Rn 3

Eine Vormundschaft wird nach I in drei Fällen angeordnet: Nach Nr 1, wenn der Minderjährige nicht unter elterlicher Sorge steht (§ 1626), wenn also ein eheliches Kind keinen lebenden Elternteil mehr hat oder bei einem nicht in einer Ehe geborenem Kind die Mutter verstirbt, ohne dass zuvor eine Sorgerechtserklärung (§ 1626a I) abgegeben wurde. Nach Nr 2, wenn die Sorgeberechtigten sowohl von der Personen- als auch von der Vermögenssorge ausgeschlossen sind bzw ihr Sorgerecht für beide Sorgebereiche ruht (§§ 1673 ff). Dies ist etwa der Fall, wenn der alleinsorgeberechtigten Mutter, beiden sorgeberechtigten Elternteilen bzw dem überlebenden Elternteil, die elterliche Sorge vollständig entzogen wurde (§ 1666). Auch wenn der oder die Sorgeberechtigten selbst unter Betreuung stehen, nimmt nicht der Betreuer die Vormundschaft wahr, sondern das Kind muss einen Vormund erhalten (§ 1814). Ist hingegen nur ein Teilbereich der elterlichen Sorge (zB nur die Personen- oder die Vermögenssorge) entzogen, so genügt die Bestellung eines Ergänzungspflegers (§ 1809) für diesen Teilbereich. Sind beide Eltern vorhanden, aber nur einer von ihnen sorgeberechtigt, so wird das FamG für den Fall, dass der sorgeberechtigte Elternteil verstirbt oder auf andere Weise sein Sorgerecht verliert, idR die Alleinsorge auf den anderen Elternteil übertragen (§ 1680 I u II) soweit dies nicht dem Kindeswohl widerspricht (BayObLG NJWE-FER 98, 269). Ist hingegen nur ein Elternteil von der Vertretung ausgeschlossen (§ 1638), so wird der Minderjährige vom anderen Elternteil allein vertreten, soweit dieser nicht ausnahmsweise (§ 1629 II 1 u III) ausgeschlossen ist, was für den konkreten Fall vor Anordnung der Vormundschaft durch das Gericht zu klären ist (Saarbr JAmt 04, 163). Nach Nr 3 ist außerdem für Findelkinder ein Vormund zu bestellen, wenn der Familienstand nicht zu ermitteln ist, (§§ 25, 26 PStG, 152 III FamFG). Ist der Familienstand lediglich bestritten, kommt nur die Anordnung einer Pflegschaft (§ 1809) in Betracht.

 

Rn 4

II bestimmt, dass soweit erforderlich auch bereits vor der Geburt eines Kindes, wenn feststeht, dass dieses im Zeitpunkt seiner Geburt eines Vormundes bedürfen wird, ein solcher bestellt werden kann. Dies kann der Fall sein, wenn die nicht verheiratete Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes noch minderjährig oder geschäftsunfähig ist (§§ 1626a II, 1673 II). Der Eintritt einer Amtsvormundschaft des Jugendamtes (§ 1786 I 2) lässt sich auf diesem Wege vermeiden.

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