Schenkung eines Erbteils (AG Stuttgart FamRZ 71, 182) wegen der Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten; die Ausschlagung der Erbschaft wegen des Verlusts der Erbenstellung (Fröhler BWNotZ 13, 88); der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (Hambg NJW 66, 1934 [OLG Hamburg 29.06.1966 - 1 Ws 263/66]) wegen § 121 ZPO; die Bürgschaftserklärung, der Haftungsverzicht oder die Haftungsminderung, auch bei Gefälligkeitsfahrten (BGH NJW 58, 905 [BGH 25.03.1958 - VI ZR 13/57]). Die Ausübung von Gestaltungsrechten wie Anfechtung, Aufrechnung, Kündigung, Rücktritt, Verzicht und Widerruf führt auch zu rechtlichen Nachteilen wie dem Erlöschen der Forderung des Minderjährigen und ist stets einwilligungsbedürftig. Ausnahmen gelten für die Kündigung eines zinslosen Darlehens durch den minderjährigen Darlehensgeber und für die Anfechtung eines den Minderjährigen benachteiligenden Testaments (Joussen ZEV 03, 181).

Auch die an sich kostenfreie Nutzung eines sozialen Netzwerks im Internet ist aufgrund der damit verbundenen Überlassung personenbezogener Daten als rechtlich nachteilig und damit einwilligungsbedürftig einzustufen (Jandt/Roßnagel MMR 11, 641; Bräutigam MMR 12, 637; Knoop NZFam 16, 967; Herberger jm 20, 445; Schrader JA 21, 181; Bauermeister AcP 222, 372). Gleiches wird richtigerweise zu gelten haben, soweit sonstige Persönlichkeitsinteressen betroffen sind, etwa bei medialer Berichterstattung (Beater JZ 13, 116). Bei Gratisspielen im Internet stellt sich die Frage, ob bereits das kostenlose Herunterladen und Anlegen eines Accounts einwilligungsbedürftig ist. Dies wird teilweise mit der Überlegung bejaht, dass hierdurch dem Minderjährigen die Möglichkeit zu kostenpflichtigen In-App-Käufen eröffnet wird und ihn oftmals erhebliche vertragliche Nebenpflichten treffen (Meyer NJW 15, 3686, 3687). Eine generelle Einwilligungsbedürftigkeit bei allen unentgeltlichen Angeboten im Internet dehnt aber den Minderjährigenschutz sehr weit aus. Soweit aber eine Registrierung erforderlich ist, bei der vertragliche Pflichten übernommen werden, soweit der minderjährige Nutzer zur Preisgabe von Daten verpflichtet ist (umf dazu Stöhr ZIP 16, 1468, 1470), sowie in allen Fällen der Inanspruchnahme kostenpflichtiger Zusatzleistungen ist aber eine Einwilligung erforderlich. Entspr ist eine Einwilligung auch erforderlich bei Verträgen über digitale Inhalte, wenn der Minderjährige zu einer Gegenleistung verpflichtet ist, auch wenn diese in der Einlösung eines digitalen Werts iSd § 327 I 2 oder in der Bereitstellung von Daten nach § 327 III besteht. Bei einem über 16-Jährigen entfällt wegen Art 8 I UAbs 1 DSGVO die Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters bei der datenschutzrechtlichen Einwilligung (umf hierzu Schrader JA 21, 181).

 

Rn 16

Die Erfüllung einer Verpflichtung durch den Minderjährigen ist für ihn nachteilig, weil er hierdurch nicht nur von seiner Verbindlichkeit befreit wird, sondern auch einen Rechtsverlust erleidet. Rechtlich nachteilig für den Minderjährigen ist aber auch die Erfüllung einer ihm ggü bestehenden Leistungspflicht, da hierdurch seine Forderung erlischt. Nach hM kann daher eine Verpflichtung ggü einem Minderjährigen ohne die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nicht wirksam erfüllt werden (BGHZ 205, 90 = NJW 15, 2497, 2498; Wacke JuS 78, 80; Staud/Klumpp § 107 Rz 81; MüKo/Spickhoff Rz 61 mwN; aA Harder JuS 77, 149; van Venrooy BB 80, 1017). Lediglich rechtlich vorteilhaft ist hingegen das zur Erfüllung der Forderung eines Minderjährigen durchgeführte Verfügungsgeschäft. Eine Übereignung kann daher an den Minderjährigen auch ohne Einwilligung erfolgen. Dass dadurch die zugrundeliegende Forderung erlischt, steht dem nicht entgegen, da wegen des Abstraktionsprinzips beide Rechtsgeschäfte getrennt zu betrachten sind (hierzu Zorn FamRZ 11, 776).

 

Rn 17

Die Rückabwicklung der Erfüllung ggü einem Minderjährigen erfolgt nach Bereicherungsrecht. Ersatz für Gebrauchsvorteile und empfangene Leistungen hat der Minderjährige nur unter den Voraussetzungen des § 819 zu leisten. Im Falle der Leistungskondiktion kommt es dabei auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters an, während bei der Eingriffskondiktion die Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen entspr §§ 827 ff maßgebend ist (s § 819 Rn 6). Die Anwendung der Saldotheorie erfolgt wegen des vorrangigen Minderjährigenschutzes nicht, soweit sie sich zu seinem Nachteil auswirken würde (BGHZ 126, 105, 108).

 

Rn 18

Dem beschränkt Geschäftsfähigen ist die Kenntnis seines gesetzlichen Vertreters von der Gläubigerbenachteiligung im Rahmen der Insolvenzanfechtung entgegen § 166 nicht anzurechnen, wenn dieser seine gesetzliche Vertretungsmacht eigennützig und ohne Rücksicht auf die Vermögensinteressen des Minderjährigen ausübt (BGH NZI 17, 854 Rz 24, s.a. Gehrlein NZI 17, 695). Den beschränkt Geschäftsf...

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