Rn 51

Untervollmacht ist die einem Dritten (Untervertreter) durch einen gesetzlichen, rechtsgeschäftlichen oder organschaftlichen Stellvertreter (Hauptvertreter) erteilte Rechtsmacht, seinerseits rechtsgeschäftlich für den Vertretenen tätig zu werden. Durch die Untervollmacht entsteht eine mehrstufigen Vertretung (Neuner AT § 50 Rz 33), bei der die Hauptvollmacht idR fortbesteht. Nur bei der sog Ersatzvollmacht, bei der es sich um eine Form der Unterbevollmächtigung und nicht um eine Vollmachtsübertragung handelt, tritt der Untervertreter an die Stelle des Hauptvertreters, indem der Hauptbevollmächtigte auf seine inhaltsgleiche Vollmacht verzichtet oder von vornherein vereinbart ist, dass seine Vollmacht im Fall der Unterbevollmächtigung endet (MüKo/Schubert Rz 76).

I. Mittelbare und unmittelbare Untervollmacht.

 

Rn 52

Die Rspr unterscheidet zwei Arten von Untervollmachten. Im ersten Fall nimmt der Hauptvertreter die Bevollmächtigung des Untervertreters im Namen des Vertretenen mit Wirkung für diesen vor (unmittelbare Untervertretung). Der Untervertreter tritt hierarchisch neben den Hauptvertreter. Hiervon ist der Fall zu unterscheiden, dass der Hauptvertreter den Untervertreter im eigenen Namen bevollmächtigt, ihn in seiner Eigenschaft als Vertreter des Vertretenen zu vertreten. In diesem Fall vertritt der Untervertreter unmittelbar den Hauptvertreter und nur mittelbar gleichsam durch den Hauptvertreter hindurch den Vertretenen (mittelbare Untervertretung). Der Untervertreter steht hierarchisch unter dem Hauptvertreter. Ob eine unmittelbare oder mittelbare Untervertretung gewollt ist, wird im Wege der Auslegung gem §§ 133, 157 ermittelt (BGHZ 68, 391, 393 f). Die hL lehnt die Figur des mittelbaren Untervertreters ab. Für diese Ansicht spricht, dass jemand für sich selbst keinen Vertreter bestellen kann, der Rechtsfolgen auch für einen Dritten herbeiführt. Obgleich diese Konstruktion nicht denkunmöglich ist, ist sie in hohem Maße sach- und verkehrsfremd und auch nicht von der Hauptvollmacht gedeckt (Neuner AT § 50 Rz 38).

II. Offenkundigkeitsgrundsatz.

 

Rn 53

Der Offenkundigkeitsgrundsatz (§ 164 Rn 30) verlangt bei der unmittelbaren Untervollmacht, dass der Untervertreter im Namen des Vertretenen auftritt. Der Untervertreter muss aber nicht offen legen, dass er seine Vollmacht nicht direkt vom Vertretenen, sondern vom Hauptvertreter ableitet (Neuner AT § 50 Rz 36). Auch bei der mittelbaren Untervollmacht soll es nicht ausreichen, wenn der Unterbevollmächtigte im Namen des Hauptvertreters gehandelt hat. Gefordert wird vielmehr, dass der Unterbevollmächtigte hinreichend zum Ausdruck gebracht hat, dass die Rechtswirkungen nicht den Hauptvertreter, sondern den Vertretenen treffen sollen (Bork Rz 1450). Andernfalls handelt er ohne Vertretungsmacht und haftet selbst nach § 179 Rn 22.

III. Vertretungsmacht des Untervertreters.

 

Rn 54

Die Erklärung des Untervertreters ist dem Vertretenen nur zuzurechnen, wenn der Unterbevollmächtigte sich in den Grenzen der ihm von dem Hauptvertreter erteilten Vertretungsmacht hält und der Hauptvertreter im Zeitpunkt der Unterbevollmächtigung Vertretungsmacht auch zur Erteilung der Untervollmacht hatte (Bork Rz 1451). Zur Haftung nach § 179 bei Mängeln der Haupt- oder Untervollmacht § 179 Rn 21 f.

1. Befugnis zur Erteilung einer Untervollmacht.

 

Rn 55

Ein gesetzlicher Vertreter darf immer Untervollmacht erteilen, sofern das Gesetz etwa in den §§ 1600a II, III nichts anderes bestimmt (MüKo/Schubert Rz 81). Das Gleiche gilt für den organschaftlichen Vertreter, solange die gesetzliche Vertretungsanordnung nicht entgegensteht. Bei rechtsgeschäftlichen Vertretern kann sich die Befugnis zur Erteilung einer Untervollmacht aus dem Gesetz oder der Vollmacht ergeben. Gesetzliche Regelungen enthalten §§ 135 III AktG; §§ 52 II, 58 HGB; 81 ZPO. In Zweifelsfällen ist durch Auslegung der Hauptvollmacht zu ermitteln, ob eine Unterbevollmächtigung erlaubt ist (Bork Rz 1451). Hierfür ist in erster Linie das Interesse des Vertretenen maßgeblich (BeckOKBGB/Schäfer Rz 34). Beruht die Hauptvollmacht auf besonderem Vertrauen, so ist die Erteilung der Untervollmacht idR ausgeschlossen. Nur in dem eher seltenen Fall, dass der Vertretene kein erkennbares Interesse an einem persönlichen Tätigwerden des Hauptvertreters hat, ist von einer Erlaubnis zur Unterbevollmächtigung auszugehen (BGH WM 59, 377, 378). Erteilt der Hauptvertreter eine Untervollmacht, ohne dazu befugt zu sein, so ist die Vollmacht grds nach § 180 1 unwirksam.

2. Umfang und Dauer der Untervollmacht.

 

Rn 56

Eine Untervollmacht kann einen geringeren oder gleichen, aber keinen weitergehenden Umfang als die Hauptvollmacht haben (BGH NJW 17, 3373 Rz 16). Das bedeutet, dass ein selbst von § 181 nicht befreiter Vertreter einen Untervertreter nicht von den Beschränkungen des § 181 befreien kann und der nur widerruflich Bevollmächtigte keine unwiderrufliche Untervollmacht (BeckOKBGB/Schäfer Rz 37) erteilen kann. Ob auch der Fortbestand der Untervollmacht von der Vertretungsmacht des Hauptvertreters abhängig ist, ergibt sich aus dem Inhalt der Hauptvollmacht und ist in Zweifelsfällen durch Auslegung (§§ 133, 157) zu ermitteln (Neuner AT § 50 Rz 35). Zum Widerruf der ...

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