Rn 2

Gesetzliche Voraussetzung ist zunächst ein wirksames Verlöbnis – s dazu § 1297 Rn 37.

 

Rn 3

Darüber hinaus sind §§ 1298, 1299 analog anwendbar im Fall eines zB nach § 138 I nichtigen Verlöbnisses (Schlesw FamRZ 14, 1846), oder dann, wenn ein minderjähriger oder gutgläubiger Partner auf die Gültigkeit eines wegen fehlender Zustimmung des gesetzlichen Vertreters unwirksamen Verlöbnisses vertraut hat und deswegen schutzbedürftig ist. Dies ist der Fall, wenn der gutgläubige ›Verlobte‹ den Nichtigkeitsgrund – etwa eine bestehende Ehe seines Partners (Oldbg FamRZ 16, 2102) – nicht kannte oder der volljährige Partner des Minderjährigen um dessen Minderjährigkeit wusste (Rechtsgedanke des § 109 II).

 

Rn 4

Voraussetzung ist stets, dass der Rücktritt vom Verlöbnis erklärt worden ist – s dazu § 1297 Rn 15. In Fällen analoger Anwendbarkeit der Norm muss sich der Rücktritt auf das vermeintliche Verlöbnis bezogen haben. Bei einverständlicher Entlobung ist § 1298 nicht anwendbar.

 

Rn 5

Anspruchsberechtigt ist der von der Rücktrittserklärung betroffene Verlobte. Auch die Eltern des Verlobten sind anspruchsberechtigt, allerdings in geringerem Umfang als der Verlobte. Ihnen stehen dritte Personen gleich, die an ihrer Stelle aus persönlicher Bindung und sittlichem Empfinden wie Eltern gehandelt haben – zB Großeltern, Stiefelternteile, Pflegeeltern, ältere Geschwister. Sonstige Dritte sind nicht anspruchsberechtigt.

 

Rn 6

Ersatzfähig sind bestimmte Maßnahmen, die der Anspruchsberechtigte im Hinblick auf die künftige Eheschließung getätigt hat. Für den Verlobten sind dies in Erwartung der Ehe gemachte Aufwendungen, aus diesem Grunde eingegangene Verbindlichkeiten (I 1) sowie sonstige ehebezogene Maßnahmen, die sein Vermögen oder seine Erwerbsstellung berühren (I 2). Ob auch Schäden immaterieller Art ersetzt verlangt werden können, erscheint problematisch (bejahend Oldbg FamRZ 16, 2102). Für Eltern und an deren Stelle handelnde Dritte sind nur in Erwartung der Ehe gemachte Aufwendungen oder aus diesem Grund eingegangene Verbindlichkeiten ersatzfähig (I 1), nicht aber sonstige Maßnahmen.

 

Rn 7

Aufwendungen sind vom Anspruchsteller aus seinem Vermögen in Erwartung der Ehe erbrachte Leistungen (BGH FamRZ 61, 424) wie zB Anschaffungen für den Haushalt, Zahlung von Miete oder Kaufpreis für eine Wohnung oder ein Wohngrundstück, Umzugskosten in Erwartung des Zusammenlebens nach der Heirat, Kauf des Brautkleids, Kosten der Verlobungsfeier, geldwerte Arbeitsleistungen bei unbezahltem Urlaub, unentgeltlich erbrachte freiberufliche oder gewerbliche Dienste (BGH aaO), nicht dagegen Gelegenheitsgeschenken im allgemeinen. Wegen der Verlobungsgeschenke vgl § 1301.

 

Rn 8

Als ehebezogene Verbindlichkeiten kommen in Betracht die Bestellung von Lieferungen oder Dienstleistungen für Verlobungs- oder Hochzeitsfeier, die Aufnahme von Kredit zum Erwerb von Hausrat, Eigentumswohnung oder Eigenheim sowie der Abschluss dahingehender Miet- oder Kaufverträge, soweit dies nicht nur dem Zusammenleben in der Partnerschaft vor Eingehung der Ehe dient (Köln FamRZ 95, 1142).

 

Rn 9

Zugunsten des betroffenen Verlobten sind neben ehebezogenen Aufwendungen und Verbindlichkeiten auch sonstige Maßnahmen ersatzfähig, die er in Erwartung der Ehe in Bezug auf sein Vermögen oder seine Erwerbsstellung getroffen hat (I 2). Hierunter fallen die Aufgabe einer Erwerbstätigkeit, die Kündigung der bisherigen Wohnung, die Veräußerung von bisher genutzten Haushaltsgegenständen oder von Wertgegenständen, der Verzicht auf Unterhaltsansprüche aus früherer Ehe (RGZ 163, 280).

 

Rn 10

Aufwendungen, Verbindlichkeiten oder sonstige Vermögensdispositionen müssen in Erwartung der Ehe getätigt worden sein. Hierzu ist die Feststellung erforderlich, dass die Maßnahme bei Wissen um das Scheitern der Verlobung vernünftigerweise unterblieben wäre. Dies ist nicht gegeben, wenn eine Verlobte ihre Berufstätigkeit infolge Schwangerschaft und damit nicht im Hinblick auf die erwartete Eheschließung aufgibt; der Ausgleich der durch die Schwangerschaft bedingten finanziellen Nachteile wird vom Schutzzweck des § 1298 nicht erfasst (Hamm FamRZ 95, 296), da § 1615l spezialgesetzliche Regelung ist.

 

Rn 11

Die getätigten Aufwendungen, Verbindlichkeiten oder sonstigen Maßnahmen sind nur insoweit ersatzfähig, als sie den Umständen nach angemessen waren (§ 1298 II). Sie müssen den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Verlobten entsprechen und in Relation zur Dauer der Verlobung und zur zeitlichen Nähe des Hochzeitstermins stehen. Unangemessen ist die Aufgabe einer gesicherten Erwerbstätigkeit nach nur kurzer Verlobungsdauer und bei noch nicht absehbarer Eheschließung (BGH FamRZ 61, 424; Frankf FamRZ 08, 305; Stuttg NJW 77, 1779) oder die Übertragung eines wesentlichen Teils des Vermögens bei noch fernem Hochzeitstermin (Oldbg FamRZ 09, 2004).

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