Rn 10

Neben der Gefährdung des Kindeswohls ist weitere Voraussetzung für ein staatliches Eingreifen gem § 1666 I, dass die Eltern entweder nicht in der Lage oder nicht gewillt sind, die Gefahr abzuwenden (vgl Brandbg FamRZ 14, 1790; BverfG FamRZ 15, 2120; 17, 1577, 1580; 21, 749). Dieses Gefahrabwendungsprimat folgt unmittelbar aus dem in Art 6 II 1 GG verfassungsrechtlich verankerten Sorgevorrang der Eltern. Die Bevollmächtigung eines mitsorgeberechtigten Elternteils kann eine Übertragung des Sorgerechts – als kinderschutzrechtliche Maßnahme – ganz oder tw entbehrlich machen (Karlsr FamRZ 22, 115; AG Heilbronn FamRZ 22, 530).

 

Rn 11

Während dieses negative Tatbestandsmerkmal bei fehlendem Willen der Eltern leicht festzustellen ist, muss das FamG im Falle der Bereitschaft der Eltern zur Gefahrabwehr sorgfältig prüfen, ob sie dazu nicht doch in der Lage sind. Bloße Lippenbekenntnisse genügen aber nicht; auch muss die Bereitschaft der Eltern zur Gefahrabwehr auf Einsicht beruhen und nicht bloß unter dem Druck des Verfahrens entstanden sein. Das Gericht muss den Eindruck gewonnen haben, dass die Eltern hinreichende Gewähr dafür bieten, die Gefahr abzuwenden (vgl Köln FamRZ 13, 707). Daran kann es insb bei fortbestehender Drogenabhängigkeit der Eltern fehlen (vgl Frankf FamRZ 83, 530, 531). Die Zustimmung der Eltern zur Fremdunterbringung genügt zur Gefahrabwehr nicht, wenn mit deren Widerruf zu rechnen ist (Hamm FamRZ 11, 1603; 12, 1954).

 

Rn 12

Bei der Prüfung der Frage, ob die Eltern fähig sind die Gefahr abzuwenden, sind insb auch öffentliche Hilfen gem §§ 27 ff SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) in Betracht zu ziehen, sofern sie von den Eltern akzeptiert werden (s. § 1666a I). Dazu zählen neben Beratung und Erziehungsbeistandschaft auch so einschneidende Maßnahmen wie Vollzeitpflege und Heimerziehung. Bevollmächtigt oder ermächtigt der Inhaber des Sorgerechts das Jugendamt zur Ausübung der elterlichen Sorge oder Teilen hiervon, so kann dies allein die Gefährdung oder die Erforderlichkeit gerichtlicher Maßnahmen allenfalls dann entfallen lassen, wenn das Jugendamt mit der Bevollmächtigung oder der Ermächtigung einverstanden ist (KG FamRZ 79, 1060, 1061; vgl auch BayObLG FamRZ 85, 522 [BayObLG 17.02.1984 - BReg. 1 Z 81/84]).

 

Rn 13

Beruht die Gefährdung des Kindes auf dem Verhalten eines Dritten, ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob die Eltern nicht selbst in der Lage sind gegen den Dritten vorzugehen und geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen (vgl Staud/Coester § 1666 Rz 176).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge