Rn 7

Abzustellen ist immer auf den objektiven Verkehrswert als den vollen wirklichen Wert des Vermögensgegenstandes. Dies ist der Wert, der als Erlös bei einer Veräußerung oder sonstigen Verwertung unter Ausnutzung aller Marktchancen erzielt werden könnte (BVerfG FamRZ 85, 256, 260; BGH FamRZ 86, 37, 39), wobei unerheblich ist, ob dieser sich sogleich verwirklichen lässt (BGH FamRZ 89, 1051) oder ob bspw ein Anteil an einer Partnerschaftsgesellschaft überhaupt veräußert werden darf (BGH FamRZ 22, 684). Für den Fall der Veräußerung (fiktiv) anfallende Steuern oder Verwertungskosten sind wertmindernd abzuziehen (BGH FamRZ 11, 622 und 1367; 89, 1051). Ein Good will darf nur addiert werden, wenn bei Veräußerung Preise oder Vorteile erzielt würden, die über den Sachwert hinausgehen, wobei für dessen Bewertung Richtlinien der jeweiligen Standesorganisationen herangezogen werden können (BGH FamRZ 08, 761). Er muss allerdings auch berücksichtigt werden, wenn die Vorteile nach Veräußerung der Sache selbst noch gezogen werden können (BGH FamRZ 22, 684).

 

Rn 8

Für die Bestimmung des Verkehrswerts stehen diverse Methoden zur Verfügung. In Betracht kommen in erster Linie die Sach- und die Ertragswertmethode, wobei die Bedeutung des Ertragswertes umso geringer ist, je mehr das jeweilige Objekt eigengenutzt ist. Bei freiberuflichen Praxen und inhabergeführten Unternehmen kann die Bewertung ohnehin nicht nach dem reinen Ertragswertverfahren erfolgen, sondern nach der modifizierten Ertragswertmethode (BGH FamRZ 18, 93). Der Liquidationswert (Zerschlagungswert) ist regelmäßig die unterste Grenze der Wertbemessung (BGH FamRZ 19, 429) und stellt die Summe derjenigen Werte dar, die bei einer Veräußerung der einzelnen Bestandteile des zu bewertenden Vermögens abzgl der Verbindlichkeiten (Schulz/Hauß, Rz 156) zu erzielen wären. Auf ihn ist nur dann abzustellen, wenn die Liquidation zB eines Unternehmens die zwangsläufige Folge des Zugewinnausgleichs ist (BGH NJW 95, 2781), wenn wegen schlechter Ertragslage oder aus sonstigen Gründen keine günstige Fortführungsprognose gestellt werden kann (BGH FamRZ 19, 429), oder wenn es später ohne Erlös tatsächlich liquidiert worden ist (BGH NJW 82, 2497). IÜ vgl zu den Bewertungsmethoden Meyer-Klenk/Borth FamRZ 12, 1923).

 

Rn 9

Nicht nur bei der Bewertung freiberuflicher Praxen ist unabhängig von einer Veräußerungsabsicht die latente Ertragssteuer abzusetzen (Rn 21), da der Ausgleichsanspruch sich nach dem errechnet, was der Ausgleichsschuldner im Fall stichtagsbezogener Veräußerung für sich erzielen könnte. Der BGH hat ausdrücklich klargestellt, dass dies aus Gründen der Gleichbehandlung für alle steuerpflichtigen Geschäfte zu gelten hat (BGH FamRZ 22, 425; 11, 1367), also insbesondere auch bei der Bewertung von Immobilien (Hamm FamRZ 20, 325), Wertpapieren oder Lebensversicherungen (Klein FuR 12, 324; zu den Konsequenzen Hoppenz FamRZ 12, 1618; kritisch Koch FamRZ 12, 1522). Es ist somit bezogen auf den Stichtag zu ermitteln, ob und ggf in welcher Höhe im Fall einer Veräußerung des jeweiligen Vermögenswertes für den Inhaber eine Steuerbelastung entsteht. Eine Pauschalierung wird abgelehnt (BGH FamRZ 11, 1367). Dieser Gedanke kann allerdings nicht für eine bei einem (fiktiven) Verkauf anfallende Vorfälligkeitsentschädigung herangezogen werden. Diese entsteht lediglich mit Blick auf künftig anfallende Zinsen, die ebenfalls unberücksichtigt bleiben (BGH FamRZ 22, 425 Rn. 24; Köln FamRZ 21, 506).

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