Gesetzestext

 

(1) Ist der Eigentümer der Gläubiger, so kann er nicht die Zwangsvollstreckung zum Zwecke seiner Befriedigung betreiben.

(2) Zinsen gebühren dem Eigentümer nur, wenn das Grundstück auf Antrag eines anderen zum Zwecke der Zwangsverwaltung in Beschlag genommen ist, und nur für die Dauer der Zwangsverwaltung.

 

Rn 1

§ 1197 knüpft an die formale Rechtsstellung als Eigentümer an; diesem persönlich ist es verwehrt, die Zwangsvollstreckung mit dem Ziel zu betreiben, die Rechte nachrangiger Gläubiger zum Erlöschen zu bringen. Er gilt deshalb auch bei der Eigentümerhypothek des § 1177 II, aber nicht dann, wenn Eigentümer und Gläubiger wirtschaftlich, aber nicht rechtlich identisch sind (Grundschuld einer Ein-Personen-GmbH am Grundstück ihres Alleingesellschafters; RG JW 29, 248) und ebenso wenig für den Insolvenzverwalter, der ein Grundstück des Insolvenzschuldners versteigern lässt (BGH NJW 16, 3239 [BGH 24.03.2016 - IX ZR 259/13]) und den Pfandgläubiger bei der Pfändung oder Verpfändung der Eigentümergrundschuld (BGH NJW 88, 1026 [BGH 18.12.1987 - V ZR 163/86]).

 

Rn 2

Ebenso stehen Zinsen dem Eigentümer persönlich nicht zu, gleichgültig, ob sie auf die Zeit seines Eigentums entfallen oder ihm für andere Zeiträume abgetreten sind (§ 1197 II). Die Zinsen laufen dagegen weiter, so dass der Erwerber einer Eigentümergrundschuld Zinsen auch für den Zeitraum verlangen kann, in dem sie Eigentümergrundschuld war (Celle Rpfleger 89, 323), soweit nicht die Grundschuld für sie nach § 1178 I erloschen ist oder die Zinsen verjährt sind. Ebenso stehen dem Pfandgläubiger (Ddorf MDR 99, 1497 [OLG Düsseldorf 31.05.1999 - 9 U 257/98]), einem Berechtigten an der Grundschuld (aA Stöber Rpfleger 58, 339 [342]) und dem Insolvenzverwalter (aA Lemke/Regenfus Rz 5) Grundschuldzinsen zu. § 1197 II betrifft nur die dingliche Rechtslage; einem anderen als dem Eigentümer stehen Zinsen auch dann zu, wenn er sie an den Eigentümer herausgeben muss.

 

Rn 3

Für den Eigentümer ist eine Ausn für den Fall der Zwangsverwaltung bestimmt. Sie rechtfertigt sich daraus, dass dem Eigentümer während dieser Zeit die Nutzung des Grundstücks entzogen ist und die Zinsen wirtschaftlich an die Stelle treten; der Anspruch auf Zinsen richtet sich gg die Teilungsmasse in der Zwangsversteigerung, soweit er nicht aus der Teilungsmasse der Zwangsverwaltung erfüllt wurde (LG Stuttgart NZI 23, 46 [LG Stuttgart 16.11.2022 - 27 O 56/22]; aA RGZ 60, 359 [362]). Der freiwillige Verzicht auf die Nutzungen durch Bestellung eines Nießbrauchs steht dem nicht gleich (Hamm HRR 30, 1216; anders wäre es beim praktisch bedeutungslosen Nießbrauch an der Grundschuld, Rn 2).

 

Rn 4

Ist ein im Miteigentum stehendes Grundstück mit einer Grundschuld für einen Miteigentümer belastet, ist diese teils Eigentümer-, teils Fremdgrundschuld, so dass der Berechtigte nur in die ›fremden‹ Miteigentumsanteile vollstrecken kann; bei Gesamthandseigentum ist sie dagegen insgesamt Fremdgrundschuld. Bestellen mehrere Miteigentümer für sich selbst eine Grundschuld als Mitberechtigte nach Bruchteilen, ist diese ebenfalls teils Eigentümer-, teils Fremdgrundschuld (BGH Rpfleger 75, 84; aA BayObLG Rpfleger 63, 410 m Anm Haegele: insgesamt Eigentümergrundschuld), so dass jeder die Zwangsvollstreckung wiederum nur in die ›fremden‹ Miteigentumsanteile richten kann. Steht eine Grundschuld mehreren als Gesamtgläubigern (§ 428) zu und erwirbt einer von ihnen das Eigentum am Grundstück, wird die Grundschuld insoweit Eigentümergrundschuld, iÜ bleibt sie Fremdgrundschuld; § 429 II ist nicht anwendbar (BGH Rpfleger 10, 420). Wollen in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten Gesamtgläubiger sein, müssen sie die Grundschuld hierfür zum Vorbehaltsgut erklären (BayObLG Rpfleger 63, 410).

 

Rn 5

Da weder die Zwangsvollstreckung noch der Zinslauf bei der Eigentümergrundschuld ausgeschlossen sind, können bereits bei der Bestellung die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nach § 800 ZPO (BGH NJW 64, 316 [BAG 02.08.1963 - 1 AZR 9/63]) und Zinsen ab jedem nach § 1115 zulässigen Zeitpunkt eingetragen werden (BGH NJW 75, 1356 [BGH 16.05.1975 - V ZR 24/74]). Teilweise wird sogar ein Schuldversprechen wegen des Grundschuldbetrags samt Zwangsvollstreckungsunterwerfung ggü dem ersten Zessionar der Grundschuld für zulässig gehalten (Angebot durch Aushändigung der Bestellungsurkunde, das nach § 151 1 angenommen werde; vgl BGH NJW 91, 228 [BGH 18.10.1990 - IX ZR 258/89]; Rpfleger 10, 414, 415); zweckmäßig ist das jedenfalls nicht.

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