I. Mittelbare Stellvertretung.

1. Begriff und Abgrenzung zur unmittelbaren Stellvertretung.

 

Rn 2

Bei der im BGB nicht geregelten mittelbaren (indirekten, verdeckten) Stellvertretung handelt der Vertreter zwar im Interesse und für Rechnung eines anderen, aber in eigenem Namen, sodass er selbst berechtigt und verpflichtet wird. Spezielle Regelungen enthalten die §§ 383 ff, 453 ff HGB; 32 I 1, 18 ff DepotG.

2. Rechtliche Behandlung.

 

Rn 3

Die §§ 164 ff finden auf die mittelbare Stellvertretung keine Anwendung. Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Geschäftsherrn und dem Vertragspartner sind daher nicht gegeben (krit Canaris NJW 82, 305, 307 ff). Das Innenverhältnis zwischen dem Geschäftsherrn und dem mittelbaren Stellvertreter ist von dem Außenverhältnis zwischen dem mittelbaren Stellvertreter und dem Vertragspartner zu trennen (Soergel/Leptien vor § 164 Rz 33). Ansprüche des Geschäftsherrn bestehen nur gegen den mittelbaren Stellvertreter, meist aus Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag und gehen idR auf Herausgabe des durch das Ausführungsgeschäft Erlangten (§§ 667, 675). Dagegen hat der mittelbare Stellvertreter gegen den Geschäftsherrn idR einen Schuldbefreiungsanspruch aus §§ 669, 670. Der mittelbare Stellvertreter kann im Wege der Drittschadensliquidation den Schaden geltend machen, den sein Auftraggeber durch ein vertragswidriges Verhalten des Vertragspartners erlitten hat (BGHZ 40, 91, 100; § 249 Rn 105). Das gilt jedoch nicht für Vermögensverfügungen, die ein Dritter im Vertrauen auf die Richtigkeit einer in verdeckter Stellvertretung für den Dritten eingeholten Bankauskunft trifft (BGH NJW 96, 2734, 2735 f [BGH 21.05.1996 - XI ZR 199/95]). Die Forderungen und Rechte aus dem Ausführungsgeschäft unterliegen grds dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger des mittelbaren Stellvertreters (MüKo/Schubert vor § 164 Rz 41).

II. Ermächtigung.

 

Rn 4

Die Ermächtigung verleiht als eine besondere Erscheinungsform der Einwilligung (§ 183) dem Ermächtigten die Befugnis, im rechtgeschäftlichen Verkehr im eigenen Namen, aber mit unmittelbarer Wirkung für den Rechtsinhaber über ein fremdes Recht zu verfügen oder es auszuüben (s § 185 Rn 13). Ein Spezialfall der Ermächtigung ist die in § 185 I geregelte Verfügungsermächtigung, aus der die Dogmatik der Ermächtigung entwickelt wurde (s § 185 Rn 6). Diese ist funktional und systematisch mit der unmittelbaren Stellvertretung verwandt, da es beide ermöglichen, unmittelbar auf den Rechtskreis eines Dritten einzuwirken. Sie unterscheiden sich allerdings darin, dass der Ermächtigte im eigenen Namen auftritt, während bei der direkten Stellvertretung ausschließlich der Vertretene Geschäftspartei ist (BGH NJW 15, 2425 [BGH 27.02.2015 - V ZR 128/14] Tz 22). Darüber hinaus kann die Vollmacht zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte und insb auch zur Vornahme von Verpflichtungsgeschäften erteilt werden, während die Ermächtigung grds auf Verfügungen und die Ausübung von Rechten beschränkt ist (Neuner AT § 49 Rz 65). Zudem ist die Stellvertretung personen- und die Ermächtigung gegenstandsbezogen. Während der Stellvertreter der wirtschaftliche Gehilfe des Vertretenen ist und dessen Aktionsradius erweitert (Soergel/Leptien vor § 164 Rz 79), dehnt die Ermächtigung die Rechtszuständigkeit des Ermächtigten auf ein fremdes Recht aus. Ob im Einzelfall eine Bevollmächtigung oder Ermächtigung vorliegt, ist Auslegungsfrage (s § 185 Rn 7). Der häufig unrichtige Sprachgebrauch ist nicht maßgeblich. Selbst das Gesetz ist ungenau (s §§ 49 HGB; 81 ZPO).

III. Treuhand.

1. Erscheinungsformen.

 

Rn 5

Die im Wirtschaftsleben häufig anzutreffende, gesetzlich aber nicht definierte und geregelte Treuhand ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treuhänder für den Treugeber kraft einer besonderen Vereinbarung (Treuhandabrede) Rechtsmacht über dessen Vermögen (Treugut) ausübt (Bork Rz 1313). Einen typischen Treuhandvertrag gibt es jedoch nicht. Die Rechtsbeziehungen müssen vielmehr nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insb nach dem zugrunde liegenden Auftragsverhältnis bestimmt werden (BGH DNotZ 19, 828 Rz 10). Der Zweck einer Treuhandvereinbarung kann darin liegen, dass der Treuhänder die Vermögenswerte für den Treugeber verwalten soll (Verwaltungstreuhand), oder darin, dass der Treugeber durch das Treuhandgeschäft gesichert werden soll (Sicherungstreuhand). Die Verwaltungstreuhand dient in erster Linie den Interessen des Treugebers und ist daher fremdnützig. Die Sicherungstreuhand ist hingegen eigennützig, weil der Treuhänder vorrangig sein eigenes Sicherungsinteresse verfolgt (Bork Rz 1313). Nach der rechtlichen Struktur werden die Vollmachtstreuhand (Rn 7), die Ermächtigungstreuhand (Rn 8) und die Vollrechtstreuhand (Rn 9) unterschieden (Bork Rz 1316). Dem Wesen der Treuhand wird am ehesten die Vollrechtstreuhand gerecht, die daher auch als ›echte‹ Treuhand bezeichnet wird.

2. Abgrenzung zur Stellvertretung.

 

Rn 6

IdR handelt der Treuhänder im eigenen Namen und ist deshalb nicht Vertreter iSd §§ 164 ff (BGH WM 12, 1496 Rz 10). Von der mittelbaren Stellvertretung unterscheidet die echte Treuhand sich dadurch, dass jene idR nur auf die Vornahme eines einzelnen Geschäfts gerichtet und der mittelbare Stellvertreter nu...

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