Gesetzestext

 

(1) 1Der Gläubiger erwirbt, sofern nicht die Erteilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist, die Hypothek erst, wenn ihm der Brief von dem Eigentümer des Grundstücks übergeben wird. 2Auf die Übergabe finden die Vorschriften des § 929 Satz 2 und der §§ 930, 931 Anwendung.

(2) Die Übergabe des Briefes kann durch die Vereinbarung ersetzt werden, dass der Gläubiger berechtigt sein soll, sich den Brief von dem Grundbuchamt aushändigen zu lassen.

(3) Ist der Gläubiger im Besitz des Briefes, so wird vermutet, dass die Übergabe erfolgt sei.

A. Briefübergabe.

 

Rn 1

§ 1117 I liegt die Vorstellung zugrunde, der Gläubiger solle die Hypothek Zug um Zug gegen Auszahlung des Darlehens erhalten. Dementspr entsteht die Hypothek bereits mit der Eintragung, steht aber bis zur Briefübergabe dem Eigentümer zu (§§ 1163 II, 1177), bei dann noch nicht entstandener Forderung auch darüber hinaus (§ 1163 I).

 

Rn 2

Die Übergabe kann entweder durch den Eigentümer oder auf dessen Bestimmung durch das GBA nach § 60 II GBO erfolgen; sind mehrere Eigentümer vorhanden, müssen alle mit der Übergabe einverstanden sein (RGZ 52, 360). Keine Übergabe ist die Aushändigung des Briefs durch einen Unbefugten (RGZ 75, 221) oder durch das GBA entgegen § 60 I GBO; erst recht genügt es nicht, dass der Gläubiger anderweitig in den Besitz des Briefes gelangt (BGH NJW-RR 93, 369; diff Reinicke/Tiedtke NJW 94, 345).

B. Übergabesurrogat.

 

Rn 3

Die Übergabe kann durch die Übergabesurrogate der §§ 929 2, 930 oder 931 ersetzt werden. Dabei kommt § 929 2 nur im Fall fehlerhaften Verhaltens des GBA (Aushändigung des Briefs an andere Person als den Eigentümer ohne Aushändigungsvereinbarung) oder eigenmächtiger Besitzergreifung durch den Gläubiger in Frage; erforderlich ist dann Einigung über die Entstehung der Hypothek, wodurch der Besitzer zugleich Eigentümer wird (§ 952 II); mittelbarer Besitz genügt und kommt insb dann vor, wenn sich der Hypothekenbrief beim Notar befindet und dieser dem Gläubiger den Besitz vermittelt. Die Vereinbarung eines Besitzmittlungsverhältnisses (§ 930) verschafft dem Gläubiger die Hypothek frühestens mit Aushändigung des Briefs an den Eigentümer. Die Abtretung des Herausgabeanspruchs kann auch in der Abtretung des Anspruchs gegen das GBA – auch schon vor Briefbildung (RG SeuffA 92, 152) – nach § 60 I GBO bestehen und kann auch bedingt erfolgen (RG JW 29, 583). Die Überweisung zur Einziehung in der Zwangsvollstreckung ist jedoch keine Abtretung eines Herausgabeanspruchs (RGZ 63, 214).

C. Vereinbarung der Aushändigung.

 

Rn 4

Eine Aushändigungsvereinbarung nach II kann auch formularmäßig (kein Verstoß gegen § 307) und muss unmissverständlich getroffen werden (Brandbg 10.1.13 – 5 U 90/11). In diesem Fall erwirbt der Gläubiger die Hypothek mit der Eintragung, frühestens aber mit Entstehung der Forderung, aber ohne Rücksicht darauf, wann der Brief hergestellt und ob er dem richtigen Empfänger übergeben wird (BayObLGZ 87, 97). Die Aushändigungsvereinbarung darf nicht mit der Anweisung an das GBA nach § 60 II GBO verwechselt werden, die zusätzlich erfolgen muss. Fehlt sie, muss das GBA den Brief an den Eigentümer aushändigen (KG KGJ 40, 322); die Aushändigungsvereinbarung ist keine Abtretung eines Herausgabeanspruchs nach § 931 (Ddorf NJW-RR 02, 711 [OLG Düsseldorf 13.06.2001 - 3 Wx 116/01]; aA Derleder DNotZ 71, 272). Eine Vereinbarung zu Gunsten Dritter ist – da es sich um einen dinglichen Vertrag handelt – nicht möglich (RG JW 30, 3545). Die Vereinbarung kann aber vor der Herstellung des Briefes durch das GBA abgeschlossen werden, wenn nur die Hypothek bereits bestellt ist (RGZ 84, 314).

D. Vermutung der Übergabe.

 

Rn 5

Vermutet wird nach III lediglich die Übergabe; kommt es – zB nach § 878 – auf den Zeitpunkt der Übergabe an, ergibt sich aus III dafür nichts (KG KGJ 40, 278). Mittelbarer Besitz ist ausreichend. Die Vermutung gilt auch ggü dem GBA, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachzuweisen ist (§ 22 GBO), und für die Frage, ob ein Amtswiderspruch (§ 53 GBO) eingetragen werden darf (aA Oldbg Rpfleger 66, 174). Dem eingetragenen Gläubiger, der den Brief nicht besitzt, kommt auch nicht die Vermutung des § 891 zugute (BayObLGZ 73, 246). Gutgläubiger Erwerb vom Eingetragenen ist nur möglich, wenn dieser im Besitz des Briefes ist (BGH Rpfleger 10, 129 [BGH 22.10.2009 - III ZR 250/08] für den Erwerb des Vorrangs; aA 10. Aufl § 1155 Rn 3). III kann nicht ›umgekehrt‹ auf den Fall angewendet werden, dass der Eigentümer noch im Besitz des Briefes ist. Durch den Nachweis dieser Tatsache kann der zur Löschung der Hypothek wegen Unrichtigkeit des Grundbuchs (§ 22 GBO) erforderliche Nachweis nicht geführt werden (Rostock MDR 16, 1259 [BGH 22.04.2016 - V ZR 23/15]).

E. Grundschuld, Rentenschuld.

 

Rn 6

§ 1117 ist auf Grundschuld und Rentenschuld entspr anwendbar (§ 1192 I), jedoch nicht auf Grundschuldbriefe, die auf den Inhaber lauten (§ 1195). Der Gläubiger erwirbt die Grundschuld ohne Rücksicht auf das Bestehen einer zu sichernden Forderung.

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